Marc JongenAfD - Zukunftszentrum Europäische Transformation und Deutsche Einheit
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Unser Problem mit dem Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit ist nicht, dass die Lebensleistung der Ostdeutschen gewürdigt und wissenschaftlich erforscht werden soll, dass Ausstellungen und Bürgerdialoge dazu stattfinden. Wir sind die Letzten, die das nicht unterstützen würden. Unser Problem ist, dass dieser Aspekt zugunsten der sogenannten Europäischen Transformation immer weiter in den Hintergrund tritt. Auf den letzten Metern haben Sie auch den Titel geändert: Die „Deutsche Einheit“ steht jetzt nur noch an zweiter Stelle; das lässt tief blicken.
Sie versuchen hier, das historische Narrativ zu etablieren, die Friedliche Revolution und die deutsche Einheit seien quasi nichts anderes gewesen als eine Art Durchgangsstadium zu einem bunten und vielfältigen EU-Europa; aber die Bürger der DDR, meine Damen und Herren, sind 1989 unter Einsatz ihres Lebens für ihre Freiheit in einem geeinten und souveränen Deutschland auf die Straße gegangen und nicht dafür, dass unsere Souveränität an einen europäischen Superstaat mit Sitz in Brüssel verscherbelt wird.
(Beifall bei der AfD)
Ihr Antrag spricht ja nur sehr abstrakt und verwaschen von Transformation. Der Klartext findet sich in den Vorschlägen der sogenannten Konferenz zur Zukunft Europas, die das EU-Parlament in seiner letzten Sitzungswoche quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt hat.
(Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird nichts mehr!)
Was kommt da alles auf uns zu? – Eine gemeinsame europäische Armee, vereinheitlichte Steuerpolitik, verschärfte Sanktionsmöglichkeiten gegen einzelne Mitgliedstaaten, Aufgabe des Einstimmigkeitsprinzips sowie gesamteuropäische Volksabstimmungen – mit anderen Worten: Die Südländer werden demnächst mit ihrer Mehrheit über die Zahlungsverpflichtungen Deutschlands entscheiden. Ganz wichtig ist Ihr Lieblingsprojekt: die Umsetzung einer gemeinsamen und kollektiven Migrationspolitik inklusive Aufklärung von Kindern ab Beginn der Grundschule über Migration und Integration.
(Yvonne Magwas [CDU/CSU]: Was hat das denn mit dem Zukunftszentrum zu tun? – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Reden Sie noch zum Antrag?)
Meine Damen und Herren, ein amerikanischer Bundesstaat wird mehr nationale Souveränität besitzen als Deutschland nach diesen Reformen.
(Beifall bei der AfD)
Wir werden zu einer tributpflichtigen Provinz Brüssels herabgestuft, und Sie alle, die sich demokratisch nennenden Parteien, haben dem in Straßburg zugestimmt. Das ist das Gegenteil von demokratisch; denn ohne das deutsche Staatsvolk als Souverän hört die Demokratie in Deutschland zu existieren auf.
(Beifall bei der AfD)
Das sollten Sie dem Volk zumindest auch offen sagen.
Vor diesem Hintergrund weist all die plakative Bürgerbeteiligung in der Zukunftskonferenz, wie jetzt auch in dem Zukunftszentrum, doch einen deutlichen Alibicharakter auf. Man kann sich des Eindrucks einer Demokratiesimulation nicht erwehren, zumal Sie ja vor allem die sogenannte Zivilgesellschaft einbeziehen wollen, also regierungskonforme NGOs, die Sie sich mit Steuermitteln zuvor selbst herangezogen haben. Und wenn wir dann noch lesen, im Abschlussbericht der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“, es gebe – ich zitiere – „noch immer ein signifikant höheres Niveau an Rassismus, Fremden- und Ausländerfeindlichkeit in Ostdeutschland“, daher solle sich „das zu gründende Zukunftszentrum … der Frage nach den Bedingungen weltoffener und damit zukunftsfähiger Verhältnisse in Ostdeutschland mit besonderer Vordringlichkeit widmen“ – in großen Lettern geschrieben!
(Stephan Brandner [AfD]: Um Gottes willen!)
Da wird doch die arrogante Attitüde offenbar, die Sie den Ostdeutschen in Wahrheit immer noch entgegenbringen.
(Beifall bei der AfD – Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagt der Wessi!)
Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass man in Dresden oder Rostock keine Verhältnisse wie in Frankfurt-Bahnhofsviertel oder in Duisburg-Marxloh haben will. Das ist absolut legitim, und es ist infam, das als Rassismus zu diffamieren, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Ich komme zum Schluss. Wir stimmen dennoch nicht gegen ein „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit“, sondern wir werden uns enthalten, vor allem wegen der positiven Potenziale. Wenn Sie mit der ost- und mitteleuropäischen Vernetzung wirklich Ernst machen und wirklich Vertreter der Mehrheitsmeinung – etwa aus Polen oder aus Ungarn – zu Wort kommen lassen, dann könnte hierzulande sogar manche Verirrung in Sachen Migration oder europäische Zentralisierung heilsam korrigiert werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege Jongen. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Thomas Hacker, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536447 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Zukunftszentrum Europäische Transformation und Deutsche Einheit |