11.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 33 / Tagesordnungspunkt 5

Thomas SilberhornCDU/CSU - Bundeswehreinsatz im Sahel mit Schwerpunkt Niger (EUTM Mali)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundeswehr hat in Mali und in der gesamten Sahelzone über viele Jahre einen wertvollen Beitrag zur Stabilität geleistet und tut das noch heute. Der Einsatz in Mali ist jetzt der größte der Bundeswehr. Allen Soldatinnen und Soldaten, die dort im Einsatz sind oder waren, gebührt unser aller Dank und unsere ausdrückliche Anerkennung.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Der Ansatz für Mali war durchaus richtig, nämlich Ausbilder und Spezialkräfte auszubilden. Allerdings sind die Fortschritte in Mali deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Nachbarländern wie beispielsweise Mauretanien gelingt es sichtbar besser, die eigenen Grenzen zu sichern, Terroristen zu isolieren und Organisierte Kriminalität einzugrenzen. Deswegen kann und muss Mali mehr für die eigene innere Sicherheit tun. Sie müssen neue Sicherheitskräfte rekrutieren und ausbilden, sie müssen staatliche Institutionen im ganzen Land platzieren, und sie müssen in Daseinsvorsorge investieren, von Ernährung über Bildung bis Gesundheit. Das ist nicht meine persönliche Auffassung; das sehen die Nachbarstaaten so, das sieht die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft so, und das weiß die malische Regierung auch selbst.

Präsident Goïta bestimmt jetzt den Kurs. Seine Bevölkerung bringt ihm großes Vertrauen entgegen. Die internationale Gemeinschaft ist durchaus bereit, die Anstrengungen Malis zu unterstützen; aber wir können sie nicht ersetzen. Die malische Regierung wollte seit vielen Monaten die Ausbildung ihrer Streitkräfte teilweise in die Landesmitte verlegen. Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung in enger Abstimmung mit der Europäischen Union ein Ausbildungszentrum in Sévaré detailliert ausgeplant. Die Europäische Union hätte es mitfinanziert; wir waren da auf einem guten Weg. Aber es ist doch ein Vertrauensbruch, dass die malische Regierung zur gleichen Zeit neue Vereinbarungen mit Russland über Ausbildung getroffen hat. Und es ist neu – anders, als es gerade dargestellt worden ist –, dass Söldner der privaten Wagner-Gruppe im Land sind. Es ist auch neu, dass sich Frankreich aus Mali zurückgezogen hat und diese Söldner jetzt in dieses Vakuum stoßen. Und es ist auch neu, dass unter Beteiligung malischer Streitkräfte unter Anweisung russischer Söldner schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden. Deswegen können wir nicht so weitermachen wie bisher.

Es hat sich auch die politische Grundlage unserer Kooperation verändert. Es ist schon angesprochen worden, dass Goïta die Zusagen, bis Februar diesen Jahres Wahlen durchzuführen, nicht eingehalten hat. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, ECOWAS, muss ihre Sanktionen aufrechterhalten; ein Konsens ist nicht in Sicht. Deswegen ist die Ankündigung der Europäischen Union vom April konsequent gewesen, die europäische Trainingsmission in Mali auszusetzen. Dass die Bundesregierung nun die taktische Beratung und die Ausbildung bis auf Weiteres aussetzt, ist insoweit das notwendige Minimum. Wir können nicht – da stimme ich den Vorrednern zu – malische Soldaten ausbilden, die dann mit russischen Söldnern Menschenrechte missachten.

(Ulrich Lechte [FDP]: Russischen Truppen!)

Allerdings bleibt die Lage im Sahel fragil. Insbesondere besteht weiterhin die Gefahr, dass sich Terrorismus und Organisierte Kriminalität von dem Dreiländereck Mali, Niger, Burkina Faso bis an die Südküste von Ghana bis Nigeria ausbreiten. Russische Kämpfer werden dem Sahel ganz sicher keinen Frieden bringen. Sie zeigen dort die gleiche Brutalität, die wir schon in Syrien gesehen haben und aktuell in der Ukraine feststellen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Meine Damen und Herren, es liegt in unserem Interesse an Sicherheit in unserer europäischen Nachbarschaft, dass die Europäische Union auch mit unserer Beteiligung in der Region weiter präsent ist. Deswegen ist es richtig, dass diese europäische Trainingsmission im Kern fortgeführt wird, ausgesetzt in Mali, jetzt mit Schwerpunkt im Niger. Die Trainingsmission Gazelle ist erfolgreich, die Ausbildung der Spezialkräfte ist vielfach erprobt – das machen auch andere Staaten –, und sie zeigt erhebliche Fortschritte. Hinzu kommt, dass Niger trotz erheblich schwierigerer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen im Vergleich zu Mali auch politisch auf dem richtigen Weg ist. Das verdient unsere Unterstützung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich begrüße ausdrücklich, dass die weitere Unterstützung der Gemeinsamen Einsatzgruppe der G-5-Sahelstaaten, der Force Conjointe, in diesem Mandatstext aufgeführt ist. Wir sind auch aufgeschlossen für eine neue Mission im Sahel im Anschluss an die Operation Gazelle, die zum Jahresende beendet wird, gegebenenfalls ergänzt um die Begleitung bei Operationen – also wenn, dann das volle Programm. Das gebe ich zu bedenken.

Ein letzter Hinweis darf doch gestattet sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, dass wir Parlamentsdebatten über Auslandseinsätze führen, hat nicht den Zweck, dass Sie länger nachdenken und beraten dürfen als Ihre eigene Regierung. Sie sollen vielmehr die Konzepte, die Sie erarbeiten, vor den Augen der Öffentlichkeit mit uns präsentieren und sich mit uns über den richtigen Kurs streiten. Dazu sind wir gerne bereit, und dann, denke ich, sind wir auch im Sahel auf einem guten Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich schließe die Aussprache.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535950
Wahlperiode 20
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz im Sahel mit Schwerpunkt Niger (EUTM Mali)
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