Michael KruseFDP - Kein Ölembargo - Schutz für Bürger und Unternehmen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tribüne hier im Saal sitzen in dieser Minute sehr viele junge Menschen. Diese jungen Menschen sitzen da vermutlich zum allerersten Mal. Diese jungen Menschen bekommen einen Eindruck davon, wie das Parlament miteinander diskutiert. Ich bin überzeugt, dass jeder Einzelne und jede Einzelne, der oder die jetzt gerade hier auf der Tribüne sitzt, in der Lage wäre, die peinliche Argumentation, die wir hier von den beiden Außenseiten von links und rechts gehört haben, im Keim zu zerlegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Sie sind peinlich, Herr Kruse!)
Denn das, was Sie hier tun, ist dermaßen atemberaubend, dass man es nicht unwidersprochen stehen lassen kann.
(Beifall des Abg. Stefan Wenzel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Götz Frömming [AfD]: Na dann mal los!)
Ich habe mir kurz überlegt: Wenn Wladimir Putin jetzt hier im Haus eine Debatte anmelden dürfte, wie wäre der Titel dieser Debatte?
(Karsten Hilse [AfD]: Sprechen Sie doch mal zum Thema Erdöl!)
Er könnte ungefähr so lauten: „Kein Ölembargo – Schutz für Bürger und Unternehmen“; denn dieser Titel versucht ja auf eine ganz perfide Art und Weise, einen Zusammenhang herzustellen, indem er behauptet: Wenn wir uns von Russland unabhängig machen, schützen wir all die Menschen, denen wir als Volksvertreterinnen und Volksvertreter verpflichtet sind, nicht mehr. – Genau das Gegenteil ist der Fall. Deswegen ist schon der Titel Ihres Antrags Hohn und Spott für dieses Hohe Haus, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der AfD)
Wir können ja auch einfach mal in Ihr Wahlprogramm schauen.
(Karsten Hilse [AfD]: Nee! Sprechen Sie doch mal zum Antrag!)
– Nee, haben Sie auch nicht getan; das ist grundsätzlich eigentlich auch ein Fehler. – Ich zitiere mal aus Ihrem Wahlprogramm.
(Marc Bernhard [AfD]: Was sagen Sie den Menschen in Ostdeutschland? Was sagen Sie denen, die wegen Ihnen ihren Arbeitsplatz verlieren? Was sagen Sie denen?)
– Das scheint ja richtig auf Protest bei Ihnen zu stoßen, wenn man aus Ihrem Wahlprogramm zitieren möchte.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich lese mal daraus vor: „Wir lehnen es ab, dass sich die Bundesregierung zunehmend als Unternehmer versteht und betätigt.“ Das ist aber genau das, was Sie jetzt hier eingefordert haben. Sie müssen sich auch mal entscheiden, ob Sie jetzt den Weg gehen wollen, den Sie uns sonst immer vorschlagen – Sie beschweren sich, dass ich das jetzt hier vortrage, aber Sie haben es ja aufgeschrieben –, oder ob Sie den Weg gehen wollen, den Sie in der Aktuellen Stunde vorschlagen.
Wir können für die regierungstragenden Fraktionen sagen –
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Da gehören Sie nicht mehr lange dazu!)
und ich freue mich, dass sich auch die Union dieser Haltung angeschlossen hat –: In Europa wurde ein Angriffskrieg begonnen, und zwar von Russland. – Sie – und gerade auch Sie, Herr Kotré, der Sie hier heute gesprochen haben – sind regelmäßig nicht mal in der Lage, an diesem Pult hier festzustellen, dass Russland diesen Krieg begonnen hat.
(Steffen Kotré [AfD]: Das habe ich gesagt!)
Sie sind regelmäßig fünf, sechs Minuten an diesem Rednerpult, ohne einmal zu erwähnen, wer hier gerade Menschen in Europa abschlachtet. Und von Ihnen jetzt einen solchen Antrag zu bekommen, das ist der Gipfel der parlamentarischen Frechheit in dieser Legislaturperiode, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE] – Steffen Kotré [AfD]: Atmen nicht vergessen! – Karsten Hilse [AfD]: Ist Ihnen das nicht selber peinlich?)
Und dass Ihnen in Ihrer politischen Verwirrung Die Linke auch noch folgt, das finde ich wirklich bemerkenswert.
Dann sagen Sie, wir müssten ja in unserer Konsequenz auch aus Gas aussteigen. Ach was! Haben Sie mal auf die Tagesordnung für morgen geschaut? Da ist das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgeführt. Das haben wir in der letzten Woche eingebracht,
(Zuruf von der AfD: Das Gas!)
das werden wir in dieser Woche beschließen,
(Christian Görke [DIE LINKE]: Das ist ein Witz! – Zuruf von der AfD: Sehr witzig!)
das wird übermorgen im Bundesrat behandelt; es wird dann zum 1. Juni in Kraft treten.
Wissen Sie was? Das ist das schnellste Gesetz, das in dieser Legislaturperiode und wahrscheinlich in den ganzen letzten Jahren dieses Haus durchlaufen hat. Und was tun wir damit? Wir machen uns unabhängiger von russischem Gas,
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
weil wir dafür sorgen, dass in Deutschland und auch in Europa LNG-Importinfrastruktur geschaffen wird. Diese Infrastruktur wird benötigt, damit wir uns von russischem Gas unabhängig machen.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Wissen Sie, wie viel Gas wir damit ersetzen?)
Ob beim Öl, bei der Kohle oder beim Gas: Wir sorgen dafür, dass Wladimir Putin der Geldhahn aus Deutschland abgedreht wird, und in Ihrer Interessenlage ist genau das Gegenteil verhaftet. Dann machen Sie sich aber auch mitverantwortlich für all das, was dort passiert.
Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Für die AfD-Fraktion spricht Dr. Malte Kaufmann.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536487 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Kein Ölembargo - Schutz für Bürger und Unternehmen |