19.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 37 / Zusatzpunkt 2

René SpringerAfD - Untersuchungsausschuss - Afghanistan 2001 - 2021

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Liebe Soldaten und Veteranen, die vielleicht zuschauen! Die Alternative für Deutschland hier im Deutschen Bundestag beantragt hier heute die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung des Einsatzes in Afghanistan, der 2001 von Rot-Grün begonnen wurde, von vier weiteren Bundesregierungen getragen wurde und 2021 in einem Desaster endete. Kein einziges Ziel wurde erreicht. Afghanistan wurde in ein Chaos gestürzt.

Was waren die Ziele der Bundesregierung? Das Hauptziel waren die Aufrechterhaltung der Sicherheit und die Schaffung einer sich selbst tragenden Stabilität. Fakt ist, dass die Anzahl der Terrortoten im Laufe der Zeit und unter Präsenz der westlichen Truppen Jahr für Jahr gestiegen ist. Im Jahr 2007 gab es beispielsweise 2 000 Terrortote, im Jahr 2009 8 600 Terrortote – eine Vervierfachung. 2016 war der Blutzoll der afghanischen Streitkräfte so groß, dass die afghanische Regierung und die US-Regierung beschlossen haben, die Zahlen nicht mehr zu veröffentlichen, und die Bundesregierung hat sich dieser Täuschungsstrategie angeschlossen. Insgesamt sind von 2001 bis 2021 212 000 Tote zu beklagen. Das ist das Ergebnis wertegeleiteter Außenpolitik, bei der der Werteexport und die Demokratisierung wichtiger waren als die Realität vor Ort, die kulturelle Identität der Afghanen und der Traditionen dieser Menschen. Wir waren in den Augen vieler Afghanen keine Befreier, wir waren Besatzer,

(Beifall bei der AfD)

ein westlicher Fremdkörper in einer archaischen Stammeskultur und damit selbst ein Faktor für die zunehmende Instabilität in diesem Land.

Ein weiteres Ziel der Bundesregierung war die Förderung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Frauenrechten. Ein wissenschaftliches Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages sagt jetzt: Einen funktionierenden Rechtsstaat hat es in Afghanistan in den Jahren 2001 bis 2021 nie gegeben. Afghanistan war spätestens seit 2010 de facto ein gescheiterter Staat. Die Taliban gewannen die Oberhand, damit auch Korruption, Drogenökonomie und Milizenwillkür. Doch die Bundesregierung verbreitete noch zehn weitere lange Jahre Durchhalteparolen und gaukelte der Öffentlichkeit eine Verbesserung der Lage vor, die es vor Ort nicht gab.

Und was ist mit den Frauenrechten? Heute ist die Burka – man liest es in den Zeitungen – wieder Pflicht für Frauen. Die Reisefreiheit von Frauen ohne männliche Begleitung wird begrenzt. Mädchen dürfen keine weiterführenden Schulen mehr besuchen. Das ist das Ergebnis feministischer Außenpolitik!

(Beifall bei der AfD – Gyde Jensen [FDP]: Quatsch!)

Die Bundesregierung hat das Ziel verfolgt, Drogenanbau in Afghanistan zu bekämpfen. Das Ziel, das ausgerufen wurde, war die Halbierung der Drogenanbauflächen. Tatsächlich ist die Opiumproduktion von 2001, dem letzten Jahr der Talibanherrschaft, bis 2021 um das 36-Fache gestiegen. 36-mal mehr Drogenproduktion, obwohl man den Kampf gegen Drogen ausgerufen hatte! Afghanistan ist heute der Hauptdrogenproduzent, der Hauptopiumproduzent weltweit und versorgt 24 Millionen Drogenkonsumenten, 80 Prozent aller Nutzer. 2021 war Afghanistan auch zweitgrößter Haschischproduzent der Welt. Kein Bürger versteht, wie man den Kampf gegen Drogen ausrufen kann, und dann entsteht dort ein Staat, der sich zum Global Player in der Drogenökonomie hocharbeitet. Kein Mensch versteht das!

(Beifall bei der AfD)

Ein weiteres Ziel der Bundesregierung war, afghanische Sicherheitskräfte zu befähigen, Sicherheit im eigenen Land zu gewährleisteten. 2003 lag die Zahl der afghanischen Streitkräfte bei 6 000, 2020 bei 272 000. Die Streitkräfte umfassten mehr Truppen und Polizisten als die Bundeswehr. Trotzdem konnten die Taliban nach dem Abzug der westlichen Truppen, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, Afghanistan zurückerobern. Ergebnisse von 20 Jahren Ausbildung, Ausrüstung, Finanzierung, Training sind binnen weniger Tage pulverisiert worden. Wie ist so etwas möglich?

Meine Damen und Herren, dieser Krieg hatte viele Verlierer, aber auch Gewinner. Die Verlierer sind die deutschen Steuerzahler, die über 17 Milliarden Euro bezahlt haben für diesen Einsatz. Die Verlierer sind über 100 000 deutsche Soldaten, die in diesem Einsatz sinnlos verheizt wurden. Die Verlierer sind 59 getötete deutsche Soldaten und Tausende mit einsatzbedingten psychischen Erkrankungen, die heute noch damit zu kämpfen haben. Und die Profiteure? Das ist die Rüstungsindustrie, die gute Geschäfte gemacht hat, vor allem aber sind es die Taliban, die heute fester im Sattel sitzen als noch 2001 und die extrem hochgerüstet sind durch unsere Ausstattung und durch unsere Ausbildung.

Es ergeben sich unendlich viele Fragen aus diesem 20-jährigen Einsatz; und diese Fragen wollen wir im Rahmen eines Untersuchungsausschusses klären. Wie konnten fünf Bundesregierungen sich selbst und die deutsche Öffentlichkeit zwei Jahrzehnte lang täuschen? Warum setzte die Bundesregierung auf korrupte Warlords und Kriegsverbrecher als Partner, die nur Interesse am eigenen Machtausbau hatten, aber nicht an Stabilität? Wie konnte es sein, dass die Opiumproduktion unter westlicher Präsenz stets höher lag als unter der Herrschaft der Taliban? Warum hat sich die Bundesregierung so lange geweigert, trotz der militärisch aussichtslosen Situation, mit den Taliban Gespräche zu führen, wie es der damalige SPD-Chef Kurt Beck 2007 gefordert hat und wie es letztlich von Trump, dem US-Präsidenten, auch getan wurde? Wie viel Steuergeld ist in den Händen korrupter Machteliten gelandet? Und vor allem: Wie konnte eine ganze Armee, die größer war als die Bundeswehr, innerhalb weniger Tage kollabieren? Diese Fragen müssen aus unserer Sicht geklärt werden.

Damit komme ich zum Schluss. Die Aufarbeitung von 20 Jahren Afghanistan-Einsatz wird verwundete und traumatisierte Soldaten nicht heilen. Sie wird auch keinen der 3 getöteten Polizisten und der 59 getöteten Soldaten zurückholen. Aber wir sind es ihnen und ihren Angehörigen schuldig, das Desaster, die falschen Entscheidungen, die leeren Versprechungen, die Täuschungen, die Lügen schonungslos aufzuklären.

(Beifall bei der AfD)

Wir wollen und wir müssen die politisch Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Das ist das Ziel, das wir mit diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu Afghanistan verfolgen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Springer. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Dr. Ralf Stegner, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der AfD: Dann können Sie noch einmal die Rede vom letzten Mal nehmen!)

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Electoral Period 20
Session 37
Agenda Item Untersuchungsausschuss - Afghanistan 2001 - 2021
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