Michael KruseFDP - Vereinbarte Debatte zum Thema Sterbehilfe
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst mal: Wir führen ja eine Debatte unter Aufhebung des Fraktionszwangs. Für ein Thema wie die Sterbehilfe ist das sehr angemessen. Dieses Verfahren zwingt jeden Einzelnen und jede Einzelne in diesem Raum, sich selbst eine eigene Meinung zu diesem Thema zu bilden, und das ist aus meiner Sicht der entscheidende Vorteil des Formats der heutigen Debatte. Deswegen begrüße ich das sehr.
Wir haben heute viele rechtliche und moralische Aspekte zur korrekten Ausgestaltung der Sterbehilfe gehört. Ich persönlich habe mich für den Antrag der Kollegen Katrin Helling-Plahr, Dr. Till Steffen, Otto Fricke und vieler weiterer entschieden, weil ich meine, dass der Antrag einer ist, der der Zielstellung, die hier schon oft rezitiert worden ist, am nächsten kommt, nämlich der Freiheit zu einem selbstbestimmten Tod – Freiheit in allen Lebenslagen, aber eben auch Freiheit und Selbstbestimmung für das Ende des eigenen Lebens.
Ich möchte nicht all die Argumente wiederholen, die jetzt schon mehrfach vorgetragen worden sind, sondern von der Person erzählen, mit der ich die meisten Gespräche über dieses Thema geführt habe. Das ist meine Großmutter. Meine Großmutter wird am Sonntag 100 Jahre alt.
(Helge Lindh [SPD]: Ui!)
Sie lebt selbstständig. Sie lebt allein. Sie schreibt mit mir über Whatsapp, noch kurz vor der Sitzung, zu diesem Thema.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Und sie ist die Person, der ich mich bei diesem Thema besonders verpflichtet fühle, weil wir seit vielen Jahren darüber sprechen, weil wir über hohes Alter sprechen, weil wir darüber sprechen, was es bedeutet, wenn der eigene Lebenswille langsam schwindet.
Ein Satz, den sie sehr häufig zu mir gesagt hat, ist: Ich habe mein Leben gelebt, und wenn ich einmal weggetreten bin, dann helft mir bitte beim Sterben. – Deswegen weiß ich, dass für diejenigen, die Angehörige sind, die sich im Umfeld einer Person befinden, die sich in diese Richtung entscheidet, eine hohe Verantwortung besteht. Dieser hohen Verantwortung versuchen wir mit diesem Vorschlag gerecht zu werden.
Ich habe sie auch gefragt: Was wären eigentlich deine Wünsche, wenn es denn mal so weit ist? – Sie hat mir gesagt, dass sie sich vor allem wünscht, dass es wenig Bürokratie in diesem Bereich gibt, dass es einen niedrigschwelligen Zugang gibt, dass es keinen Missbrauch geben soll und dass ihr Hilfe zuteilwird, wenn der Lebenswille erlischt.
Wir werden am Sonntag ihren 100. Geburtstag feiern. Allerdings weiß ich, dass, wenn es einmal so weit sein sollte, dass ihr Lebenswille erlischt, ich eine hohe Verantwortung dafür trage, ihrem Willen nachzukommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Kruse. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Beatrix von Storch, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536432 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zum Thema Sterbehilfe |