19.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 37 / Tagesordnungspunkt 10

Fritz GüntzlerCDU/CSU - Viertes Corona-Steuerhilfegesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren, insbesondere auf den Zuschauerrängen! Sie nehmen Harmonie wahr; Herr Kollege Herbrand hatte das ja eingefordert. Ich kann vorab schon sagen – das wusste Kollege Herbrand schon nach den Beratungen im Ausschuss –, dass wir dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz zustimmen werden. Schließlich sehen wir dieses Steuerhilfegesetz natürlich auch in einer gewissen Tradition der letzten drei Corona-Steuerhilfegesetze, die wir noch in der Großen Koalition gemeinsam, meist auch mit der Zustimmung der FDP, beschlossen haben.

Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz enthält im Wesentlichen die gleichen Maßnahmen, sie werden nur entfristet oder fortgeschrieben. Wir bedauern aber, um etwas Wasser in den Wein zu gießen, dass es ein wenig spät kommt. Der Regierungsentwurf war erst von Februar 2022. Man muss sehen: Maßnahmen, die dieses Jahr komplett gelten sollen, werden im Bundesrat erst im Juni beschlossen werden. Es ist also ein halbes Jahr vorbei, bevor die Maßnahmen tatsächlich beschlossen werden. Sie haben vorhin von „Planungssicherheit“ gesprochen, die geschaffen werden solle. Damit wird es schwierig, wenn der Beschluss im Bundesrat erst am 10. Juni 2022 erfolgt.

Wir stimmen zu, wie ich gesagt habe, aber im Ergebnis hätte es auch ein wenig mehr sein können. Sie gehen den richtigen Weg, sind aber leider, wie so oft, auf halber Strecke stehen geblieben. Wir hatten es Ihnen dabei so leicht gemacht. Wir hatten einen Entschließungsantrag eingebracht, der 14 Punkte enthält, die Ihnen nicht ganz unbekannt vorkommen dürften, Herr Kollege Herbrand, die Sie hätten übernehmen können. Aber leider werden Sie heute gemeinsam als Ampelkoalition diesen Antrag wie schon im Ausschuss wohl ablehnen.

(Markus Herbrand [FDP]: Ganz genau!)

Unser gemeinsames Ziel ist: Wir wollen die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise, aber auch des Ukrainekrieges abfedern und so dazu beitragen, dass es Stabilisierung bei den Unternehmen gibt, aber auch Entlastung bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wir wollen auch die Eigenkapitalbasis bei Unternehmen wieder stärken, die in der schwierigen Zeit ihr Eigenkapital abschmelzen mussten; das war zum Glück vorhanden, sodass sie in der Krise Bestand hatten.

Um das Ganze aber vielleicht ein wenig weiter in Richtung Reformprojekt zu bringen – ich will gar nicht das böse Wort „Unternehmensteuerreform“ in den Mund nehmen –, wäre doch einiges mehr notwendig gewesen. Es ist schon spannend, was man von Bundesfinanzminister Lindner in dessen Broschüre „Finanzpolitik in der Zeitenwende“ lesen kann. Er schreibt, dass wir ein wettbewerbsfähiges Steuerrecht brauchen und dass die Belastung der Kapitalgesellschaften in Deutschland zu hoch ist. Da hat er recht. Aber ich frage in Richtung Bundesfinanzminister Lindner – die Staatssekretärin ist da, die kann das mitnehmen –: Wo bleiben Ihre Vorschläge? Also, wir würden schon erwarten, dass man nicht nur Papiere schreibt, sondern dass man auch handelt und Dinge hier ins Parlament einbringt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Markus Herbrand [FDP]: So wie bei der Unternehmensteuerreform in der letzten Legislaturperiode?)

Sie haben in diesem Corona-Steuerhilfegesetz natürlich wichtige Dinge angesprochen und adressiert. Ich glaube, ein Punkt ist, die Liquidität in den Unternehmen zu stärken; denn Liquidität ist mit das Wichtigste. Darum verstehen wir gut, dass Sie die Verlustverrechnung, den Verlustrücktrag auf zwei Jahre verlängert haben. Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Da geht noch mehr.

(Markus Herbrand [FDP]: Ja!)

Ich weiß, dass wir diese Diskussion in der Großen Koalition in der Vergangenheit geführt haben, und ich weiß auch – das geht in Richtung Grüne und FDP –, wie schwer es ist, mit diesem Koalitionspartner über Verlustverrechnung zu reden. Das Problem der Sozialdemokratie in Deutschland ist anscheinend, dass sie meint, Verlustverrechnung sei ein Steuergeschenk. Da muss man der SPD sagen: Da irrt sie komplett.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn das sind latente Steuerliquiditätsansprüche, Steuererstattungsansprüche von Unternehmen. Wenn Unternehmen Verluste und dann wieder Gewinne gemacht haben oder in der Vergangenheit Gewinne gemacht haben, dann bekommen sie Geld wieder, und sie würden bei einer besseren Verlustverrechnung ihr Geld schneller wiederbekommen. Von daher wäre es begrüßenswert gewesen, den Rücktrag auf drei Jahre oder sogar vier Jahre auszuweiten, wenn ich das hier als Hinweis der Grünen aufnehmen darf, weil der zweijährige Verlustrücktrag, der zum Glück dauerhaft kommt, in die Verlustjahre 2021 und 2022 geht. Also, von daher passt das nicht ganz.

Auch über die Höhe haben wir schon viel gestritten. Ich glaube, dass es unzureichend ist. Es ist nicht gut zu erklären, warum größere Unternehmen ihre Verluste nicht verrechnen dürfen, während kleinere Unternehmen bis 10 Millionen Euro das verrechnen können.

Ein weiterer Punkt ist der Verlustvortrag. Ich verstehe gar nicht, warum das Thema überhaupt nicht aufgegriffen worden ist. Es ist so in Deutschland: Wenn man Verluste gemacht hat, kann man die Gewinne der Zukunft nur teilweise verrechnen. Aber es ist doch eigentlich richtig, dass man Unternehmen, die aus der Krise herauskommen, die dann wieder Gewinne machen, die Möglichkeit gibt, das vollständig mit den Verlusten der Vergangenheit zu verrechnen. Das wäre, glaube ich, das richtige Signal gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Des Weiteren geht es um das Thema Abschreibungen. Herr Kollege Herbrand hat herausgestellt – das werden wir heute noch öfter hören –: Die degressive Abschreibung ist entfristet worden. Aber warum mussten Sie denn entfristen? Weil die Superabschreibungen, die Sie den Menschen in diesem Land im Koalitionsvertrag für das Jahr 2022 und 2023 versprochen haben, bis jetzt nur auf dem Papier da sind. Es gibt keinen Entwurf, es gibt keine Idee, es gibt nur zwei Zeilen im Koalitionsvertrag. Da muss ich sagen: Mit Verlaub, das ist ein bisschen wenig. Da müssen Sie sich nicht für die degressive Abschreibung loben lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und wenn Sie sie beschließen, wäre es sinnvoll, solche Verbesserungen von Abschreibungsbedingungen nicht mitten im Jahr, sondern rechtzeitig und mit Vorlauf zu beschließen, weil Investitionszyklen bei Unternehmen länger dauern. Es wäre richtiger gewesen, dann auch das Jahr 2023 einzubeziehen; denn Sie glauben selber nicht mehr daran, dass Ihre Superabschreibungen 2023 kommen werden. Von daher: Ein bisschen mehr Mut, nicht nur zu Fortschritt, sondern auch zu vernünftiger Steuerpolitik, wäre hier gut gewesen.

Weitere Dinge fehlen. Ich will nur das Thema der Verluste ansprechen, die in dieser Situation bei Unternehmen entstehen, die Beteiligungen in Russland haben. Dieses Thema ist überhaupt nicht adressiert; Sie haben es überhaupt nicht aufgenommen. Das bedaure ich sehr, denn da gibt es erhebliche Probleme. Durch die Sanktionen, durch Enteignung, durch Zerstörung haben deutsche Unternehmen, die Beteiligungen in Russland halten, erhebliche Probleme. Auch da wäre mehr nötig gewesen.

(Zuruf des Abg. Markus Herbrand [FDP])

Abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir stimmen zu; ich habe es gesagt. Es gab mehr Luft nach oben. Schade, dass Sie keinen unserer richtungsweisenden Vorschläge aus dem Entschließungsantrag übernommen haben. Aber Sie werden die Möglichkeit haben, das im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu tun. Dann werden Sie das als Ihren eigenen Erfolg verbuchen; aber ich werde immer darauf hinweisen, dass wir das schon vorher gefordert haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Parsa Marvi das Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536543
Wahlperiode 20
Sitzung 37
Tagesordnungspunkt Viertes Corona-Steuerhilfegesetz
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