19.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 37 / Tagesordnungspunkt 13

Peter AumerCDU/CSU - Änderung des SGB II

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus reiner Ideologie, ohne Notwendigkeit schaffen Sie, die Ampelkoalition, einen wesentlichen Grundsatz der deutschen Sozialpolitik ab: „Fordern und Fördern“.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen! Den Gesetzentwurf lesen!)

– Ich habe Ihren Gesetzentwurf dabei; der ist so schmal, Frau Müller-Gemmeke, dass es da nicht viel zu lesen gibt. Das können Sie zehnmal in die Welt setzen. Da gibt es nicht viel zu lesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie stellen mit der Entscheidung heute eine wesentliche Grundlage unserer sozialen Marktwirtschaft und, damit verknüpft, des Sozialstaates in Deutschland infrage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Denn soziale Sicherheit – das können auch die Linken lernen – bedeutet nach Ludwig Erhard, aus eigener Kraft, aus eigener Leistung und aus eigenem Streben in die – –

(Zuruf des Abg. Ates Gürpinar [DIE LINKE])

Das ist einfach die Grundlage unseres Sozialstaates in Deutschland in den letzten Jahrzehnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist auch der Duktus des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Ich zitiere, Frau Müller-Gemmeke, zwei Punkte aus dem Urteil:

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe auch zitiert! Manchmal ist es nicht nur Schwarz und Weiß!)

Der Gesetzgeber verfolgt mit den Mitwirkungspflichten „legitime Ziele“; denn sie sollen „Menschen wieder in Arbeit“ bringen. – Sie haben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zitiert, ich tue es auch.

Der zweite Punkt aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist: Legitime Pflichten „mit Sanktionen durchzusetzen, ist verfassungsrechtlich … nicht zu beanstanden“.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das haben Sie in Ihrem Zitat anders dargestellt; das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wichtig.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist nicht nur Schwarz und Weiß!)

Herr Teutrine, auch wenn Sie jetzt in epischer Breite versucht haben, etwas darzustellen: Ich habe keinen Ansatz der FDP entdeckt, wie Ihre Antwort auf das Bürgergeld der Zukunft lautet. Wir sagen: Wir wollen eine Politik der Befähigung. Wir wollen, dass die Menschen ihre Potenziale nutzen können und dementsprechend auch wieder in den Arbeitsmarkt geführt werden.

Was mich in der ganzen Debatte wundert: Wenn man auf die drei Ampelkoalitionäre schaut, dann wird das Bürgergeld aus drei verschiedenen Perspektiven gesehen. Die FDP möchte Hartz IV reformieren, die SPD möchte Hartz IV überwinden, und bei den Grünen weiß man nicht so genau, wie der Hartz‑IV-Ansatz gesehen wird.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie mir gerade zugehört?)

Das wird sicherlich eine spannende Diskussion in den nächsten Wochen und Monaten. Ich freue mich darauf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist selbstverständlich auch in dieser Debatte wichtig, dass wir einen Blick auf die Lebenssituation der betroffenen Menschen richten. Auch das Bundesverfassungsgericht sagt, dass es wichtig ist, in konkrete Einzelfälle zu gehen und außergewöhnliche Härten anzuschauen. Die BA sagt ganz klar, dass man Sanktionen bei psychischen Problemen und vielen anderen Dingen nicht aussprechen darf. Das, meine Damen und Herren, haben Sie hier auch verschwiegen.

Herr Kollege Aumer, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Bsirske?

Ja, gerne.

Das verlängert Ihre Redezeit auch deutlich; das kann ich Ihnen sicher sagen.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Okay, dann ist es gut.

Wir haben mit Blick auf das Bürgergeld, das wir entwickeln wollen, deutlich gemacht, dass es Eckpunkte braucht für die Neu- und Ausgestaltung der Leistungsminderungssituation, also der Ausgestaltung der Sanktionspraxis. Meine Frage: Warum meinen Sie, es nicht nötig zu haben, zuzuhören?

Also, ich weiß jetzt nicht, was Sie mit der Frage wollen. Ich habe in der Debatte sehr genau zugehört. Ich habe aber keine einheitliche Meinung gefunden. Die FDP sagt: Wir brauchen weiterhin Sanktionen. Sie sagen: Wir können die Sanktionen überwinden. – Wenn man alles so macht, wie Sie sich das vorstellen – –

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er gerade gesagt! Er hat gesagt, dass es nur andere Formen der Sanktionen geben wird!)

– Sie haben gerade gesagt: Vielleicht brauchen wir gar keine Sanktionen. – Ich habe sehr genau in der Debatte aufgepasst.

Darf ich vielleicht darauf hinweisen, dass es nur eine Diskussion zwischen dem Fragesteller und dem Antwortenden gibt und nicht eine allgemeine?

Das macht es, glaube ich, grundsätzlich schwierig, wenn Sie in dieser Koalition keine einheitliche Antwort geben. Wo wollen die Menschen dann das Vertrauen hernehmen? Wir wollen, dass die Menschen in Arbeit kommen. Das ist unser Punkt; das haben die Kollegen vorher auch besprochen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn Arbeit befähigt die Menschen, für gutes Geld ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist sicherlich ein ganz wesentlicher Punkt.

Was mich in der Debatte ärgert – das hat mich gestern schon bei Ihnen geärgert, Herr Heil –, ist, wenn Sie sagen, wir würden Menschen gegeneinander ausspielen. Das machen wir nicht.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, das tun Sie!)

– Sie denken so, wenn Sie das sagen. Ja, da können Sie jetzt abwinken. Aber es ist so. – Wir wollen, dass Menschen gute Arbeit haben – das sollte unser gemeinsames Ziel sein –, und wir wollen denen mit befähigenden Maßnahmen helfen, die es nicht aus eigener Kraft schaffen. Da spielen wir keine Menschen gegeneinander aus; das macht keiner bei uns.

Herr Kollege, jetzt müssen Sie zum Schluss kommen.

Wir wollen eine Sozialpolitik, die angemessen ist. Ich habe noch einen Artikel dabei, aber leider ist meine Zeit abgelaufen; Herr Präsident, ich sehe es.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Die Mitarbeiter der Bundesagentur sagen: Das ist eine Katastrophe. – Ich glaube, daran sollten Sie arbeiten. Sie sollen einmal bitte in die Praxis gehen und mit den Menschen reden.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das machen wir alles!)

Dann sehen Sie, was Sie mit Ihrer Entscheidung heute anrichten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Kollegin Glöckner, bevor Sie dran sind, hat mich die FDP-Fraktion um eine Kurzintervention gebeten. Wer möchte Sie halten? – Der Kollege Teutrine.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536616
Wahlperiode 20
Sitzung 37
Tagesordnungspunkt Änderung des SGB II
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