Beatrix von StorchAfD - Vereinbarte Debatte zum Thema Sterbehilfe
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir alt und krank sind, unsere geistigen und körperlichen Kräfte schwinden, verliert unser Leben nicht Sinn und Würde. Der Schriftsteller Walter Jens war ein vehementer Kämpfer für die aktive Sterbehilfe und litt später an schwerer Demenz. Der gesunde Walter Jens konnte sich nicht vorstellen, dass ein solches Leben für ihn noch lebenswert sein könnte. Der an schwerer Demenz erkrankte Walter Jens wollte dann nicht mehr sterben, sondern leben, trotz seiner Patientenverfügung. Das bezeugten die Menschen, die ihn am meisten liebten und am besten kannten: seine Frau und sein Sohn. Und sie ließen ihn leben.
Das Urteil des Verfassungsgerichtes, den § 217 StGB, das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe, abzuschaffen, hat uns auf eine schiefe Bahn gebracht. Minderjährige, also unter 18 Jahre, dürfen keine Zigaretten kaufen, weil gesundheitsgefährdend; aber – nach dem Diskussionspapier des BMG, Seite 17, zu Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a – 15‑Jährige sollen einen selbstbestimmten Entschluss zur Selbsttötung treffen können, wenn ein Familiengericht die Einsichts- und Urteilsfähigkeit feststellt. Wirklich? Zigaretten gefährlich, aber Selbsttötung möglich?
Die Forderung nach aktiver Sterbehilfe wird lauter, und ich fürchte: Wo nach Suizidbeihilfe Sterbehilfe zur Normalität wird, da verfließen dann auch irgendwann die Grenzen zwischen Tötung auf Verlangen und Tötung ohne Verlangen. Die Niederlande sind ein warnendes Beispiel. Der Medizinethiker Theo Boer hat festgestellt, dass sich dort seit der Legalisierung der Sterbehilfe der extreme Ausnahmefall zum Normalfall entwickelt hat. 4 Prozent aller Sterbefälle dort sind Fälle von Sterbehilfe, ein Drittel so viel wie Coronatote, an und mit Corona Verstorbene, und zehnmal mehr als Verkehrstote, 2020 in den Niederlanden 7 000 Menschen. In Deutschland wären das 30 000. In 235 Fällen waren die Gründe Altersbeschwerden, das Nachlassen der Sehkraft, des Gehörs, Arthritis, Gehbeschwerden, und in 170 Fällen war der Grund Demenz.
Meine Damen und Herren, in den Niederlanden ist es zulässig, schwer demenzkranke Patienten auch dann zu töten, wenn sie sich nonverbal heftig dagegen zu wehren versuchen. Stärken wir die Palliativmedizin – das wurde schon oft gesagt –, helfen wir, dass Menschen an der Hand eines Menschen, aber nicht durch die Hand eines Menschen sterben!
Ich darf zum Schluss die Deutsche Bischofskonferenz von 1999 zitieren; sie schrieb dazu:
Jeder Mensch hat seine Würde, seinen Wert und sein Lebensrecht von Gott her. ... Weil Gott allein Herr über Leben und Tod ist, sind Menschenwürde und Leben geschützt.
Daran glaube ich.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Frau Kollegin von Storch. – Das Wort erhält nunmehr Dr. Nina Scheer, SPD-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536433 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zum Thema Sterbehilfe |