Erich IrlstorferCDU/CSU - Arbeitsbedingungen in der Pflege
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin wirklich gespannt, ob er die Hand raufreißt.
(Abg. Tino Sorge [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege Irlstorfer, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sorge, bevor Sie Ihre Rede begonnen haben?
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Als CSU sollte man der CDU das selber sagen: Nein, erlaube ich nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich möchte in dieser guten Tradition heute bleiben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Situation ist sehr ernst, und die Anträge, die wir heute bekommen, sind keine Schaufensteranträge. Ich glaube, es ist grundsätzlich immer gut, wenn wir über Pflege sprechen und wenn die Pflege auf der Tagesordnung steht. Wir haben heute nicht nur den Internationalen Tag der Pflegenden, sondern wir haben auch den Internationalen ME/CFS-Tag, der uns allen, glaube ich, auch sehr wichtig sein sollte.
Lassen Sie mich zunächst einige Worte zu diesen vorliegenden Anträgen sagen.
Die Kirchen sind in meinen Augen nicht das Problem in der Pflege, sondern ein Teil der Lösung, und ich bin froh, dass sich die Kirchen auch weiterhin, bei allen Problemen, die sie haben, in diesen Bereich einbringen und richtig engagiert dabei sind, egal ob Caritas oder Diakonie. Der erste Antrag nimmt diejenigen in die Mangel, die mit die besten Löhne in der Pflege bezahlen und auch zu den beliebtesten Arbeitgebern gehören. Das gehört auch dazu. Die Monatsvergütungen der Beschäftigten in der Altenhilfe sind bereits beim Einstieg über den allgemeinen Medianwerten gemäß der Bundesagentur für Arbeit; auch das sollte man hier nicht verschweigen.
Grundprobleme sind nicht die kirchlichen Kommissionen oder die Kirche als Arbeitgeber in der Pflege an sich, sondern natürlich das Damoklesschwert der Finanzierbarkeit und die Tatsache, dass wir – und das zeigt doch auch die Diskussion – zu wenig Hände am Bett haben.
(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Das steht im Antrag!)
Das ist das Entscheidende. Wir brauchen hier eine Steigerung der Mengen, weil wir sonst über attraktive Arbeitsbedingungen nicht lamentieren brauchen. Es steht und fällt mit den Menschen, die wir in die Pflege bringen; und das ist das Entscheidende.
(Beifall bei der CDU/CSU – Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Das sind die Anträge!)
Ein flächendeckender Tarifvertrag und die aktuell prekäre Lage der Pflegeversicherung könnten dazu führen, dass die ohnehin höheren Löhne der Kirchen nicht refinanziert werden. Damit würden wir den Beschäftigten und somit auch den Pflegenden mehr schaden, als sie zu unterstützen. Dazu kommt: Neben dem Gehalt gibt es viele weitere Stellschrauben, die in den Blick genommen werden können und auch müssen: Die Entlastung der Pflegekräfte durch Entbürokratisierung und auch durch Digitalisierung ist ein Ansatz wie auch bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weitere Akquirierung von Pflegekräften im In- und auch im Ausland, bessere und auch effektivere Personalplanungen in den Einrichtungen.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist richtig. Aber ich muss hier auch eine sehr kritische Frage stellen, und ich bin mir sicher, dass sie auch die Frage von Tino Sorge abdeckt.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Pflege findet überall statt: in Krankenhäusern, in den Pflegeeinrichtungen, in den eigenen vier Wänden durch die Angehörigen und natürlich auch in der ambulanten Pflege – alles, was dazugehört. Aber der Eindruck ist schon da, dass hier in unserem Bundesgesundheitsministerium unter der neuen Führung Pflege nicht den Stellenwert hat, den sie eigentlich bräuchte. Das ist der Eindruck, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Deshalb greife ich gerne die Kernaussage des zweiten Antrags auf; ich fordere hier wirklich, dass unser Bundesgesundheitsminister endlich seiner groß angekündigten Pflegereform Rechnung trägt und endlich auch die Eckpunkte einmal veröffentlicht. Das wäre doch angebracht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Anstatt sich des Themas anzunehmen und mit der Öffentlichkeit transparent zu kommunizieren, ist er am heutigen Tag der Pflege nicht hier. Es wäre ja eine ideale Gelegenheit gewesen, dass man hier die Reformvorschläge auch kommuniziert. Das wäre doch heute genau der richtige Tag.
Ich kann nur sagen: Ich habe natürlich größten Respekt vor der Pandemie und was da alles für Aufgaben anstehen – vollkommen klar. Dass man hier auch Kapazitäten in Anspruch nehmen muss, ist mir auch vollkommen klar. Aber ich sage schon in aller Deutlichkeit: Wir brauchen nicht nur einen Coronaminister, sondern wir brauchen einen Gesundheits- und Pflegeminister.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist doch notwendig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das haben wir aktuell nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Und ich möchte um etwas bitten: Wir müssen hier neue Wege beschreiten. Wir brauchen Vorschläge. Und ich frage mich schon – es sind ja viele Ärzte hier vorn am Rednerpult gestanden –: Warum reformieren wir diesen Bereich des Medizinstudiums nicht? Wollen wir nicht sagen, dass ein Jahr der Pflege verpflichtend eingeführt wird und man, wenn man einen medizinischen Beruf ergreifen möchte, mit diesem Jahr startet? Ich glaube, es würde sehr viel bringen, wenn junge Menschen, die anfangen, Medizin zu studieren, mit der Pflege beginnen, weil man dann natürlich auch das Gespür hat, was Pflege leisten kann und wie wichtig Pflege ist. Wenn dann diese Mediziner Ärzte in den Krankenhäusern sind, würde das natürlich auch für das Zusammenspiel, für die Menschlichkeit untereinander viel bringen; da bin ich mir sicher. Ich glaube auch, dass wir in diesem Bereich Luft hätten, und wir würden uns hier durch die Menge an neuen Medizinstudenten mit Sicherheit auch ein Stück weit verbessern. Das kann ich mir gut vorstellen.
Für neue Ideen in einem Miteinander sind wir als Union bereit. Ich bitte Sie, diesen Dialog mit uns zu führen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Irlstorfer. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Saskia Weishaupt, Bündnis 90/Die Grünen
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536069 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitsbedingungen in der Pflege |