Anja KarliczekCDU/CSU - Ermäßigter Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie
Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Freundinnen und Freunde der Gastronomie! Alle, die glauben, sie wüssten schon, was jetzt kommt, bitte ich, gut zuzuhören; denn ich will nicht über Corona und ich will auch nicht über den Krieg sprechen, obwohl das natürlich schwergewichtige Gründe sind, warum unser Antrag, den wir jetzt debattieren, zur richtigen Zeit zur Abstimmung steht.
Ich habe mir vorgenommen, Ihnen eine andere Perspektive zu eröffnen. Schauen wir einmal auf die jetzige Situation aus den Augen der Gastronomen, der Restaurantbesitzer, der Cafébetreiber. Ihnen stellen sich existenzielle Fragen: Läuft mein Geschäft wieder an wie vor der Pandemie? Kommen meine Gäste wieder angesichts steigender Preise? Sind die Gäste bereit, mehr Geld für ein gemütliches Abendessen im Kreise von Freunden und Familie auszugeben?
Ich war in den letzten Wochen viel unterwegs. Ich habe mit Menschen gesprochen, die die vielen Preiserhöhungen im eigenen Geldbeutel schon jetzt spüren. Ganz viele haben mir berichtet, dass sie das, was nicht unbedingt nötig ist, verschieben, strecken: Einmal Haare färben kann auch noch vier Wochen warten. Ein Abendessen im Lieblingsrestaurant kann ich mir leisten, muss ich aber nicht. – Die Situation ist also brenzlig, und, liebe FDP, eine unnötige Steuererhöhung passt so gar nicht in die Zeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Außerdem ist das noch gar nicht alles. Einem Gastgeber stellen sich weitere Fragen: Wieso soll ich eigentlich dafür, dass ich auf nachhaltigen Porzellantellern serviere, mehr Steuern zahlen als die, die das Essen in Plastik verpacken, um es außer Haus zu liefern? Liebe Grüne, ich dachte immer, wer nachhaltig arbeitet, soll belohnt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und liebe SPD, mittelständische Unternehmen sind das Herz dieser Branche,
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Ja, sicher!)
und sie tragen die Mindestlohnerhöhung mit. Sie sehen das schon an den aktuellen Tarifrunden, die stattfinden, weil sie wissen, dass es gute Mitarbeiter in diesen Zeiten nur für gutes Geld gibt.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Ganz genau!)
Aber wie zeigen Sie jetzt, dass Sie die Leistung dieser Branche anerkennen? Durch Steuererhöhungen?
Die Gastronomie ist eine Branche, die viel mehr ist als ein Marktteilnehmer unter vielen. Cafés, Restaurants oder auch Kneipen sind Räume des Miteinanders, Räume der Geselligkeit, Räume der Entspannung, des Genusses. Sie sind notwendig für ein gutes, gesundes Leben in Deutschland, für die Dorfgemeinschaft übrigens genauso wie für die Unistadt. Ich glaube, das haben wir in Zeiten von Corona doch alle gelernt. Deshalb beantragen wir hier und heute, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie und die kleineren Brauereibetriebe beizubehalten, und zwar dauerhaft.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Geben Sie denen, die die Arbeit in den gastronomischen Betrieben tun, den Respekt, den sie verdienen und brauchen. All diese Menschen – oft Kleinunternehmer, die selbst im Betrieb mitarbeiten – brauchen Planungssicherheit und wettbewerbliche Konditionen, mit denen sie arbeiten können. Die haben doch im Moment wirklich schon genug damit zu tun, Arbeitskräfte zu finden, Dokumentationspflichten zu erfüllen, neue verlässliche Lieferketten aufzubauen, ihre Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu modernisieren.
(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben andere Unternehmen aber schon auch!)
Gerade jetzt kann diese Bundesregierung zeigen, was ihr eine Branche mit 3 Millionen Mitarbeitern, was ihr deren Arbeit wert ist. Dieser Wirtschaftszweig steht in einem sehr, sehr harten Wettbewerb in Europa. Länder wie Österreich, Italien oder auch Spanien tun gerade alles, um ihren Tourismus wieder flottzubekommen. 22 von 27 Ländern rund um uns herum haben den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Verpflegung. Und ich will, dass unsere Betriebe, unsere Gastronomen, unsere Mitarbeiter mithalten können. Nur so kann die Branche ihre gesellschaftliche Aufgabe erfüllen, gute Gastgeber für Familien, Freunde und Geschäftspartner zu sein.
Jetzt ist es an Ihnen, diesen Menschen eine Perspektive zu geben, und deshalb fordern wir: Lieber Herr Bundesfinanzminister, heben Sie, wie Sie es versprochen haben, die Befristung für die ermäßigte Mehrwertsteuer auf, damit Gastgeber und Brauer wieder zukunftsfähig sind und mit Freude ihrer Arbeit nachgehen können, und das auch nach dem 31. Dezember 2022.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Es folgt in der Debatte Tim Klüssendorf für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536355 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 35 |
Tagesordnungspunkt | Ermäßigter Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie |