19.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 37 / Tagesordnungspunkt 14

Rita Hagl-KehlSPD - Ukrainehilfe, Nahrungsmittelversorgung weltweit

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Putin führt einen Krieg in Europa und verstößt damit nicht nur gegen das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine, sondern er setzt auch Hunger gezielt als Waffe ein und trifft damit die Ärmsten dieser Welt.

Das Welternährungsprogramm schätzt die erhöhte Zahl der Hungernden auf circa 47 Millionen Menschen. Der Antrag der CDU/CSU versucht, das aufzugreifen. Sie fordern unter anderem Maßnahmen im Bereich der Entwicklungshilfe. Ein entsprechendes Sofortprogramm ist bereits auf den Weg gebracht. Sie kommen damit also etwas zu spät. Wir haben ja heute auch die Parlamentarische Staatssekretärin aus dem BMZ hier sitzen; sie kann Ihnen das alles noch mal erklären.

Ich versuche es jetzt auch: Auf dem G-7-Treffen, das gestern gestartet ist, soll der Startschuss für ein Bündnis für globale Ernährungssicherheit gegeben werden. Außerdem hat die Bundesregierung bereits ein 430-Millionen-Euro-Sofortpaket geschnürt, unter anderem mit dem Aufbau sozialer Sicherungssysteme, mit Basisdienstleistungen im Bereich Gesundheit und Bildung, Wasserversorgung, Förderung klimaangepasster Landwirtschaft und Ernährungssicherung am Horn von Afrika. Damit verfolgen wir ein Ziel, nämlich nicht dass Deutschland die Welt ernähren muss, sondern dass wir die Welt befähigen, sich selbst zu ernähren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

In dieses Konzept passt auch die Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“, ausgestattet mit 150 Millionen Euro; damit werden zum Beispiel die Bereitstellung von Betriebsmitteln wie Saatgut und Dünger und die Beratung von Landwirtinnen und Landwirten gefördert. Das Kabinett hat außerdem am 27. April beschlossen, zusätzliche Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in Höhe von 1 Milliarde Euro zu bewilligen. Das Parlament berät gerade darüber.

(Zuruf von der CDU/CSU: Zuerst wurde es gekürzt!)

Aber lassen Sie mich noch auf ein paar Punkte Ihres Antrags eingehen, die Herr Stier gerade so ausführlich erklärt hat, zum Beispiel auf Punkt 13: mehr Pflanzenschutzmittel auf ökologischen Vorrangflächen. Sie glauben anscheinend, die Landwirte wollen das. Dazu nur ein Beispiel: Ich kenne eine ostbayerische Molkerei, die sehr gut exportiert, zum Beispiel einen tollen Mozzarella, und ihren Milchbauern den Einsatz von Glyphosat vor Jahren verboten hat. Vor vier Wochen wurde beschlossen, den Einsatz wieder zu erlauben. Was glauben Sie, was passiert ist? Das führte zu einem Aufschrei unserer Milchbauern und ‑bäuerinnen. Die wollen Glyphosat nicht mehr verwenden. Sie verstehen, welche Motivation hinter dem Vorschlag steckt, nämlich den Milchpreis wieder zu senken. Gleichzeitig kostet Glyphosat zusätzlich Geld, so entstehen Anschaffungskosten.

(Zuruf des Abg. Steffen Bilger [CDU/CSU])

Hinzu kommt: Es geht hauptsächlich um Grünland. Der Einsatz von Glyphosat macht also gar keinen Sinn.

In Punkt 18 Ihres Antrags wird – das hat auch Herr Stier genannt – auf moderne Züchtungsmethoden verwiesen. Nennen Sie das Kind doch beim Namen! Es geht um Gentechnik. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland wollen keine Gentechnik. Auch unsere Landwirte lehnen das ab.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Punkt 20: Ausweitung der sozialversicherungsfreien Beschäftigung für Saisonarbeitskräfte. Damit kommen Sie jedes Jahr an. Die letzten zwei Jahre war Corona der Grund. Jetzt lautet der Grund: Sonst können die Ernten von Obst, Gemüse und Sonderkulturen nicht eingebracht werden. – Also, Sie wollen mir ernsthaft erklären: Wenn die Saisonarbeitskräfte nach 70 Tagen sozialversicherungspflichtig werden, dann kann man von der Ernte nichts mehr einbringen. – Sie unterstellen den Landwirten, sie hätten zu viel angebaut und dann könne es nicht mehr eingebracht werden. Jedes Jahr kommt eine neue, fadenscheinige Begründung.

Punkt 21 Ihres Antrags. Für Strecken bis 150 Kilometer sollen jetzt Fahrten mit einem Gesamtgewicht von 44 Tonnen erlaubt sein. Dass man sehr viel Diesel braucht, um 44 Tonnen zu bewegen, das weiß ich aus der eigenen Familie, und der Diesel ist ja gerade auch so günstig. Das heißt höhere Energiekosten für die Landwirtinnen und Landwirte. – Dafür haben Sie unter Punkt 22 dann die Lösung: Sie fordern finanzielle Entlastung mit Blick auf die Verteuerung. Dass man damit auch den CO2-Ausstoß fördert, ist Ihnen eigentlich ganz egal. Wir heizen den Klimawandel damit noch einmal an. Nachdem die Erde leider keine Scheibe ist, sondern eine Kugel, trifft das wieder die Ärmsten der Armen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit haben Sie das Ziel, das wir alle zusammen eigentlich verfolgen müssten, nämlich die globale Ernährungssicherheit mit Klimaschutz und Biodiversität unter einen Hut zu bringen, total verfehlt. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Frank Rinck, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536625
Wahlperiode 20
Sitzung 37
Tagesordnungspunkt Ukrainehilfe, Nahrungsmittelversorgung weltweit
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta