19.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 37 / Tagesordnungspunkt 9

Gitta ConnemannCDU/CSU - Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. – Dieses Sprichwort ist alt, aber aktueller denn je, zu sehen an zwei Großprojekten vor den Toren Berlins: auf der einen Seite das Planungsdesaster Willy-Brandt-Flughafen – Baukosten: 7 Milliarden Euro statt 1 Milliarde Euro, Bauzeit: 14 statt 5 Jahre –, auf der anderen Seite das Planungsvorbild mit der Gigafactory von Tesla – Team Ehrgeiz, Baukosten wie geplant, Bauzeit: 2 Jahre. Das Zauberwort: vorläufiger Baubeginn. Ein Unternehmer, der konnte, eine Politik, die wollte! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Diese Ausnahme, die wir erlebt haben, muss für alle Großprojekte in Deutschland zur Regel werden, für Erneuerbare – ja –, aber eben auch für Autobahnen, für Breitband, privat oder staatlich; denn spätestens der Krieg in der Ukraine zeigt: Deutschland ist nur so stark wie seine eigene Infrastruktur. Aber Deutschland ist eben zu langsam, zu kompliziert, zu bürokratisch. Daran scheitern Investitionen, und Projekte ziehen sich hin wie unendliche Geschichten. Ich nenne als Stichworte nur: Stuttgart 21, Elbvertiefung Hamburg, Fehmarnbeltquerung, Friesenbrücke, Rheinbrücke Leverkusen. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Alle diese Projekte eint: Das Planungsrecht begünstigt derzeit nicht schnelles Bauen, sondern erleichtert Blockaden und verteuert die Projekte. Um Klagen abzuwehren, ist häufig der moderne Ablasshandel zurückgekehrt.

Die Bevölkerung schüttelt inzwischen nur noch den Kopf. Sie verliert den Glauben an die Lösungsfähigkeit der Politik; denn wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Beispiel gefällig? Die A 20 -

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

in Schleswig-Holstein seit 1960 geplant, wahrscheinlicher Abschluss: 2030; in Mecklenburg-Vorpommern in sieben Jahren umgesetzt. Möglich machte es das Investitionsmaßnahmengesetz von Helmut Kohl. Der Gesetzgeber trat an die Stelle der Planfeststellungsbehörde. Es geht also, wenn man will.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Keine Frage, dieses Thema gab es schon zu Zeiten der GroKo, aber es gab keine Einheit, weder hier im Bundestag noch mit dem Bundesrat. Aber in Zeiten des Krieges, von Versorgungslücken, Lieferengpässen, im Zeichen drohender Rezession und zu hoher Inflation können wir uns dies nicht mehr erlauben. Wir brauchen dieses Gemeinschaftsprojekt in diesem Haus mit den Ländern, mit den Kommunen.

Kollegin Connemann, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Menge?

Ja, natürlich. Sehr gerne.

Frau Kollegin Connemann, Sie haben gerade aufgelistet, was ich mit den alten Geistern der Verkehrspolitik meinte. Sie haben haufenweise Autobahnprojekte aufgelistet, die nicht nur umweltpolitisch hart umstritten sind, sondern bei denen es noch ganz andere Probleme gibt, was den baulichen Untergrund anbetrifft. Halten Sie es in der jetzigen Situation, was den Ressourcenverbrauch, den Flächenverbrauch und die Vernichtung von Mooren anbetrifft, wirklich für angemessen, diese Autobahnprojekte noch einzufordern?

Ich habe unter anderem von einer Autobahnbrücke gesprochen, deren Zustand dazu führt, dass der Schwerlastverkehr seit mehr als vier Jahren über riesige Umwege geführt werden muss, übrigens mit entsprechender Belastung der Umwelt durch CO2-Emissionen, Staus vorprogrammiert, was das gesamte Verkehrsnetz überfordert. Wollen Sie das wirklich gutheißen? Unsere Antwort lautet an dieser Stelle: Nein. Wir brauchen eine Beschleunigung, um auch solche Projekte schneller abschließen zu können, zum Wohle nicht nur der Bevölkerung, sondern auch von Klima und Umwelt. Nur weil Ihnen das nicht passt, können Sie das nicht ausblenden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir unterstützen auch die Planungsbeschleunigung für LNGs. Aber zeitgleich verschiebt die Ampel das Ziel für den Gigabitausbau und bremst insoweit den Ausbau des Netzes aus. Aber wir brauchen die Planungsbeschleunigung – für Leitungstrassen, für Bahntrassen, für Schifffahrtswege und eben auch für die Autobahnen. Wir haben dazu Vorschläge gemacht. Sie machen sich hierüber lustig. Aber wenn wir das gemeinsam schaffen wollen, brauchen wir Planungsverfahren, die wir per Gesetz durchführen können, Maßnahmengesetze und die Aussetzung der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung für manche Großprojekte. Dadurch werden Umweltschutzbelange übrigens nicht ausgesetzt, sie werden berücksichtigt. Aber die Verfahren werden nicht unendlich verzögert. Wir brauchen auch gesetzliche Stichtagsregelungen mit Standardfristen für Einsprüche. Wenn eine Behörde nicht reagiert, muss man nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Auch die Salamitaktik bei Einwänden in Planungsverfahren muss beendet werden. Das geht durch die Wiedereinführung der materiellen Präklusion.

Es gibt viele Vorschläge, die wir gemacht haben. Dem Grunde nach geht es aber um eine Kernfrage, nämlich die Frage, ob wir bereit sind, gemeinsam einen Mentalitätswechsel durchzuführen, der bedeutet: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. – Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen diesen Weg gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kollege Johannes Schätzl hat nun für die SPD das Wort.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536536
Wahlperiode 20
Sitzung 37
Tagesordnungspunkt Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren
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