12.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 34 / Tagesordnungspunkt 10

Diana StöckerCDU/CSU - Arbeitsbedingungen in der Pflege

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der Internationale Tag der Pflege; er ist den Menschen gewidmet, die derzeit weltweit in den Pflegeberufen arbeiten und Kranken und Alten helfen. Allen Pflegerinnen und Pflegern ein großes Dankeschön für diesen ihren Dienst am Menschen, für ihren Einsatz Tag für Tag – ein Einsatz, der viel verlangt: eine hohe fachliche Kompetenz, aber auch soziale Kompetenz, Empathie, Fürsorglichkeit und Zugewandtheit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Nicole Westig [FDP])

Wir sind uns sicherlich alle einig, dass wir einen großen Mangel an Fachkräften in der Pflege haben und alles dafür tun müssen – gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung –, um sofort mehr Fachkräfte auszubilden bzw. zu gewinnen. Der Antrag der Linken geht dabei jedoch in eine völlig falsche Richtung.

(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Ach!)

Er verdreht, warum in der letzten Legislaturperiode beim Pflegelöhneverbesserungsgesetz, mit dem grundsätzlich ein für die Pflege allgemeinverbindlicher Tarifvertrag in Deutschland möglich gemacht wird, ein Mitspracherecht aufgenommen wurde. Der Antrag verdreht auch, warum die kirchlichen Träger in den Verhandlungen dem vorgelegten Tarifvertrag nicht zugestimmt haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, man muss also sehr genau hinschauen und sich kundig machen, bevor man irgendwelche Positionen übernimmt, die keinerlei Hand und Fuß haben.

(Beifall der Abg. Nicole Westig [FDP])

Zunächst zur Regelung der Mitsprache und Zustimmung, die Sie als Vetorecht bezeichnen: Die beiden großen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie stellen einen großen Anteil an Pflegeplätzen in Deutschland bereit. Sie haben damit auch eine sehr große Bedeutung für eine für alle gültige Tariftreueregelung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der vorgelegte Tarifvertrag, welcher für alle Träger der Pflegeeinrichtungen gelten sollte und für den die Allgemeinverbindlichkeit beantragt wurde, wurde von einer Minigruppe von Arbeitgebern mit Verdi ausgehandelt. Er war von Anfang an zum Scheitern verurteilt; denn eine Arbeitgebergruppe, die nur 5 Prozent der Pflegeplätze in Deutschland vorhält, kann nur schwerlich einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag verhandeln, der der Mehrheit von 95 Prozent diktiert, was umgesetzt gehört. Solche Konstrukte würden beim Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was waren die finanziellen Tarifforderungen? Diese lagen – nun bitte genau zuhören, verehrte Kolleginnen und Kollegen – deutlich unter denen, die die kritisierten kirchlichen Arbeitgeber den Pflegekräften zahlen. Das hätte den Pflegekräften keinen Euro mehr gebracht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Leni Breymaier [SPD]: Übertariflich darf jeder bezahlen! – Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Einfach mal mehr bezahlen!)

Im Gegenteil: Es hätte die Gefahr bestanden, dass die Kassen in den Verhandlungen die niedrigen Löhne des neuen Tarifvertrages als Maßstab und mithin zum Normlohn genommen hätten.

(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Stimmt nicht!)

Entweder hätten die kirchlichen Träger die Löhne der Pflegekräfte senken müssen – was natürlich niemand möchte –, oder diese Träger wären in die Unterfinanzierung geraten,

(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Das stimmt einfach nicht!)

was zum Beispiel durch kommunale Zuschüsse hätte kompensiert werden müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kurzum: Die kirchlichen Arbeitgeber hatten schon immer eine hohe Tarifbindung und Tariftreue mit sehr gutem Lohnniveau. Sie zahlen auch die Altenpflege auf dem Krankenpflegeniveau und unterscheiden eben nicht zwischen Langzeit- und Krankenhauspflegekraft. Es kann also nicht davon die Rede sein, dass die kirchlichen Wohlfahrtsverbände eine gute Bezahlung in der Pflege verhindern; das genaue Gegenteil ist der Fall.

Das, was Sie heute in Ihrem Antrag fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen, führt also nicht dazu, dass der Pflegeberuf attraktiver wird. Es führt auch nicht dazu, dass die Löhne für die Beschäftigten steigen; denn die Kirchen bilden mit ihrem guten Lohnniveau ein Bollwerk gegen jegliche Nivellierung des Tarifniveaus nach unten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es wäre im Gegenteil wünschenswert, dass alle Arbeitgeber in der Pflege ihren Beschäftigten dieses Niveau zahlten.

Nach dem Scheitern der Allgemeinverbindlichkeit war es wichtig, dass auf Betreiben von Gesundheitsminister Jens Spahn zum Ende der letzten Wahlperiode ein Gesetz verabschiedet wurde, das den Pflegerinnen und Pflegern im nicht kirchlichen Bereich ab September dieses Jahres mehr Lohnsicherheit bieten wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz wurde nämlich geregelt, dass nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte auf Basis eines Tarifvertrages bezahlen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, ich habe in meinem Wahlkreis mit sehr vielen Einrichtungen und Pflegekräften sowohl von privaten und kirchlichen als auch kommunalen Trägern gesprochen. Alle haben mir gesagt: Es ist schon lange nicht mehr die Vergütung, die Pflegekräfte von ihrem Beruf abhält und sie in andere Berufsfelder abwandern lässt. Viel, viel wichtiger sind die Arbeitsbedingungen, die verbessert werden müssen. Das zentrale Thema ist: mehr Kolleginnen und Kollegen, eine bessere Personalausstattung und verbindliche Personalbemessung in der Pflege, sowohl in der Langzeitpflege als auch im Krankenhaus.

(Zuruf von der LINKEN: Stimmen Sie unserem Antrag zu!)

Es geht des Weiteren um Themen wie „Zeitdruck in der Pflege“, zum Beispiel durch eine überbordende Bürokratisierung. Es geht darum, dass tatsächlich dem Pflegeberuf die Wertschätzung fehlt, indem man den Pflegeberuf überreguliert und ausgebildeten und erfahrenen Fachkräften nicht die Freiheit gibt, das zu tun, was sie gelernt haben, nämlich Menschen kompetent und gut zu pflegen, auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsfachberufen.

Kommen Sie zum Schluss.

Wenn wir das wieder ermöglichen, bin ich mir sicher, dann werden die Fachkräfte weiter mit großer Freude und Engagement in der Pflege arbeiten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kordula Schulz-Asche, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536058
Wahlperiode 20
Sitzung 34
Tagesordnungspunkt Arbeitsbedingungen in der Pflege
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