Jens PeickSPD - Änderung des SGB II
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Mit diesem Gesetz beschließen wir heute den Einstieg in den Umbau unseres Sozialstaates. Es ist der größte Umbau seit Hartz IV. Das ist vollkommen richtig; denn wir wollen einen anderen Sozialstaat, und wir wollen einen besseren Sozialstaat,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
weil wir wissen, dass unser Land mehr dazu beitragen kann, arbeitsuchende Menschen zu unterstützen, als wir es gerade tun. Die Zeiten ändern sich, und wir passen unsere Politik veränderten Bedingungen an.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: So ist das!)
Dieser Staat wird Menschen, die arbeitslos werden und Hilfe benötigen, auf Augenhöhe begegnen, und dazu gehört, dass wir Sanktionen grundsätzlich kritisch überprüfen und neu ordnen werden. Deswegen ist es auch richtig, dass wir heute dieses Sanktionsmoratorium beschließen, weil es bei den Menschen Vertrauen in diese neue Ordnung schafft und zeigt, dass wir das Problem angehen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Genau darum geht es im Kern. Wer 10, 20, 30 oder 40 Jahre hart gearbeitet hat und dann, aus welchen Gründen auch immer, arbeitslos wird, braucht ein Sozialsystem, auf das er sich verlassen kann. Deswegen geht es um nicht weniger – das wurde heute schon gesagt – als einen Kulturwandel. Wer ins Jobcenter geht, der soll und darf sich dafür nicht schämen, sich in dieser Lage zu befinden. Aber wir wissen doch heutzutage auch: Bei Menschen im Arbeitslosengeld-II-Bezug schlafen oft die Kontakte zu Familie und Freunden ein, weil man nicht darüber reden will, wenn man gerade wegen eines Fehlers sanktioniert wurde, während andere von einer Beförderung oder einer Weiterbildung erzählen.
Deshalb haben wir nach diesem Einstieg mit dem Bürgergeld viele weitere Änderungen geplant: die Abschaffung des Vermittlungsvorrangs, längere Übergangsfristen für die Prüfung der Angemessenheit der Wohnung, des Vermögens, ein höheres Schonvermögen. Wir werden eine andere Kultur entwickeln mit dem Ziel, dass sich niemand dafür schämen muss, Hilfe zu beanspruchen, wenn er sie benötigt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir wollen, dass die Jobcenter als das wahrgenommen werden, was sie sind: Einrichtungen, die den Menschen in einer der schwersten Phasen ihres Lebens helfen.
Deswegen sage ich an dieser Stelle auch ganz klar – eingehend auf das, was hier heute auch gesagt wurde –: Das ist nicht nur eine Botschaft an all diejenigen, die gerade Leistungen beziehen. Das ist auch eine Botschaft an alle hart arbeitenden Menschen in diesem Land: Wenn ihr arbeitslos werden solltet und Hilfe braucht, dann sind wir für euch da – dieser Staat ist für euch da.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir geben euch auch die Zeit, mit dieser schweren und neuen Situation zurechtzukommen und schnell wieder Arbeit zu finden.
Diese Unterstützung drückt sich auch darin aus, dass wir auf Sanktionen verzichten. Was ist denn gerade in dieser Gesellschaft los? Wir reden immer von Transformationen. Das sind große Veränderungen und Umbrüche: die Transformation der Wirtschaft zur Bekämpfung des Klimawandels, die Digitalisierung. Aber das sorgt auch bei Menschen für Verunsicherung; denn für die meisten Menschen – wenn wir von Veränderung reden – bedeutet das nicht, dass man mal eben ein cooles, hippes Start-up gründet, sondern Veränderung und Wandel ist immer auch mit der Sorge um den Arbeitsplatz verbunden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen ist die Behauptung der Union falsch, dass wir die Gesellschaft spalten würden. Wir tun genau das Gegenteil. Wir spielen nicht die arbeitenden gegen die arbeitsuchenden Menschen aus.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dieses Wording wird deswegen auch nicht verfangen. Wir geben auch arbeitenden Menschen Sicherheit. Wer unverschuldet arbeitslos wird, trifft zukünftig auf einen Sozialstaat, der ihn noch stärker unterstützt als bisher. Genau dafür haben wir einen Regierungsauftrag erhalten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Eine persönliche Anmerkung zum Schluss; Kollegin Klose hat das in ihrer Rede schon erwähnt, aber weil das öfter von der Union kommt und vielleicht heute auch noch einmal kommt.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Es ist ja schön, was Sie alles wissen, was wir schon sagen!)
– Ja, weil ich Ihnen ja sonst zuhöre. Wir haben diese Debatte am Freitag schon in der ersten Lesung geführt.
(Beifall bei der SPD)
Da haben Sie zum Beispiel auch gesagt, dass wir die Arbeit der Menschen in den Jobcentern nicht wertschätzen würden. Ich habe bis zuletzt in der Kommunalverwaltung gearbeitet und war selbst Arbeitsvermittler. Ich sage Ihnen eines: Wir wissen sehr wohl, dass dort gute und engagierte Arbeit geleistet wird, aber natürlich immer im Rahmen der Gesetze, die wir hier machen und setzen. Ich weiß von ganz vielen Kolleginnen und Kollegen, dass sie sich andere Gesetze wünschen würden, und dafür werden wir sorgen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Peick. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Ottilie Klein, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536613 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 37 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des SGB II |