12.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 34 / Zusatzpunkt 5

Sepp MüllerCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Soziale Folgen eines Ölembargos - Schutzschirm für Ostdeutschland

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin ein Kind der Wiedervereinigung, ich bin ein Kind der Europäischen Union, und ich bin ein Kind des Strukturwandels, 1989 im Altkreis Gräfenhainichen geboren. Damals waren 12 000 Menschen direkt und indirekt in der Braunkohle beschäftigt. Mit der Friedlichen Revolution und der Gott sei Dank eingetretenen Wiedervereinigung haben von jetzt auf gleich diese Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Die Leerstandsquote betrug 30 Prozent. Von drei Grundschulen blieb nur noch eine übrig. Familien wurden auseinandergerissen, weil Väter „Aufbau West“ geleistet haben, indem sie in die alten Bundesländer auf Montage gefahren sind, um ihre Familie versorgen zu können.

(Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es gab Diskussionen mit neuen Eigentümern über gesellschaftliche Herausforderungen und Eigentümerstrukturen von Unternehmen. Das prägte in den 90er-Jahren meine Generation, die meiner Eltern und die Generationen, die dort aufgewachsen sind und sich entschieden haben, dort zu bleiben; denn es ist unsere Region, trotz aller Schwierigkeiten – jetzt reichen warme Worte nicht; wir werden Sie an Ihren Taten messen, Herr Staatsminister Schneider –, aber: Das verändert die Menschen, das verändert die Identität und gibt auch ein anderes Gefühl für Dinge, die von außen eingetragen werden, wenn Veränderung und Strukturbrüche auf der Tagesordnung stehen.

Wenn wir uns anschauen, was in der Europäischen Union jetzt aufgrund des Angriffskriegs von Waldimir Putin gegen den freien Staat Ukraine diskutiert wird, nämlich ein Ölembargo umzusetzen, stellen wir fest: Das betrifft nach 32 Jahren Wiedervereinigung insbesondere die Regionen, die in den letzten 32 Jahren Strukturwandel durchgemacht haben. Dass die Menschen vor Ort, sehr geehrter Herr Schneider, Ihrer Ampelregierung keinen Millimeter weit trauen, liegt nicht daran, dass Sie nur einmal dort waren und hier eine flammende Rede gehalten haben,

(Zuruf des Abg. Falko Mohrs [SPD])

sondern das liegt daran,

(Zuruf der Abg. Dr. Franziska Kersten [SPD])

dass ein gesamtgesellschaftlicher Kompromiss im Bereich Kohle für das Jahr 2038 getroffen wurde, Ihre Ampelregierung dann aber gesagt hat: „Wir wollen idealerweise 2030 raus“ und es bis heute noch nicht geschafft hat, den Menschen vor Ort eine Antwort auf die Fragen zu geben: Wie geht es weiter mit meinem Arbeitsplatz? Wie werden wir zukünftig versorgt? Was wird aus unseren Existenzen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Franziska Kersten [SPD])

Und deswegen, sehr geehrter Herr Schneider, wird es für uns als Union die Hauptaufgabe sein, Sie beim Wort zu nehmen. Wir werden alles daransetzen, dass in Schwedt kein einziger Arbeitsplatz wackelt.

(Zuruf des Abg. Falko Mohrs [SPD])

Wir werden alles daransetzen, dass der Strukturwandel in Brandenburg und in den neuen Bundesländern nicht wieder wie 1990 falsch angegangen wird,

(Zuruf der Abg. Dr. Franziska Kersten [SPD])

sondern auf die richtigen Füße gestellt wird. Dafür werden wir als Union mit aller Kraft nach vorn gehen

(Claudia Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schade, dass Sie diesen Einsatz nicht bei den Erneuerbaren zeigen!)

und Sie beim Wort nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Falko Mohrs [SPD]: Ich habe Ihr eigenes Argument doch vorhin von Ihnen gehört, Herr Müller! Wann wollen Sie denn nach vorne gehen?)

Dazu gibt es mehrere Ideen, die wir gern von Ihnen gehört hätten. Wir brauchen drei Punkte, um nicht nur Schwedt, sondern auch Leuna fit zu machen und die chemische Industrie im mitteldeutschen Dreieck wieder zu dem zu machen, was sie einmal war, nämlich die Herzkammer der chemischen Industrie Deutschlands. Diese drei Punkte sind auch ohne viel Geld umzusetzen.

Wir brauchen Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung beim Ausbau von Netzen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir als Union wollen, dass Ihr Sommerpaket bezüglich der erneuerbaren Energien vorgezogen wird. Es gilt, nicht nur Windräder in die Landschaft zu stellen,

(Zuruf des Abg. Falko Mohrs [SPD])

sondern die Netze müssen auch in Richtung Ost und West gehen. Dafür brauchen wir schnellere Genehmigungsverfahren.

Wir brauchen kurzfristig ein LNG-Terminal im Rostocker oder im Warnemünder Hafen sowie die Ausbaggerung des Rostocker Hafens.

(Zuruf der Abg. Claudia Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie wissen ganz genau, dass Schiffe mit Rohöl aufgrund ihres Tiefgangs derzeit nicht im Rostocker Hafen anlanden können.

Mittelfristig wollen wir mit Schwedt und Leuna ein Bundeswasserstoffnetz aufbauen. Darum brauchen wir eine Pipeline, die Ost und West verbindet – nicht nur befüllt mit Öl, sondern auch mit Gas. Wir brauchen keinen Schutzschirm und kein Gejammer, liebe Linke, sondern wir brauchen den Turbo für den Osten. Dann sind wir wieder die Herzkammer dieser Industrie. Dann gehen wir in Ostdeutschland voran – mithilfe der Union.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bernd Schattner [AfD]: Das glaubt der CDU kein Mensch!)

Für die Bundesregierung erteile ich das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär Michael Kellner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536083
Wahlperiode 20
Sitzung 34
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Soziale Folgen eines Ölembargos - Schutzschirm für Ostdeutschland
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