13.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 35 / Tagesordnungspunkt 27

Dorothee BärCDU/CSU - Verbot der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe im Vorfeld dieser Debatte gedacht, dass uns sicherlich heute im Haus eine gewisse Ernsthaftigkeit eint und dass uns heute hier im Haus auch eint, zu überlegen, was für jede einzelne Frau, was aber auch für das ungeborene Kind, das ungeborene Leben das Wichtigste ist. Das ist eine Debatte, die, auch wenn man seit vielen Jahren, schon seit Jahrzehnten hier am Rednerpult stehen darf, sehr emotional ist, eine, die keinen kaltlassen kann und wo es meines Erachtens auch keine einfachen Lösungen gibt und kein Richtig und kein Falsch. Deswegen war ich tatsächlich schockiert, entsetzt und traurig, sehr geehrte Frau Kollegin Wegge, in welcher Art und Weise Sie hier aufgetreten sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Sie haben sich hierhingestellt und gesagt: Ich genieße es; es ist ein schöner Moment. – Schauen Sie sich Ihre Rede in fünf Jahren, in zehn Jahren, in fünfzehn Jahren noch mal an, und erklären Sie irgendwann mal Ihren Kindern, was Sie heute hier abgezogen haben.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das ist ja peinlich!)

Ich muss wirklich sagen: Das ist doch nicht der Geist, den diese Debatte atmen sollte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Wir müssen uns doch immer wieder klarmachen, wer uns heute zuschaut. Uns schauen heute vielleicht Frauen mit drei Kindern zu, von denen wir nicht wissen, ob sie, um diese drei Kinder zu bekommen, schon sechs Schwangerschaften hinter sich haben. Uns schauen Frauen zu, die keine Kinder bekommen können. Ich habe vorhin noch mit jemandem gesprochen, die mit 20 Jahren das erste und einzige Mal abgetrieben hat und jetzt in einer Kinderwunschbehandlung ist. Das ist sehr emotional für die Frauen, die uns heute zuschauen. Es schauen uns Frauen zu, die Sternenkinder geboren haben. Es schauen uns Frauen zu, die viele Fehlgeburten hatten, die Abtreibungen hinter sich haben, die vielleicht Regenbogenkinder haben. Deswegen würde ich mich einfach freuen, wenn es in dieser Debatte, in der es vordergründig um § 219a StGB geht, aber, wie in vielen Redebeiträgen deutlich wurde, eigentlich um den § 218 StGB,

(Katrin Helling-Plahr [FDP]: Nicht richtig!)

ein bisschen seriöser vonstattengeht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?

Nein, jetzt nicht. – Was mich auch wahnsinnig stört, ist, dass Sie das mit Fortschritt begründen, mit Selbstbestimmung, mit Freiheit und dass Sie so tun, als ob wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Frau nicht in den Mittelpunkt stellten. Das tun wir aber. Natürlich geht es um Selbstbestimmung, natürlich geht es darum, dass eine Frau entscheiden kann. Das kann sie aber. Wir trauen den Frauen eben zu, dass sie sich selber entscheiden können, nachdem sie eine ordentliche Beratung hinter sich haben.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Informationen!)

Das können Sie doch nicht abstreiten: In einer so hochemotionalen Situation muss man die Möglichkeit haben, mit jemand Neutralem zu sprechen.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja! – Zuruf von der SPD: Ja! Und die Möglichkeit, mit einem Arzt zu sprechen!)

– Im Anschluss mit dem Arzt, ja;

(Leni Breymaier [SPD]: Wieso im Anschluss?)

aber erst mal eine neutrale Beratung in einer hochemotionalen Phase.

(Beifall bei der CDU/CSU – Daniel Föst [FDP]: Der Arzt ist auch neutral!)

Meine Kollegin Nina Warken hat ja gesagt, wie notwendig es ist, dass eben immer jemand an der Seite der Frau ist, weil die Frau die Entscheidung ihr ganzes Leben mit sich tragen wird, egal ob sie das Kind austrägt oder nicht. Das muss man doch immer im Hinterkopf haben.

Ich möchte mich der Meinung der Kollegin Warken anschließen: Wir können doch keine Debatte führen, in der kein einziges Mitglied der Ampel vom Kind spricht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Und wir können diese Debatte auch nicht führen, wenn Sie hier, das Strafgesetzbuch betreffend, eine Lex Hänel durchsetzen wollen. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das ist eine Ärztin, die von Zellhaufen spricht, die nicht mal akzeptiert, dass es sich um einen Embryo, um werdendes Leben handelt. Jede Frau, die erfährt, dass sie schwanger ist, bei ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt ein Ultraschallbild sieht und in der sechsten Woche schon das Herz schlagen hört, merkt, dass da Leben am Wachsen ist. Dann zu sagen: „Das ist nur ein Zellhaufen, das ist ein Eingriff wie jeder andere“, das ist mit uns als Union auf keinen Fall zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Niemand trifft so eine Entscheidung leichtfertig – fast niemand, würde ich sagen; einige Beiträge in dieser Woche, zum Beispiel den von Jutta Ditfurth, die sagte: „Meine zweite Abtreibung war die schönste“, lasse ich mal so stehen. Die Mehrheit aber trifft diese Entscheidung nicht leichtfertig. Ich kann Ihnen nur sagen: Unterstützen Sie unseren Antrag! Wir wollen § 219a nicht abschaffen. Wir wollen ihn erhalten, wir wollen ihn verbessern. Wir wollen weitere Informationsmöglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte. Wir wollen ergebnisoffene Beratung. Wir appellieren an Sie als Bundesregierung, mit den Ländern zu sprechen, damit es überall, in allen Regionen, entsprechende Ärztinnen und Ärzte gibt.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Wir wollen rechtliche Voraussetzungen dafür, –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– dass auch die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel übernommen werden.

Ich freue mich auf eine seriöse, weiter gehende Beratung, möchte aber abschließend noch kurz an die beiden Minister, die heute gesprochen haben, appellieren.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss!

– Letzter Satz, Herr Präsident. – Herr Buschmann hat über § 219a heute ja sehr sachlich, sehr „down to earth“ gesprochen. Frau Paus hat schon den 218er ins Spiel gebracht. Ich bin auf die Beratungen gespannt und hoffe, dass die Bundesregierung das Thema in einer seriösen Art und Weise behandelt; denn uns ist es wahnsinnig wichtig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Also, die Unionsfraktion muss an der Redezeitdisziplin noch ein bisschen arbeiten. Die Überziehung von fast einer Minute ist nicht hinzunehmen.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das waren 30 Sekunden!)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um eine Kurzintervention gebeten. Ich erteile der Kollegin Schauws das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536318
Wahlperiode 20
Sitzung 35
Tagesordnungspunkt Verbot der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch
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