19.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 37 / Tagesordnungspunkt 18

Alexander RadwanCDU/CSU - Souveränität Deutschlands innerhalb der EU

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Titel des Antrags geht es um die Konferenz zur Zukunft Europas, über die sich Herr Kleinwächter so echauffiert hat. Das ist aber nur für seine Aufzeichnungen, die für ihn wichtig sind.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Nur kein Neid!)

– Auf was soll man denn da neidisch sein?

Letztendlich muss man da weitermachen, wo der Kollege Schäfer aufgehört hat. Worum geht es Ihnen? In Ihrem Wahlprogramm steht: Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. – Ihnen geht es gar nicht um die Zukunft Europas, und wie die Konferenz abgelaufen ist, ist Ihnen doch völlig wurscht.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Herrje!)

Ihr Ziel ist der Nationalismus in Europa.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Kleinwächter, Sie haben im Januar, als absehbar war, was in der Ukraine passieren würde, hier gesagt:

Europas Zukunft wird nur dann blühend sein, wenn diese Europäische Union keine Zukunft hat.

Da wollen Sie hin. Sie wollen in den Nationalismus Ihrer politischen Vorbilder zurück.

(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Sie wollen in die Zeit zurück, die Europa in Schutt und Asche gelegt hat. Sie wollen in die Zeit zurück, wo die Völker Europas aufeinander losgegangen sind. Das ist Ihre Politik, und nichts anderes. Und das müssen wir den Leuten sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

Sie machen ja nur Riesenklamauk hier. Darum werde ich jetzt auf das, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben – das meinen Sie ja selber gar nicht ernst, was da steht –, auch gar nicht eingehen.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Doch, das meine ich sehr ernst!)

Meine Damen und Herren, das ist nach der Regierungserklärung die zweite europapolitische Debatte, die wir heute haben. In diesen Tagen, wo wir wieder Krieg in Europa haben, geht es nun darum, wie es mit der Europäischen Union weitergeht. Ich hätte eigentlich vom Herrn Bundeskanzler heute Vormittag erwartet, dass er ein paar mehr Antworten gibt zu den drängenden Fragen, die wir gerade haben. Die ist er leider schuldig geblieben. Ich hatte das Gefühl, dass die Zeitenwende jetzt nach 81 Tagen beendet ist.

(Marianne Schieder [SPD]: Nein, nein, das müssen Sie nicht!)

Das wäre sehr, sehr schade.

Wir haben auf der einen Seite die Erweiterung. Da haben wir die sechs Staaten auf dem Westbalkan und die drei Staaten Ukraine, Georgien, Moldawien. Aber das, was heute hängen geblieben ist – ich habe mir das vorhin in den Nachrichten angeschaut –, war die deutsche Absage an eine Mitgliedschaft. Meine Damen und Herren, was wir nicht brauchen, ist ein Fast Track, ein schneller Beitritt. Was wir aber brauchen, ist, dass diese Staaten zukünftig im Kreise der Demokratien – dort, wo Staaten Menschenrechte haben, wo der Frieden herrscht – ein Stück weit eine Perspektive bekommen. Da müssen wir über Modelle nachdenken, die wir gemeinsam entwickeln. Die Antwort darauf ist der Kanzler heute schuldig geblieben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen möglicherweise auch eine Antwort für die Türkei oder vielleicht auch für die Rückkehr Großbritanniens, wenn man dort sagt: Ein Weniger von dem, was wir hatten, ist auch eine Perspektive.

Auf der anderen Seite – das hat Macron angesprochen, und auch darauf fehlt eine Antwort – geht es um die Handlungsfähigkeit Europas. Scholz hat heute zwar die deutsch-französische Partnerschaft angesprochen, und zwar sehr positiv; ich hatte allerdings nicht das Gefühl, dass es eine eigene deutsche Position daneben gab. Die Struktur der Europäischen Union in der jetzigen Form ist schon mit den 27 Staaten überfordert. Wir merken das bei den Sanktionen, und wir merken das beim Thema Flüchtlinge, wo alleine ein Staat auf der Bremserrolle stehen kann. Wir brauchen – das war Inhalt des Schäuble-Lamers-Papiers – ein Europa der konzentrischen Kreise, wonach Staaten, die der Meinung sind, ein Stück weiter voranschreiten zu wollen, diese Möglichkeit auch bekommen und nicht vom Langsamsten im Bunde gebremst werden. Wenn das, was an Erweiterung vor der Tür steht, tatsächlich kommt, reden wir nicht von 27 Staaten, sondern von 36 Staaten. Dafür ist die Europäische Union nicht strukturiert. Dafür brauchen wir eine entsprechend veränderte Basis, um sie handlungsfähig zu machen.

Ein dritter Punkt: Europa ist die Antwort auf die globalen Herausforderungen. Wir erleben gerade in der Ukrainekrise, in dem Krieg, den wir jetzt haben: Ohne Amerika wäre Europa überfordert. Wir brauchen hier eine gemeinsame Stoßrichtung, eine gemeinsame Antwort, damit wir selber für die Sicherheit auf dem europäischen Kontinent sorgen können, damit wir im Welthandel diversifizieren können. Es wäre schön, wenn man schon auf der einen Seite mit Katar verhandelt, dann auf der anderen Seite endlich auch mit CETA vorankommen zu können. Wir wissen: Die internationalen Herausforderungen betreffend Klima, Energie, Technologie und Innovation der Wirtschaft können wir nur europäisch beantworten. Das sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen. Dafür brauchen wir eine europäische Antwort – im Gegensatz zur AfD, die keine Europäische Union will, die den Kontinent in die Bedeutungslosigkeit führen würde, bis wieder hinein in den Krieg. Wir brauchen aber einen Kanzler, der auf europäischer Ebene führt, eine entsprechende Perspektive gibt und dafür sorgt, dass diese Europäische Union sich zeitnah gut entwickelt.

Besten Dank für die Möglichkeit, das aufgrund dieses Antrages einmal sagen zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort geht an Dr. Anton Hofreiter für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536682
Wahlperiode 20
Sitzung 37
Tagesordnungspunkt Souveränität Deutschlands innerhalb der EU
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