Christoph SchmidSPD - Bundeswehreinsatz im Sahel mit Schwerpunkt Niger (EUTM Mali)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir geht es wie dem Kollegen Lechte von der FDP: Jetzt zurück zur Sachpolitik!
Wir haben vor circa einer Stunde über die Verlängerung der Beteiligung unserer Bundeswehr an der UN-Mission MINUSMA diskutiert, und ich gehe davon aus, dass die Mehrheit dieses Hauses der Verlängerung des Mandats unter den genannten Bedingungen zustimmen wird. Das ist ein gutes und wichtiges Signal für die Stabilität in der Sahelzone. Unsere Verantwortung als Parlament ist aber natürlich, dass unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz den bestmöglichen Schutz haben. Das hat die Verteidigungsministerin sehr eindrücklich betont. Lassen Sie mich all denen danken, die aktuell in einem Auslandseinsatz sind oder waren, an der Stelle natürlich vor allem in der Sahelzone, egal ob nun im Rahmen von MINUSMA oder EUTM.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
An die AfD richte ich den dringenden Appell, niemals Egon Bahr oder andere SPD-Größen zu zitieren. Dafür müsste man verstehen, was diese zu sagen hatten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich habe in den letzten Monaten viele Gespräche mit unterschiedlichsten Akteuren geführt, von eingesetzten Soldatinnen und Soldaten vor Ort über Wissenschaftler/-innen bis hin zu in Deutschland lebenden Maliern. Ich konnte unglaublich viele Eindrücke gewinnen und weiß daher, welche Wertschätzung unser deutsches Engagement in Mali genießt. Das gilt sowohl für die Entwicklungszusammenarbeit als auch für das sicherheitspolitische Engagement. Auch wenn niemand in der Linkspartei diesen Zusammenhang sehen möchte: Es ist nicht Russlands Engagement, das uns dazu bringt, jetzt aus EUTM auszusteigen, sondern es sind die Menschenrechtsverletzungen, die gemeinsam mit Russland dort begangen werden, die uns zu dieser Einsicht bringen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Da bitte ich schon, zu berücksichtigen, was die Verteidigungsministerin gesagt hat.
Ein nicht unerheblicher Teil der malischen Zivilgesellschaft hätte sich gewünscht, dass Deutschland und auch die EU künftig bei der Ausbildung von Sicherheitskräften Unterstützung leisten würden. Aber wie bereits mehrfach erwähnt, muss man festhalten, dass die derzeitige malische Regierung wenig bis gar kein Interesse an einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit gezeigt hat.
Kollege Schmid, ich habe die Uhr angehalten. Gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Lutze?
Meinetwegen.
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Wir sind uns ja weitgehend einig, was die Einschätzung der Lage in der Region und in Mali angeht. Wir kommen nur zu unterschiedlichen Folgerungen, wie die Politik damit umgehen soll.
Sie haben gerade als Stichworte Russland und diese Söldnertruppe erwähnt. Ihnen muss doch bekannt sein, dass es seit drei, vier Jahren Kenntnis darüber gibt. Warum haben Sie als SPD in diesen Monaten und Jahren nichts gemacht? Warum kommen Sie erst jetzt zu der Erkenntnis, Ihr Engagement dort zurückzufahren, aufgrund dessen, was Russland bzw. die russischen Söldner dort machen? Warum haben Sie nicht schon vor drei, vier Jahren reagiert, seitdem das bekannt geworden ist?
Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass die malische Regierung schon seit Langem mit Russland militärisch zusammengearbeitet hat. Die russische Regierung hat schon lange Hubschrauber nach Mali geliefert und war schon lange Partner der militärischen Strategie Malis. Aber erst in den letzten Jahren kamen die sogenannten Private Military Companies ins Spiel und haben dazu beigetragen, dass gemeinsam mit malischen Kräften Menschenrechtsverletzungen begangen wurden. Deswegen ist die Situation natürlich neu zu bewerten. Ich glaube, das ist Ihnen auch bekannt.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die anfänglich gute Zusammenarbeit mit der malischen Regierung hat sich stetig verschlechtert. Es wurde nicht nur der Transitionsprozess verzögert und viel diplomatisches Porzellan zerschlagen. Nein, durch die Ausdehnung der Zusammenarbeit mit Private Military Companies wurden auch schwerwiegende Verletzungen fundamentaler Menschenrechte begangen. Die malische Regierung hat sich deshalb als Partner für Deutschland und die EU völlig disqualifiziert. Daher ist es doch mehr als nachvollziehbar, dass die EU im April entschieden hat, die Zusammenarbeit auszusetzen. Von deutscher Seite – wir haben es gehört – soll künftig nur noch eine minimale fachliche Beratung auf strategischer Ebene stattfinden, also eine minimale Präsenz in Mali verbleiben.
Wir als Ampelkoalition sind mit dem Versprechen angetreten, dass wir Auslandseinsätze künftig nicht um ihrer selbst willen verlängern wollen, sondern alle Einsätze unserer Bundeswehr einer kritischen Überprüfung unterziehen werden. In der öffentlichen Diskussion sind die laufenden Einsätze wegen der völlig veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen ein wenig aus dem Fokus verschwunden. Umso wichtiger ist, dass wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier diesen Fokus behalten und unserer Verantwortung gerecht werden. Lassen Sie es mich noch einmal deutlich betonen: Eine deutsche Beteiligung an der Ausbildung von Sicherheitskräften für die aktuelle malische Regierung kann, darf und wird es nicht mehr geben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das ist für die Sahelregion ein weiterer herber Rückschlag, der allerdings allein den politisch Verantwortlichen in Mali zuzuschreiben ist.
Erfreulich dagegen ist – auch das haben wir gehört – die Zusammenarbeit mit der Regierung in Niger. Daher ist es wichtig, dass wir an dieser Stelle der gesamten Sahelregion signalisieren, dass auch wir ein verlässlicher Partner sind, wenn unsere örtlichen Partner ebenfalls zuverlässig sind und Grundwerte wie Menschenrechte und Demokratie achten.
(Beifall bei der SPD)
Aus diesem Grund sollte der Spezialkräfteeinsatz Gazelle unter dem Dach EUTM Mali wie vereinbart bis zur geplanten Beendigung im Dezember 2022 weitergeführt werden. Als SPD-Fraktion sind wir aber auch offen für Gespräche über eine noch auszuarbeitende mögliche Anschlusslösung, um mit Niger einen möglichen Stabilitätsanker und auch einen Hoffnungsschimmer in der Sahelregion weiter zu unterstützen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Thomas Silberhorn das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535949 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 33 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz im Sahel mit Schwerpunkt Niger (EUTM Mali) |