12.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 34 / Tagesordnungspunkt 8

Markus HerbrandFDP - Bekämpfung der Preissteigerung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Inflation ist zurück in Deutschland. Im gesamten Euroraum ist die Inflation im Laufe des vergangenen Jahres vor allem als Folge der Coronakrise sprunghaft angestiegen,

(Stephan Brandner [AfD]: Wo haben Sie denn diese Weisheit her?)

übrigens sehr viel stärker als auch von vielen Ökonomen erwartet. Das liegt nicht zuletzt daran, dass weltweit die Lieferketten gestört sind, daneben wirken sich steigende Transport- und auch Produktionskosten belastend aus, und jetzt kommt selbstverständlich auch noch der Krieg zusätzlich hinzu.

(Stephan Brandner [AfD]: Die EZB kann nichts dafür!)

Keine Frage also: Es handelt sich um ein wirklich wichtiges Thema. Die Antwort der antragstellenden Fraktion ist jedoch unseriös. Zum einen deshalb, weil Sie all das, was schon geschehen ist bzw. augenblicklich im parlamentarischen Verfahren ist, unterschlagen, und zum anderen deshalb, weil Sie uns natürlich auch verschweigen, wie Sie denn noch mehr Entlastungen eigentlich finanzieren wollen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So weit zum Grundsätzlichen; gerne drei Punkte konkret:

Erstens. Der Antrag suggeriert, dass der Staat die Inflation quasi im Alleingang beheben kann. Sie gehen in Ihrem Antrag fahrlässig unsauber mit der Trennung zwischen Geld- und Fiskalpolitik um, einem Grundpfeiler unserer Wirtschaftsordnung. Das wissen Sie auch besser. Die Ursachen von Inflation kann nämlich nur die Geldpolitik, also die Zentralbank bekämpfen.

(Stephan Brandner [AfD]: Die ist ja unabhängig!)

Deswegen ist Geldwertstabilität im Aufgabenbuch der EZB auch das oberste Ziel.

(Stephan Brandner [AfD]: Da hält sich nur keiner dran!)

Deswegen ist es maximal populistisch, so zu tun, als könne die Fiskalpolitik, also der Staat, die Inflation voll beheben. Sie kann aber, wie der Finanzminister es immer sagt, die Folgen abfedern.

Zweitens. Die Ampelkoalition hat innerhalb weniger Monate so massive Entlastungen auf den Weg gebracht wie vermutlich noch niemals zuvor in so kurzer Zeit. Es handelt sich sowohl um einmalige Maßnahmen als auch um dauerhaft wirkende Maßnahmen. Ich muss sie mal auflisten: Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz schaffen wir 11 Milliarden Euro Entlastung. Mit einem Steuerentlastungsgesetz einschließlich Kinderbonus und Energiepreispauschale werden den Bürgerinnen und Bürgern auf die Dauer der gesamten Legislaturperiode 30 Milliarden Euro zurückgegeben. Mit der Abschaffung der EEG-Umlage werden Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger allein in diesem Jahr um 6,6 Milliarden Euro entlastet.

(Stephan Brandner [AfD]: Überfallen!)

Zudem satteln wir mit der temporären Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe noch mal 3,15 Milliarden Euro obendrauf. Unterstellt, meine sehr geehrten Damen und Herren, die EEG-Umlage bliebe ansonsten konstant, setzt die Ampel damit für den Rest der Legislaturperiode rund 67 Milliarden Euro für nachhaltige soziale, zukunftsweisende Entlastungsmaßnahmen an, die natürlich die Inflation abfedern.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Marc Bernhard [AfD]: Die müssen trotzdem bezahlt werden!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Inflation wirkt ungerecht; denn Kosten für Energie und Lebensmittel belasten schwächere Haushalte mehr als die finanzstärkeren Teile unserer Gesellschaft. Deswegen adressieren wir unsere Maßnahmenpakete auch in erster Linie an diejenigen, die diese inflationären Wirkungen härter treffen: Familien, Bezieher von Transferleistungen, aber auch diejenigen, die eigenes Erwerbseinkommen erzielen und sich im unteren Bereich sowie in der Mitte der Einkommensskala befinden. Wir halten das für den richtigen Weg.

Dritter Punkt. Vor allem in Bezug auf die Punkte 6 und 7 Ihres Forderungskatalogs, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, sind Zweifel angebracht, ob Anträge bei Ihnen eigentlich noch einmal gegengelesen werden. Unter Punkt 7 fordern Sie – ich zitiere –, „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel … die grundgesetzliche Schuldenbremse … wieder einzuhalten“. Das muss man erst mal wirken lassen. Der Tiefpunkt ist aber der Punkt 6. Hier fordern Sie allen Ernstes für alle EU‑Vorhaben ein Moratorium von zwei Jahren. Das ist absurd. Das Ergebnis einer solchen Forderung macht meines Erachtens die EU gestaltungsunfähig: keine einheitlichen Sanktionen, keine einheitlichen Maßnahmen zur Energiesicherheit, keine weiteren Fortschritte in der Außen-, Sicherheits- und Finanzpolitik oder auf sonstigen Politikfeldern. Das wäre ein faktischer Stillstand für die gesamte Europäische Union. Es erscheint geradezu grotesk, dass ausgerechnet die CDU/CSU die eigene Kommissionspräsidentin entmachten und die EU blockieren und gestaltungsunfähig machen will. Offenbar sind Sie sich nicht zu schade, diese Forderungen gegen die EU einzubringen. Das zeigt, dass Sie im Plenum neben der AfD an der richtigen Stelle sitzen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich hoffe sehr, dass dieser Punkt ein Versehen war. Es zeigt aber auch: Das Beste an Ihrem Antrag ist die Überschrift.

(Heiterkeit der Abg. Verena Hubertz [SPD])

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Jens Spahn jetzt das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536021
Wahlperiode 20
Sitzung 34
Tagesordnungspunkt Bekämpfung der Preissteigerung
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