Knut AbrahamCDU/CSU - Ukraine-Krieg - Keine Ausbildung an schweren Waffen in Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit mehr als dem ohnehin gebotenen Interesse habe ich mir Ihren Antrag angesehen. Ich muss doch sagen, dass mich die klare Verurteilung des russischen Angriffs durch viele Politiker der Linken beeindruckt hat, so auch – Kollege Schraps hat darauf hingewiesen – in den ersten beiden Sätzen dieses Antrags. Was dann aber folgt, Frau Kollegin Nastic, ist eine krasse Verdrehung der Realität, mit der sie zurückfinden in ihre ideologischen Gräben. Da ist zu lesen, Sie fürchten sich, dass – Zitat – „eine Unterstützung durch NATO-Staaten die militärische Entwicklung außer Kontrolle geraten lassen kann.“ Was für ein verdrehter Blick auf die Realität! Die alleinige Verantwortung für den Krieg liegt bei Russland und seinem Machthaber Putin.
(Ina Latendorf [DIE LINKE]: Das bestreitet doch keiner!)
Einzig und allein von ihm geht die Gefahr für unseren Kontinent aus.
(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, wir müssen doch vom Opfer her denken. Das Opfer braucht unsere Unterstützung. Das lehrt die deutsche Geschichte. Grundlos, aus purem Eroberungstrieb hat Russland sein Nachbarland überfallen. Und mehr: Putin negiert die Existenz der ukrainischen Nation. Mir ist völlig rätselhaft – völlig rätselhaft! –, wie Sie von den Linken aus der deutschen Geschichte ableiten wollen, es sei richtig, einem überfallenen Opfer bei der Verteidigung gegen einen brutalen Aggressor nicht zu helfen. Eine solche Haltung ist doch ein Schlag gegen die Menschen, die in der Ukraine um ihr Leben und um ihre Heimat kämpfen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nein, unsere Geschichte verpflichtet uns, Partei für das Opfer zu ergreifen.
(Zuruf von der LINKEN: Ja, die Kurden warten auch auf Ihre Hilfe!)
Es ist gut, dass wir ukrainische Soldaten ausbilden. Es ist gut, dass Deutschland endlich schwere Waffen liefert. Wir müssen noch viel mehr ausbilden und noch viel mehr liefern. Wir müssen zeigen, wo wir stehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich bin froh, dass nach der Reise unseres Partei- und Fraktionsvorsitzenden die Gesprächskanäle zwischen Kiew und Berlin wieder funktionieren.
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Jetzt kommt der schwächere Teil der Rede!)
Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage aus der AfD zulassen?
Ja, gerne.
Bitte schön.
(Zuruf von der SPD: Jetzt wird es noch schwächer!)
Herr Kollege, vielen Dank, dass ich die Zwischenfrage stellen darf. – Auch Ihr Vorredner hat gesagt, das Problem sei, dass manche Entscheidungen auf einer emotionalen Ebene getroffen werden. Dem kann ich zustimmen; denn das, was hier passiert, basiert auf dem Gefühl, man sei völlig im Recht. Man hat entschieden, wer der Gute und der Böse ist,
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Was für ein Geschwurbel!)
und deswegen sei fast alles moralisch erlaubt, bis hin zur Gefährdung der deutschen Bevölkerung durch den drohenden Krieg, den man möglicherweise befördert.
Der Vorredner hat auch festgestellt: Der Wissenschaftliche Dienst hat ganz klar benannt, dass wir mit der Ausbildung fremder Soldaten in unserem Land möglicherweise schon längst die Grenze des Völkerrechts überschritten haben, die uns zur Kriegspartei macht. Ich muss Sie fragen: Wo ist die Verantwortung dieser Bundesregierung?
Ich muss hier ganz offen benennen: Beim letzten Mal wurde das deutsche Volk wenigstens gefragt: „Wollt ihr den totalen Krieg?“
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Was für ein Schwachsinn! Das ist eine Unverschämtheit! – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Unfassbar! Da schämen sich die eigenen Leute!)
Aber in diesem Falle – das muss ich ganz ehrlich sagen – scheint es mir so zu sein, als ob diese Ampelkoalition glaubt, sie könnte diese Frage mal eben entscheiden, sie könnte unser Volk in allerhöchste Gefahr bringen.
(Johannes Schraps [SPD]: Ein Tiefpunkt mal wieder! Ein tiefer Tiefpunkt!)
Da frage ich Sie: Wo bleibt die Verantwortung dieser Bundesregierung?
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Was für eine traurige Truppe da sitzt!)
Es muss doch, wenn es hier um Gesinnungsethik geht, auch Ihnen klar sein,
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind sogar Ihren Kollegen peinlich!)
dass es ethisch Ihre Verpflichtung ist, zuallererst auf das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung zu achten und dann erst auf alles andere.
Vielen Dank.
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Das ist ja zum Fremdschämen! – Thomas Erndl [CDU/CSU]: Peinlich, peinlich!)
Herr Kollege, den Vergleich mit dem Nationalsozialismus und den furchtbaren Machenschaften von Adolf Hitler weise ich in aller Form zurück.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Sie können erwidern, Herr Kollege.
Sie irren in jedem Wort, das Sie gerade gesprochen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Sie irren in jedem Wort. Lassen Sie sich von einem Erstsemester des Völkerrechts erklären, wie die Lage ist. Es ist nämlich so: Es gibt ein Richtig und Falsch hier.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)
Putin hat das Völkerrecht auf brutalste Weise gebrochen. Das ist klar; das ist nicht emotional, das ist Völkerrecht.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Thomas Ehrhorn [AfD]: Das bestreitet auch keiner! – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Setzen! Sechs!)
Ich bin jetzt wieder bei den Gesprächskanälen. Das war doch interessant: In Kiew wird genau verfolgt, was wir diskutieren, was wir sagen und was wir eben auch manchmal nicht sagen. Wir haben die Bundesregierung viel zu lange um die Positionierung ringen sehen. Das Ansehen Deutschlands in vielen Teilen Ostmitteleuropas ist doch mächtig ramponiert. Es gab Demonstrationen vor unseren Botschaften im Baltikum, in Ostmitteleuropa. Wenn das Vertrauen erst mal weg ist, ist es unglaublich schwer, es wieder aufzubauen. Dazu, dass das Vertrauen wieder wächst – und das möchte ich Frau Staatsministerin deutlich sagen –, hat die Bundesaußenministerin mit klaren und deutlichen Worten in Kiew viel beigetragen; das war richtig gut.
Aber neben den Worten braucht es Taten. Die Ausbildung der rund 100 ukrainischen Soldaten ist eine solche Tat, die uns verlorene Glaubwürdigkeit zurückbringt. Wir müssen insgesamt viel deutlicher sagen und zeigen, was Deutschland für die Ukraine tut, aus voller Überzeugung und in Konsequenz unserer Geschichte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unser bestes Gegenmittel ist aber ein politisches: der Ukraine eine Perspektive auf eine EU-Mitgliedschaft anzubieten. Hier können wir Deutschen jetzt das politische Heft des Handelns in die Hand nehmen und entschlossen für diesen Weg werben. Der Weg wird nicht leicht, und er wird lang sein. Dennoch: Bereits die EU-Perspektive bringt Orientierung und Stabilisierung,
(Karsten Hilse [AfD]: Umso schneller bricht die EU zusammen!)
weil jedem klar wird, wo die Zukunft der Ukraine liegt: in der EU; um es noch mal zu sagen: in der EU und nicht in irgendeiner europäischen Wartekammer von rein symbolischen Wert oder einem Klub der schwierigen Nachbarn. Bekäme die Ukraine diese Perspektive nicht, wären die Folgen absehbar schlimm; niemand möchte nach dem Krieg seine Zukunft in einer grauen Zone in einem irgendwie europäisch dekorierten Puffer gestalten. Ein Junktim zum Westbalkan, meine Damen und Herren, ist nicht fair und nicht sachgerecht. Jedes Kandidatenland muss seinen eigenen Weg in die Europäische Union gehen können. Hier kann und muss die Bundesregierung Führungswillen zeigen.
Je länger die russische Armee in der Ukraine wütet, desto schwieriger wird das Nachkriegsszenario. Dessen Eckpunkte sollten uns heute schon beschäftigen, insbesondere die Frage nach wirksamen und zuverlässigen Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Klar ist auch, dass die Kriegsverbrechen untersucht und die Täter verurteilt werden müssen. Russland wird in erheblicher Höhe zum Wiederaufbau des von ihm verwüsteten Nachbarlandes beitragen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vor all dem verblasst der überflüssige und falsche Antrag der Linken, den wir natürlich ablehnen werden.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Kollege Jürgen Trittin redet für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536167 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Ukraine-Krieg - Keine Ausbildung an schweren Waffen in Deutschland |