12.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 34 / Tagesordnungspunkt 26

Kay GottschalkAfD - Reaktion des Rechtsstaats auf den Angriffskrieg Russlands

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Die CDU/CSU trifft da durchaus den Nagel auf den Kopf. Aber es ist, wie es der Kollege Zimmermann angedeutet hat: Das stellt eine 180-Grad-Wende der CDU/CSU in vielen Themenbereichen, die ich hier abarbeiten möchte, dar.

Aber der Reihe nach. Bereits im Juni 2020 hat die Europäische Kommission eine Stellungnahme herausgegeben, wie beim Einfrieren von Vermögenswerten in der EU agiert werden soll. Das Bundesfinanzministerium definiert auf dieser Grundlage das Einfrieren von Vermögenswerten als „Verhinderung der Verwendung von wirtschaftlichen Ressourcen für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen“.

Das bedeutet, dass – Sie haben es beschrieben – beispielsweise eine Villa weiterhin bewohnt werden darf; sie darf allerdings nicht verkauft, vermietet oder grundbuchrechtlich belastet werden. Erst wenn der Eigentümer der Villa gegen dieses sogenannte Verfügungsverbot verstoßen würde, beispielsweise indem er versucht, die Immobilie zu veräußern, kann diese beschlagnahmt werden. Auch wenn es einen konkreten Strafverdacht im Zusammenhang mit der Immobilie gibt, kann im strafrechtlichen Sinne und Verfahren die Immobilie eingezogen werden. Ansonsten – das ist auch gut so – gibt es nach dem aktuellen Recht in Deutschland keine Möglichkeit, dem auf der Sanktionsliste benannten Eigentümer tatsächlich die Nutzung zu verbieten.

Im Gegensatz dazu, verehrte Kollegen der CDU/CSU, nehmen Sie in Ihrem Antrag ein komplettes Aus-den-Angeln-Heben der grundgesetzlich garantierten Position des Artikels 14 Absatz 1 Satz 1 vor. Neben vielen anderen Grundrechten unterscheidet uns gerade die Gewährleistung von Eigentum von einem Grundrechtsstaat.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Das war nichts, Herr Gottschalk!)

Meine Damen und Herren, Sie können darüber diskutieren. Aber selbst straffällig gewordenen Schwerkriminellen oder Mördern in Deutschland wird das Eigentum nicht genommen. Das ist eine grundgesetzlich garantierte Position. Die können wir an dieser Stelle nicht so einfach über den Haufen werfen; denn das ist die Garantie des deutschen Rechtsstaates.

(Beifall bei der AfD – Pascal Meiser [DIE LINKE]: „Alternative für Oligarchen“ müssten Sie sich nennen!)

Somit stellt Ihr Antrag, verehrte Kollegen von der CDU/CSU, einen massiven Eingriff in die Eigentumsrechte dar, den eben, wie schon beschrieben, nicht einmal andere hier einfordern; denn der verfassungsrechtliche Begriff des Eigentums – vielleicht eine kleine Nachhilfestunde an dieser Stelle – geht weit – weit! – über den privatrechtlichen Eigentumsbegriff hinaus und ist auch sehr eindeutig im Grundgesetz gefasst. Enteignungen funktionieren nämlich nur dann, wenn das Allgemeinwohl Vorrang hat, und auch dann geht es nur mit entsprechenden Entschädigungen. Oder wollen Sie allen Ernstes, weil Sie hier enteignen wollen, plakativ den starken Mann spielen wollen, am Ende des Tages einen Oligarchen auch noch entschädigen? Das würde, glaube ich, ein bisschen – wie sagt man? – dem Fass den Boden ausschlagen.

Ich frage mich sowieso an dieser Stelle, was aus der Partei der sozialen Marktwirtschaft, für die Eigenverantwortung und Eigentum einmal ein hohes Gut war, geworden ist, die eine für mich so sozialistische Forderung aufstellt. Bei allem Verständnis für harte Sanktionen gegen die Verantwortlichen und Unterstützer des Angriffskrieges – das sagt auch meine Fraktion – sind wir am Ende trotzdem nicht in der SBZ, in der 1945 bis 1946 unter dem Begriff der Bodenreform eine entschädigungslose Enteignung durchgeführt wurde, meine Damen und Herren. Also, was ist aus Ihnen und Ihrer Stellung zur sozialen Marktwirtschaft und zu den Eigentumsrechten geworden? Da müssen Sie in sich gehen, verehrte Kollegen der CDU/CSU.

(Beifall bei der AfD)

Am Ende möchte ich noch einige Worte zu Punkt 15 Ihres Antrags sagen, zu Herrn Schröder. Es scheint vor allem ein sozialdemokratisches Problem zu sein: Die „FAZ“ bezeichnet den Ex-Kanzler Schröder – ich zitiere – als „Putins treuester Kamerad“. Im Übrigen: Österreichs Ex-Kanzler Kern, ebenfalls Sozialdemokrat, verwendete sich als Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn RZD.

Die AfD hat schon in ihrem Grundsatzprogramm 2016 verabschiedet, sich gegen derartigen Lobbyismus auszusprechen, weshalb wir die Idee, Übergangsgelder und Ruhegehälter einzufrieren, an dieser Stelle nicht diskutieren. Dazu wäre es gar nicht erst gekommen, wenn es Schamfristen für Regierungsmitglieder gegeben hätte, die dafür sorgen würden, nicht vom Staatsamt in ein Aufsichtsamt treten zu können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Manchmal macht es eben Sinn, nicht der Presse oder Ihrer eigenen Meinung über uns zu folgen, sondern einfach einmal in das Grundsatzprogramm der AfD zu gucken.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Auf die Krim reisen! Nach Damaskus reisen! Überall!)

Da steht viel Kluges drin, was Ihnen viel Leid hier erspart hätte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Es folgt die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Franziska Brantner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536117
Wahlperiode 20
Sitzung 34
Tagesordnungspunkt Reaktion des Rechtsstaats auf den Angriffskrieg Russlands
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