Nadine HeselhausSPD - Änderung der Abgabenordnung
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, Sie haben ihre Steuererklärung pünktlich abgegeben und erwarten eine hohe Erstattung; doch die Festsetzung lässt sehr lange auf sich warten. Beträgt der Zeitraum zwischen Steuerentstehung und Festsetzung mehr als 15 Monate, wird der Erstattungsbetrag für darüber hinausgehende Monate verzinst. Selbiges gilt auch für eine Steuernachzahlung.
Die Coronapandemie hat neben Steuerberaterinnen und Steuerberatern auch den Steuerpflichtigen Mehrarbeit abverlangt. Deshalb hat der Gesetzgeber die Frist für die Abgabe der Steuererklärung verlängert, auch mit Auswirkung auf die eben benannte zinsfreie Karenzzeit. Sie verlängerte sich ebenfalls.
Die Gründe für eine späte Steuerfestsetzung und insbesondere dafür, ob die Steuerpflichtigen oder das Finanzamt hieran ein Verschulden trifft, sind für die Verzinsung unerheblich. Die Zinsen gleichen nicht gerechtfertigte Liquiditätsvorteile und ‑nachteile wieder aus. Anderenfalls entstünde eine ungleiche Behandlung durch den unterschiedlichen Zeitpunkt der Steuerfestsetzung. Das Verfahren schafft also Gerechtigkeit. Darum halten wir daran fest.
(Beifall bei der SPD)
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verzinsung von Steuererstattungen und Nachzahlungen nach einer Karenzzeit auch im Grundsatz bestätigt. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr entschieden, dass die Höhe dieser Verzinsung bis Juli 2022 mit einer Rückwirkung zum 1. Januar 2019 neu geregelt werden muss. Es hat allerdings in seinem Urteil nicht konkret vorgegeben, wie hoch dieser Zinssatz sein soll. Bereits seit 60 Jahren liegt der Zinssatz bei 6 Prozent pro Jahr.
(Kay Gottschalk [AfD]: Das ist aber lange her!)
Auch in Hochzinsphasen wurde keine Anpassung des Zinssatzes vorgenommen.
Da die Niedrigzinsphase bereits lange anhält und die Zinsen inzwischen sogar im Minus liegen, ist eine realitätsnahe Anpassung durchaus erforderlich. Wie muss er jetzt also aussehen, der neue gerechte Zinssatz? Es sind grundsätzlich verschiedene Varianten denkbar, zum Beispiel ein sich automatisch dem Marktgeschehen anpassender Zinssatz. Hierzu könnte der Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank um einen festgelegten Wert erhöht werden. Doch wie würden sich mögliche unterjährige Anpassungen auf das Vertrauen in den Zinssatz
(Stephan Brandner [AfD]: Wer hat denn noch Vertrauen in den Zinssatz? Das gibt es doch gar nicht mehr!)
oder die Umsetzbarkeit in den Finanzämtern auswirken?
Die Bundesregierung hat einen Entwurf vorgelegt, der rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 einen fixen Zinssatz von 1,8 Prozent pro Jahr vorsieht. Dabei handelt es sich um einen Mischzinssatz zwischen Guthabenzinsen und Verzugszinsen. Das ist auch logisch; denn es handelt sich ja um einen gemeinsamen Zinssatz sowohl für Nachzahlungen als auch für Erstattungen. Dieser Zinssatz soll regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Für uns steht dabei fest, dass ein schlüssig und transparent berechneter Zinssatz zur Akzeptanz bei den Steuerpflichtigen führt. Zu diesem Entwurf werden wir in der öffentlichen Anhörung am kommenden Montag mit Sachverständigen die offenen Fragen klären und den Zinssatz dann auch schnell anpassen.
Danke.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächster Redner erhält der Kollege Stephan Brandner das Wort.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536222 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 34 |
Tagesordnungspunkt | Änderung der Abgabenordnung |