Markus ReichelCDU/CSU - Änderung des SGB II (Aussetzung der Sanktionen)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als letzter Redner in der Debatte hat man ja das Privileg, schon vorher viele Beiträge gehört zu haben. Ich muss sagen: Es hat mich schon fasziniert, dass hier bei einem noch überschaubaren Gesetzentwurf so völlig unterschiedliche Sichtweisen auf ebendiesen Gesetzentwurf deutlich wurden. Wenn das schon bei diesem Gesetz so ist, dann bin ich gespannt, was uns beim Bürgergeld noch erwartet.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das ist wahr!)
Hinter dem Ganzen, was wir hier besprechen, steckt eigentlich eine Diskussion über Solidarität in unserer Gesellschaft. Das Thema Solidarität kommt in Ihren Wahlprogrammen – ich habe sie mir einmal angeschaut – sehr oft vor in Form der Worte „Solidarität“ bzw. „solidarisch“. Sie reden viel über Solidarität. Aber was heute hier vorgelegt wurde, ist vollkommen unsolidarisch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Solidarität liegt doch vor, wenn jeder den Beitrag leistet, den er leisten kann. Solidarität bedeutet natürlich in unserem Land, dass der Staat jedem Hilfsbedürftigen hilft. Aber es gehört eben auch dazu, dass jeder Hilfsbedürftige auch seinen Beitrag leistet zur Überwindung einer Notsituation, seiner Notsituation. Zumutbare Arbeit anzunehmen, sein Einkommen korrekt anzugeben usw., das sind hier nur Beispiele. Das zu tun, ist doch Solidarität mit dem hart arbeitenden Arbeiter, mit der Friseurin, mit der Gebäudereinigerin, dem Handwerker, die genau das jeden Tag tun müssen und die so die Steuergelder erwirtschaften, die am Ende die Grundsicherung finanzieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich frage Sie: Bieten Sie diesen Menschen im Gegenzug für das Sanktionsmoratorium auf der anderen Seite ein Belastungsmoratorium an? Nein, das tun Sie natürlich nicht, und das ist schlecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Viele Studien, zum Beispiel des IAB, bestätigen doch, was einem schon der gesunde Menschenverstand sagt und was Ihnen jeder Leiter eines Jobcenter bestätigen wird. Da bin ich nicht bei Herrn Kurth. Nur ein geringer Teil der Leistungsempfänger muss zwar mit Sanktionen belegt werden, aber diese brauchen wir doch auch. Wir als Union stehen zu genau dieser Leistungsgerechtigkeit
(Jessica Tatti [DIE LINKE]: Seit wann das denn?)
und lehnen deswegen auch ein Sanktionsmoratorium und damit quasi den Einstieg in ein bedingungsloses Grundeinkommen ab.
Anstelle dessen schlage ich Ihnen drei Handlungsfelder vor, auf denen wir mit Sicherheit tätig werden sollten.
Erstens. Lassen Sie uns eine angemessene Obergrenze für Strafen festlegen, so wie es das Verfassungsgerichtsurteil vorschlägt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zweitens. Vereinfachen Sie den Leistungsbezug: Bürokratieentlastung, Pauschalierung – das schafft Freiraum für die Leistungsempfänger und die Behörden.
(Jessica Tatti [DIE LINKE]: Pauschalieren Sie mal die Mieten!)
Drittens. Investieren wir gezielt in Weiterbildung für Geringqualifizierte! Die von Ihnen geplante Erhöhung des Mindestlohns wird zu erheblichen Steuermehreinnahmen führen. Hierfür können sie genutzt werden.
Zusammenfassend: Die Grundsicherung ist ein hohes Gut. Sie muss die Würde der Menschen wahren, aber sie muss auch fair, nachvollziehbar und solidarisch für alle Steuerzahler sein. Ihr geplanter Verzicht auf Sanktionen ist genau das Gegenteil.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536352 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 35 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des SGB II (Aussetzung der Sanktionen) |