12.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 34 / Tagesordnungspunkt 14

Klaus StöberAfD - Steuerentlastungsgesetz 2022

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie vielleicht wissen, arbeite ich ja schon seit 30 Jahren als Steuerberater. Da unterhält man sich auch öfter mal mit den Mandanten über Steuerpolitik. Oft wird man natürlich gefragt: Warum ist das alles so kompliziert in Deutschland? Da wird ja nicht nur die Höhe der Steuer bemängelt, sondern eben auch die Intransparenz und die Ungerechtigkeit, die viele empfinden. Ich bin jetzt sechs Monate im Bundestag, und ich denke, ich kann meinen Mandanten diese Frage inzwischen beantworten. Es liegt wahrscheinlich daran, dass einige hier schon mehr als zwölf Jahre im Bundestag sitzen und den Bezug zur Realität verloren haben. Es liegt vielleicht auch daran, dass in den Fachausschüssen nicht unbedingt Fachleute sitzen, was ja gar nicht despektierlich gemeint ist. Man kann ja nicht erwarten, dass im Finanzausschuss 42 Steuerexperten sitzen. Aber was man erwarten kann, ist zumindest, dass sich diejenigen bei Fachleuten kundig machen; und Fachleute gibt es ja.

Es gibt das schöne Instrument der öffentlichen Anhörung. Und, Kollege Schrodi, da muss man schon eine ganz dicke rosarote Brille aufsetzen, um den Eindruck zu gewinnen, dass die Experten in der Anhörung der Meinung waren, Ihr Gesetzesvorschlag sei super. Richtig ist doch – ich denke mal, die CDU/CSU sieht das genauso –, dass fast alle Sachverständigen Zweifel geäußert haben, insbesondere an der Entfernungspauschale. Sie haben Zweifel geäußert, ob die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer gerecht ist. Sie haben Zweifel geäußert, ob die 3 Cent, die Sie ab dem 21. Kilometer gewähren, angesichts der derzeitigen Inflation ausreichend sind. Und – ich habe das in meiner Rede schon mal angeführt; ich will es Ihnen noch mal sagen – bei 3 000 Euro brutto und 30 Kilometern Entfernung sind das gerade mal 19 Euro im Jahr. Und da wollen Sie von Entlastung sprechen? Das ist doch lächerlich.

(Beifall bei der AfD)

Noch größere Kritik gab es an der Energiepreispauschale. Das haben Sie als große Erfindung der Koalition dargestellt. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat auf vier Seiten dargestellt, dass Ihr Gesetzentwurf praktisch nicht umsetzbar ist.

(Michael Schrodi [SPD]: Wir reden in einem halben Jahr darüber!)

Der Deutsche Finanzgerichtstag – das ist nicht irgendjemand; das ist jemand, der zum Beispiel, wenn jemand klagt, zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigem entscheidet; das sind Leute, die sich auskennen – empfiehlt angesichts der Kompliziertheit der Energiepreispauschale, diese steuerfrei direkt auszuzahlen.

(Michael Schrodi [SPD]: Vielleicht für Sie kompliziert! Die Intelligenz ist woanders breiter gestreut!)

– Das können Sie nachlesen, Herr Schrodi.

Frau Hessel – Ihr Kollege Lindner ist heute nicht da –, mit der Energiepreispauschale grenzen Sie auch eine ganz große Bevölkerungsgruppe aus. Rentner werden überhaupt nicht bedacht. Das sind 21 Millionen Bürger, die keine Energiepreispauschale erhalten, und von diesen 21 Millionen zahlen schon jetzt rund 8 Millionen Steuern. Wieso bekommen die keine Energiepreispauschale?

(Beifall bei der AfD – Dagmar Andres [SPD]: Zuhören, dann wüssten Sie es!)

Nun könnte man ja erwarten, dass nach den Vorschlägen der Experten in der Anhörung dieser Gesetzentwurf überarbeitet und in geänderter Form wieder vorgestellt wird. Aber nichts dergleichen: Der Gesetzentwurf wird so, wie er eingebracht wurde, hier auch beschlossen. Das, denke ich mal, ist das, was die Bürger nicht verstehen können, dass, wenn es Einwände gegen ein Gesetz gibt und Fachleute sagen: „Das ist nicht umsetzbar, das ist auch nicht freundlich den Bürgern gegenüber“, das trotzdem eins zu eins umgesetzt wird. Das geht so nicht.

Wir als AfD-Fraktion haben einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht. Er sieht unter anderem 40 Cent ab dem ersten Kilometer vor. Das gilt zum Beispiel auch für Arbeitnehmer, die nicht die Möglichkeit haben, für 100 Euro mit dem Hubschrauber zur Arbeit zu fliegen.

(Beifall bei der AfD – Lachen der Abg. Dagmar Andres [SPD])

Wir wollen den Grundfreibetrag auf 12 600 Euro erhöhen. Das würde nicht nur die kleinen und mittleren Einkommen – Ihre Klientel, Herr Schrodi – entlasten, sondern auch die Anzahl der steuerpflichtigen Rentner deutlich reduzieren. Die müssen nämlich jetzt auch schon Steuererklärungen abgeben; jedes Jahr werden es ungefähr hunderttausend mehr.

Wir wollen alle Freibeträge und Pauschbeträge zum 1. Januar 2022 inflationsbedingt anpassen. Und die Energiepreispauschale muss so ausgestaltet werden, dass sie auch praktisch umsetzbar ist. Aus unserer Sicht wäre sie am besten umsetzbar, wenn sie steuerfrei ausgezahlt würde. Sie hätten die Möglichkeit, das ganz unkompliziert über die Steuer-Identnummer über die Rententräger an die steuerpflichtigen Rentner auszuzahlen.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Abgeordneter.

Dieser Gesetzentwurf entspricht nicht der Realität. Wir lehnen ihn deswegen ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Michael Schrodi [SPD]: Er wird Realität! Das Gesetz wird Realität! Aber Sie haben ja Ihre eigene Welt! – Gegenruf des Abg. Klaus Stöber [AfD]: Herr Schrodi, machen Sie doch eine Intervention! Ich beantworte es gern!)

Es folgt für Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Sascha Müller.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536131
Wahlperiode 20
Sitzung 34
Tagesordnungspunkt Steuerentlastungsgesetz 2022
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