18.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 36 / Tagesordnungspunkt 7

Timon GremmelsSPD - Kein Ölembargo - Schutz für Bürger und Unternehmen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Kaufmann, ja, die SPD hat die letzten 24 Jahren mitregiert. Das ist auch gut so.

(Zuruf von der AfD: Na ja!)

Und was haben wir die letzten 24 Jahre gemacht? Wir haben dafür gesorgt, dass der Anteil erneuerbarer Energien in Deutschland bei fast 50 Prozent ist. Das ist unser Verdienst.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dass wir die erneuerbaren Energien so ausgebaut haben, insbesondere im Bereich des Stroms, sorgt dafür, dass die Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger heute deutlich geringer ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist doch die Wahrheit!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Und ich sage Ihnen: Ja, das Thema Embargo ist ein sehr kritisches,

(Zuruf von der AfD: Das muss man sagen!)

und da gibt es auch keine leichten Antworten. Und deswegen ist es gut, dass diese Bundesregierung auch ohne Ölembargo schon gehandelt hat. Seit Dezember letzten Jahres haben wir unseren Anteil an russischem Öl von 35 auf 12 Prozent gesenkt. Das haben wir ganz ohne Embargo geschafft, meine sehr verehrten Damen und Herren, und es ist auch der richtige Weg, es genau so zu machen;

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

das ist aus meiner Sicht in der Tat richtig.

Wir haben uns fast überall unabhängig machen können. Die Achillesferse ist Schwedt, die PCK Schwedt – das wissen wir alle –, wegen einer Besonderheit. Dort ist es so, dass die Firma Rosneft 90 Prozent Anteil hat, wir an der Ölpipeline Druschba hängen und das nicht einfach umstellbar ist, wie es in anderen Ölraffinerien in Deutschland der Fall ist. Das gehört doch auch zur Wahrheit dazu.

(Zuruf von der AfD: Dann lassen Sie es doch so!)

Deswegen wird es besonders schwer sein, diese letzten 12 Prozent zu kompensieren und umzustellen. Das ist eine Herausforderung. Deswegen sagen wir: Ja, das, was die EU-Kommission jetzt plant – nicht von heute auf morgen ein Ölembargo, sondern einen Weg aufzuzeigen, das innerhalb der nächsten sechs Monate hinzubekommen –, ist der richtige Weg; denn diese sechs Monate werden wir auch in Deutschland noch brauchen, um den Hafen in Rostock, die Pipeline auf den Weg zu bringen, zu ertüchtigen.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Dann ist der Krieg vorbei, hoffentlich!)

Es ist gerade angesprochen worden: In Danzig gibt es Gespräche auch mit der polnischen Regierung darüber, wie dort Schiffe anlanden können, wie das Öl dort dann über die Druschba-Pipeline, über Danzig Richtung Schwedt kommen kann. Genau das macht die Bundesregierung. Das ist auch der richtige Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da danke ich insbesondere Robert Habeck und Kanzler Olaf Scholz, der am Wochenende ja den Beschäftigten auch ein klares Signal gegeben hat: Wir werden das nicht auf Ihren Rücken ausfechten, sondern wir stehen solidarisch an der Seite der 1 200 Beschäftigten in Schwedt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der AfD: Stehen Sie nicht!)

Und natürlich ist eine Sanktion ein scharfes Schwert, weil zwei Drittel der Ölverkäufe den russischen Staatshaushalt finanzieren; bei Gas sind es nur 7 Prozent. Das heißt, das wird Putin am Ende des Tages spüren.

Aber in der Tat müssen wir aufpassen, was die Weltwirtschaft angeht, dass hier nicht die Energiekosten steigen. Und natürlich müssen wir auch aufpassen, dass das Öl, das nicht mehr nach Europa und Deutschland verkauft wird, dann nicht nach Indien und woandershin geht; es ist ja nicht weg. Also, die Herausforderungen, die wir haben, sind doch groß; sie sind nicht kleinzureden.

Aber deswegen müssen wir jetzt genau diesen Weg in Solidarität in Europa miteinander beschreiten, und deswegen auch mein Appell Richtung Ungarn, Richtung Slowakei, das gemeinschaftlich jetzt auf den Weg zu bringen

(Zuruf von der AfD: Das ist gescheitert!)

und uns hier nicht spalten zu lassen, weil sich dann doch Putin ins Fäustchen lacht.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Der lacht über die Rede!)

Deswegen müssen wir das gemeinschaftlich machen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in den nächsten Tagen auf europäischer Ebene da einen guten Kompromiss hinkriegen, der die energiepolitische Verantwortung und auch die Verantwortung für die Energiepreise in Europa und in Deutschland mit berücksichtigt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Michael Kruse [FDP])

Und ich sage Ihnen: Das, was jetzt in Schwedt passiert, wäre irgendwann auch ganz ohne ein Embargo passiert, nämlich die Umstellung. Denn wir haben uns doch in dieser Koalition verständigt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Das heißt, irgendwann wäre auch dort eine Umstellung, eine Transformation, nötig gewesen.

Die ziehen wir jetzt vor, und die muss auch finanziell ausgestattet werden. Da gibt es Zusagen von Herrn Habeck, dazu hat sich auch Olaf Scholz am Wochenende klar committed: Wir werden die Menschen dort nicht alleinlassen. Wir werden den Umbau, die Transformationsmaßnahmen in Schwedt, mit den Menschen gemeinschaftlich voranbringen. Es ist auch eine Chance, jetzt die dortige Erzeugung umzustellen, hin zu Basischemikalien, hin zu synthetischen Kraftstoffen auf der Basis von Grünem Wasserstoff. Das ist doch die Zukunft. Wir sorgen dafür, dass die Arbeitsplätze in Schwedt zukunftsfähig sind, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

und nicht rückwärtsgewandt. Wir machen das modern. Und ich sage Ihnen: Wir werden diese Transformation jetzt einfach noch ein Stück weit beschleunigen und sie auch finanziell abfedern und unterstützen.

Es liegt eine große Chance darin, weil wir die Raffinerie in Schwedt hin zu einer Zukunftsraffinerie transformieren können. Das ist die Aufgabe, die diese Bundesregierung wahrnimmt.

(Lachen bei der AfD)

Das ist eine große Herausforderung, das ist nicht einfach. Aber wir können das schaffen: mit den Beschäftigten, mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und ihren Familien in Schwedt und in der ganzen Region Brandenburg und in ganz Ostdeutschland.

(Zuruf von der AfD: Als Treuhand!)

Das ist unsere Aufgabe. Das ist eine Herausforderung. Aber wir gehen diesen beschwerlichen und schweren Weg, weil wir der Auffassung sind: Darin liegt eine Zukunft. Die erneuerbaren Energien sind die Zukunft, und dafür brauchen wir gut qualifizierte Beschäftigte auch aus dieser Region.

In diesem Sinne: Glück auf!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536489
Wahlperiode 20
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Kein Ölembargo - Schutz für Bürger und Unternehmen
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