Tilman KubanCDU/CSU - Souveränität Deutschlands innerhalb der EU
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass sich ausgerechnet die AfD Sorgen um die Transparenz in politischen Prozessen macht, hat mich ehrlicherweise überrascht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Ausgerechnet eine Partei, die die Zivilbevölkerung und die freie Presse gerne regelmäßig von ihren Parteitagen ausschließt, möchte uns eine Nachhilfestunde in Demokratie geben. Das kann man sich nicht ausdenken, das muss man live erleben.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Dass Sie als Partei von gestern, die im Gestern lebt, im Gestern denkt und Meinungen von gestern vertritt, nichts mit einer Zukunftskonferenz anfangen kann, hat mich durchaus nicht überrascht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Fabian Jacobi [AfD]: Phrasen! Phrasen! Phrasen!)
Allerdings, Herr Kollege Ulrich, spielten Sie sich ja gerade noch als Verfechter des großen europäischen Parlamentarismus auf. Ich möchte Sie kurz erinnern, dass es doch Ihre Parteifreunde gewesen sind, die damals im Europäischen Parlament verhindert haben, dass der Wahlsieger Manfred Weber Präsident der Europäischen Kommission wird. Das Europäische Parlament hat sich an diesem Tage selbst besiegt. Das war kein Ruhmesblatt für die europäische Parteiendemokratie.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Weil es in dieser Debatte relativ wenig um die Zukunft Europas ging, will ich zum Abschluss gerne noch zwei, drei Punkte nennen, wie für mich die Zukunft Europas aussieht.
Seit dem 24. Februar ist unsere Welt eine andere. Spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist für uns alle klar: Auch Europa muss sich im Kampf der Systeme zwischen Demokratie und Diktatur verändern, um zu bestehen. Dabei darf sich Europa nicht länger mit dem Klein-Klein beschäftigen. Vielmehr muss unser Motto lauten: „Make Europe bigger on big things and smaller on small things“; denn nur wenn wir uns in den nächsten Jahren weniger um Dämmstoffverordnungen und viel mehr um geopolitische Einflusssphären kümmern, wird sich die weitreichende Frage „Sind wir Spielball zwischen den Mächten oder selbstbewusster Akteur auf dem Spielfeld?“ am Ende zu unseren Gunsten entscheiden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ein klarer Spielfeldplayer sein sollten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: Auf dem Spielfeld der EU! – Mike Moncsek [AfD]: Sie sind Auswechselspieler!)
Ich glaube auch, dass die Europäische Union größer werden muss,
(Mike Moncsek [AfD]: Ui! Noch größer!)
dass wir den Staaten des westlichen Balkans, Moldau, den Georgiern, aber eben auch der Ukraine einen Kandidatenstatus und eine Beitrittsperspektive aufzeigen sollten. Gerade für die Ukrainer gilt, dass wir den tapferen Soldatinnen und Soldaten, den tapferen Kämpfern vor Ort, genauso wie den Menschen, die zu uns geflüchtet sind, das klare Signal senden: Wir werden dieses Land wieder aufbauen, und wir wollen, dass die Ukraine in Zukunft ein freier, ein unabhängiger, ein europäischer Staat ist. Deswegen haben sie eine Zukunft in der Europäischen Union verdient.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Dafür braucht es am Ende Reformen innerhalb der Europäischen Union, um klarzumachen, dass wir im Zweifel unterschiedliche Stufen der EU-Integration mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten haben.
Zum Abschluss möchte ich gerne noch auf die Geowirtschaftspolitik eingehen; denn ausgerechnet die Exportnation Deutschland ist zum Bremser des freien Welthandels geworden. Während wir uns noch als starke Industrie- und Handelsmacht feiern, sind es längst andere, die die Standards setzen, weil wir diejenigen sind, die Angst vor einem Chlorhühnchen gehabt haben und deswegen nicht mit dem transatlantischen Freihandelsabkommen die größte Weltwirtschaftszone geschaffen haben. Stattdessen sind uns die Chinesen mit dem pazifischen Freihandelsabkommen zuvorgekommen. Deswegen sage ich Ihnen auch mit Blick auf die Zukunft: Lassen Sie uns einen neuen Vorstoß wagen. Lassen Sie uns einen Vorstoß für ein Freihandelsabkommen mit den Demokratien der Welt wagen, das auch ein Angebot an die Staaten in Afrika und die Staaten in Lateinamerika ist. Unsere Blaupause dafür wäre das CETA-Abkommen mit dem liberalen und diversen Kanada. Das liegt zur Ratifizierung vor. Das sollten wir gemeinsam nutzen und gemeinsam den Blick nach vorne richten.
Das wären Themen gewesen, über die man heute hätte diskutieren können. Sie haben uns einen Antrag vorgelegt, der das Papier, auf dem er steht, nicht wert ist. Wir brauchen diese Debatten im Parlament, aber nicht Ihre wilden Verschwörungstheorien.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536688 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 37 |
Tagesordnungspunkt | Souveränität Deutschlands innerhalb der EU |