Thomas HeilmannCDU/CSU - Ausbau erneuerbarer Energien, Energiewirtschaftsrecht
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Osterpaket-Gläubigen! Wir unterstützen grundsätzlich die Intention Ihres Osterpaketes, den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland drastisch zu beschleunigen. Und ausdrücklich begrüßen und unterstützen wir auch die von Ihnen heute Morgen wieder genannte Begründung, warum wir das brauchen. Wir glauben allerdings nicht, dass Sie Ihre Ziele und den versprochenen Erfolg mit diesen Maßnahmen allein werden erreichen können. Auch die Folgeinitiativen, die Sie ja schon angekündigt haben und die natürlich grundsätzlich auch den richtigen Zielen folgen, werden diese Ziele nicht erreichen. Ostern ist zwar das Fest der Gläubigen. Aber wir sind noch keine Osterpaket-Jünger, und ich sage ausdrücklich: leider! Vielleicht kriegen wir es ja noch hin, wie auch die Ampelredner gesagt haben.
Warum werden Sie Ihre Ziele nicht erreichen?
Erstens. Sie setzen zu wenig auf den Markt und stattdessen auf kleinteilige Vorgaben. Der Staat kann nicht alles planen, sondern er sollte den Rahmen und die Richtung vorgeben und innerhalb dessen den Markt die beste Lösung finden lassen. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Sie geben ziemlich genau vor, welches Geschäftsmodell Sie unterstützen. Entweder man speist vollständig ein, oder man verbraucht den Strom selbst. Kombinationen etwa mit netzdienlichen Speichern stellen Sie schlechter. Sie wollen keine Biomasse – Andreas Jung hat es erwähnt –, selbst dann nicht, wenn sie aus Strohresten oder anderen Abfällen stammt. Wasserkraft lehnen Sie praktisch auch ab. Und nein, Frau Verlinden, auch die Bürgerenergiegesellschaften sind nicht wirklich zufrieden, und ich werde Ihnen gleich ein Zitat von denen vorlesen. Ich will auch sagen, dass Sie die Innovationsausschreibungen jetzt zwar als Instrument fortsetzen, aber in zu geringem Umfang. Diese Gängelungen sind grundfalsch. Oder anders gesagt, gerade an die Adresse der FDP: Freiheitsenergien brauchen Freiheit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das zweite Grundproblem, das wir sehen, ist: Sie wollen nur den Bau von Windrädern und Photovoltaik auf Dächern beschleunigen, was richtig ist. Aber genauso entscheidend im ganzen System sind Übertragungsnetze, sind die Speicher, sind die Transistoren, sind die neuen digitalen Steuerungen, die Geothermie, Elektrolyseure. Alle neuen Elemente für unsere neue Wirtschaft müssen beschleunigt werden, nicht nur bestimmte Teile.
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Denn die gesamte sich transformierende Wirtschaft leidet unter Langsamkeit, unnötigen Vorschriften, Vielfachdokumentationen, widersprüchlichen Bescheiden und vielem mehr.
Wir müssen die Komplexität in unserem Staat insgesamt abbauen. Spezialgesetzliche Änderungen sind richtig und wichtig. Aber wenn das Grundproblem unserer blockierten Verwaltung nicht angegangen wird, dann wird Deutschland zu langsam, zu bürokratisch und zu starr bleiben. Das sagen wir übrigens nicht erst jetzt, sondern das sagen wir seit mehreren Jahren und sind ein bisschen enttäuscht, dass die neue Ampelregierung auch bei ihrer Digitalstrategie die wirklich entscheidenden Schritte offensichtlich nicht gehen möchte.
Jetzt werden Sie gleich sagen, diese Kritik sei das Nörgeln der Opposition.
(Michael Kruse [FDP]: Nein! Das ist die Kritik an Ihrer eigenen Arbeit der letzten Jahre!)
Bitte lesen Sie einmal die vielen Stellungnahmen zu Ihrem Osterpaket. Wie ein roter Faden zieht sich unsere Kritik durch die Analysen der Fachleute und Betroffenen, übrigens auch oft vorgetragen von Institutionen, die sich seit Jahren für klimaneutrale Wirtschaft starkmachen:
Der Bundesverband WindEnergie sagt:
In ihrer aktuellen Version tragen die Vorschläge keinesfalls ausreichend zu einer Lösung der bestehenden Blockaden bei.
Von einem „Bürokratiekarussell über alle föderalen Ebenen“ stöhnt der für Schwertransporte zuständige Chef beim Güterverkehrsamt. Das Bündnis Bürgerenergie, Frau Verlinden, widmet dem Problem ein ganzes Kapitel zum Osterpaket unter der schönen Überschrift „Bürokratische Hürden bleiben – Lösungen werden vertagt“. Das Gesetz dürfe nicht – so wörtlich – „als Schönheitsreparatur in die Geschichte“ eingehen. Gebraucht würde „die längst überfällige administrative Entschlackung des EEG“. Der Solarenergie Förderverein schreibt in seiner Analyse:
Der versprochene Bürokratieabbau ist nur in wenigen Punkten umgesetzt worden. In anderen Fällen wurde der Bürokratieaufwand sogar noch erhöht … Das „Handelsblatt“ resümiert: „Warum Habecks ‚Osterpaket‘ auf der Straße stecken bleibt“. Und schließlich formuliert der BDI zwar am zurückhaltendsten, aber am Ende doch sehr klar:
Wichtig für den raschen Zubau von erneuerbaren Energien ist eine Entschlackung und starke Beschleunigung der Genehmigungsprozesse. … Von einer zügigen Neuregelung dieser Fragen wird der Erfolg der Energiewende … entscheidend abhängen.
Dem kann man nur zustimmen.
Herr Bundesminister Habeck, Sie haben natürlich recht: Wir stehen gemeinsam vor einer enormen Herausforderung, und da stehen wir natürlich auch an Ihrer Seite. Wir müssen die dramatisch fortschreitende Erderwärmung stoppen, und dafür ist der Ausbau der erneuerbaren Energien natürlich richtig. So haben wir keine andere Wahl, als das jetzt gemeinsam als Nation anzugehen. Und auch im Parlament haben wir keine andere Wahl, als zu versuchen, das Osterpaket so gut zu machen, wie es geht, ganz nach der Struck’schen Regel: Kein Gesetz geht aus dem Bundestag so heraus, wie es hineingekommen ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Katja Mast [SPD]: Ein kluger Mann!)
– Ich freue mich, dass Sie sich mit unseren Verbesserungsvorschlägen auseinandersetzen werden.
Wir bieten Ihnen umfassende Mitwirkung an – kritisch, aber konstruktiv. Wir stehen natürlich längst im Austausch mit den betroffenen Unternehmen. Aber auch Sie, meine Damen und Herren, die Sie hier im Saal oder an den digitalen Endgeräten zuschauen, können sich an uns wenden, an die Mitglieder unserer Arbeitsgruppe Klima; es gibt auch einen Klimakreis der Fraktion, es gibt die KlimaUnion – alles Anknüpfungspunkte, bei denen Sie Ihre Verbesserungsvorschläge einbringen können.
(Zuruf von der SPD: Ist das jetzt Parteiwerbung?)
Wir Christdemokraten wollen einen Turbo für die Erneuerbaren. Ostern ist für Christen das Fest der Hoffnung. Bleiben wir also auch mit Blick auf das Osterpaket optimistisch!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Timon Gremmels.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536003 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Ausbau erneuerbarer Energien, Energiewirtschaftsrecht |