12.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 34 / Zusatzpunkt 5

Jens SpahnCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Soziale Folgen eines Ölembargos - Schutzschirm für Ostdeutschland

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte hat offensichtlich auch noch einen innenpolitischen Aspekt verbunden mit drei Landtagswahlen, einer Linkspartei in Auflösung, einer AfD im Panikmodus.

(Sören Pellmann [DIE LINKE]: Das hätten Sie gern, Herr Spahn! – Martin Reichardt [AfD]: Das hätten Sie gerne, Herr Spahn!)

– Nein, Sie flüchten sich hier sehr bewusst in Populismus, um noch zusammenzukratzen, was zusammenzukratzen ist. Das ist doch das, worum es hier heute geht.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das ist doch der eigentliche Grund dieser Debatte.

Da muss man dann auch etwas klarstellen: Schuld, Verantwortung für das, was passiert, was zu entscheiden ist – im Übrigen auch dafür, dass wir darüber reden müssen, wie es um die Versorgung mit und die Bezahlbarkeit von Energie steht –, trägt einer: Das ist Putin.

(Karsten Hilse [AfD]: Das ist eure Politik! 16 Jahre eure Politik!)

Und dass gerade Sie sich als Linkspartei angesichts von Mord, Vergewaltigung, Raub, angesichts des Überfalls auf ein souveränes Land immer wieder hierhinstellen und eigentlich so tun, als sollte das für Russland, für den Aggressor, folgenlos bleiben, das geht eben gar nicht.

(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Unverschämtheit!)

Den Teil haben wir in Ihrer Rede überhaupt nicht gehört und darum geht es eben auch bei diesen Sanktionen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist Unsinn, was Sie erzählen! – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Denn eines ist auch klar: Wir unterstützen die Entscheidung der Bundesregierung, nicht Kriegspartei zu werden. Nicht Kriegspartei zu werden heißt aber nicht, neutral zu sein. Natürlich stehen wir an der Seite des tapferen ukrainischen Volkes.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und wir tun das, indem wir Waffen und Unterstützung liefern. Und ja, wir tun das auch durch Sanktionen. Das, was Putin tut, darf nicht folgenlos bleiben. Sie halten hier Reden, als ob es folgenlos bleiben sollte. Das wollen und werden wir nicht akzeptieren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Das ist völliger Unsinn! – Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Eine Unverschämtheit!)

Deswegen gehört dazu auch – und das ist die schwierige Lage –, auf die Folgen zu schauen; denn Sanktionen gerade bei Öl und Gas haben Folgen auch für und in Deutschland und für die Bürgerinnen und Bürger.

(Zurufe von der LINKEN: Ah! – Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Jetzt wird es konkret!)

Es hat nie jemand bezweifelt, dass das so ist.

(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Aber das ist das Thema heute!)

Und diese Folgen tun auch teilweise richtig weh.

(Zuruf von der AfD: Aber nicht Ihnen!)

– Es tut übrigens nicht nur, aber es tut ganz besonders weh beim Öl, in Schwedt, in Ostdeutschland. Es tut aber den Bürgerinnen und Bürgern insgesamt in Deutschland und in Europa weh, wenn es um die Bezahlbarkeit beim Tanken und beim Heizen geht. Und die Sorge um Arbeitsplätze gibt es auch in ganz Deutschland. Sie können gerne mal mit mir ins Ruhrgebiet kommen und über die Frage der Gasversorgung reden. Deswegen bringt es hier gar nichts, West gegen Ost auszuspielen. Wir nehmen die Sorgen aller Bürgerinnen und Bürger im Westen wie im Osten sehr, sehr ernst.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deswegen geht es ja – diesen Kurs tragen wir mit – um einen schrittweisen Ausstieg. Niemand ist dafür – übrigens auch nicht bezüglich des Ölembargos, das diskutiert wird –, sofort morgen auszusteigen. Wir machen es schrittweise, um auch Alternativen, um eine Perspektive geben zu können.

Sepp Müller hat auf etwas sehr Wichtiges hingewiesen. Der Umstand, dass es so wenig Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung gerade in den betroffenen Regionen, wie in Schwedt, gibt, hat etwas damit zu tun, dass beim Kohleausstieg keine Verlässlichkeit bei der Jahreszahl 2038 da ist und dass das Datum nur wenige Monate später infrage gestellt worden ist. Das ist etwas, wo die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbarerweise in den betroffenen Regionen sagen: Wenn ihr es da so schnell infrage stellt, wie sollen wir uns auf die Zusagen, die ihr jetzt gebt, verlassen? – Ich finde, das ist ein sehr berechtigter Punkt, der auch mit berücksichtigt werden muss.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn man Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen will, dann geht es vor allem auch um einen Plan. Das ist der Teil, den wir kritisieren. Es geht zum einen um einen Plan, um die sozialen Folgen abzufedern. Wir haben heute Morgen schon über die Preise, vor allem über die Energiepreise diskutiert und Steuersenkungen gefordert, um in der Breite und in der Tiefe zu entlasten. Es geht bei den sozialen Folgen aber auch darum, besonders betroffenen Regionen wie etwa in Schwedt zu helfen und ihnen Perspektiven zu geben, so wie es ja auch dargestellt worden ist. Zum anderen – und das will ich dazu sagen – geht es auch um einen Plan für den Umgang mit Öl- und Gaslieferungen aus Russland.

Dieser Deutsche Bundestag hat mit den Stimmen der SPD, der Grünen, der FDP und der Union vor zwei Wochen die Bundesregierung mit breiter Mehrheit aufgefordert, einen Ausstiegsfahrplan vorzulegen. Bis heute nichts. Wir hören Interviewäußerungen – auch heute wieder –, man könne durch den Winter kommen ohne Gas. Dann kommen drei große Wenn. Es wird kein Plan vorgelegt: Über wie viel Terawattstunden reden wir? Zu welchem Zeitpunkt, mit welcher Maßnahme soll was entsprechend umgesetzt werden? Es gibt immer nur Interviewäußerungen hier und da, aber keinen durchdachten Plan. Dass man Pläne in einer Krisensituation auch wieder anpassen muss, dass man flexibel sein muss, ist ohne Zweifel klar, aber es bräuchte mal einen Plan, wie wir schrittweise aussteigen aus Öl und Gas, aus der Abhängigkeit, in der wir sind. Das fordern wir seit Monaten ein. Vor zwei Wochen sind Sie uns dabei gefolgt. Der Bundestag hat es beschlossen. Und wenn Sie Glaubwürdigkeit und Vertrauen, auch in der betroffenen Region, zurückgewinnen wollen, dann legen Sie endlich diesen Plan vor.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536089
Wahlperiode 20
Sitzung 34
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Soziale Folgen eines Ölembargos - Schutzschirm für Ostdeutschland
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