20.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 38 / Tagesordnungspunkt 26

Johann WadephulCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/CSU-Fraktion unterstützt dieses Mandat – wie in der Vergangenheit, so auch jetzt. Wir haben eine Verantwortung für diese Region, die geschunden ist, die unter Überbevölkerung, Unterernährung, Terrorismus leidet. Europa und Deutschland haben eine Verantwortung für die Sahelregion. Diese nehmen wir wahr. Deswegen unterstützt die CDU/CSU-Fraktion den Antrag der Bundesregierung und wird heute zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir unterstützen damit auch die Vereinten Nationen. In dieser weltpolitischen Lage – wir diskutieren in den Ausschüssen und natürlich auch hier im Plenum des Deutschen Bundestages über viele andere Regionen der Welt – müsste man die Vereinten Nationen geradezu erfinden, wenn es sie nicht schon gäbe. Deswegen ist jeder Einsatz, den wir gerade im Rahmen der Vereinten Nationen machen, ein besonders wertvoller.

Es ist jeden Einsatz Deutschlands wert, die Vereinten Nationen zu stärken. Es gibt genug Nationen, die die Vereinten Nationen schwächen wollen, sie unterminieren wollen, die eine eigene Regelordnung aufsetzen wollen. Das ist nicht unsere Politik. Wir sind der internationalen, regelbasierten Ordnung verpflichtet. Dieser Einsatz manifestiert das, und deswegen ist es gut, wenn es eine breite Mehrheit im Deutschen Bundestag dafür gibt, diesen Einsatz in Mali und in der Sahelzone fortzusetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich habe dennoch einige Anmerkungen zum Verfahren und zum Inhalt unseres Engagements für die Zukunft.

Das eine betrifft das Verfahren; das möchte ich den Kolleginnen und Kollegen – Frau Haßelmann, wir haben einige Zeit im 1. Ausschuss zusammengearbeitet – schon noch mal in aller Ernsthaftigkeit sagen. Den Mandatstext haben wir zwei Stunden vor der ersten Lesung bekommen. Wir waren in den Arbeitsgruppen unserer gesamten Fraktion nicht in der Lage, vor der Beratung des Ausschusses darüber zu informieren, wie dieses Mandat unter welchen Umständen fortgeführt werden sollte. Sie alle wissen, dass die Ausschussdebatte entscheidend dafür ist, dass wir alle Fraktionskolleginnen und ‑kollegen darüber unterrichten, unter welchen obwaltenden Umständen die Bundesregierung gedenkt den Einsatz fortzusetzen. Das Bundestagsbeteiligungsgesetz ist kein Bundestagskenntnisgabegesetz.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: So ist es!)

Wir erwarten von der Koalition in Zukunft einen anderen Umgang mit dem Parlament in toto.

Ich setze voraus, dass auch Ihre Kolleginnen und Kollegen ein Interesse daran haben, fachgerecht informiert zu werden. Ich denke, so was darf sich in Zukunft nicht wiederholen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dabei könnte man klatschen, und es würde nicht die Koalition verraten, wenn man das vielleicht sogar teilt; ein bisschen Nicken habe ich in Ihren Reihen gesehen.

(Ulrich Lechte [FDP]: Du hast ja recht! – Gegenruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das ist doch euer neuer Stil!)

Das Zweite ist – auch das möchte ich in aller Ernsthaftigkeit sagen –: Frau Spellerberg, ich kann Ihre Ausführungen fast vollständig teilen. Das ist sehr erfreulich, und das tun wir auch gerne. Sie haben mit einem kurzen Satz die Rückzugsklausel erwähnt, die wir im Verteidigungsausschuss vertieft haben. Ich möchte schon noch mal dazusagen: Wir müssen wissen, worum es hier geht. Die Verteidigungsministerin hat im Ausschuss gesagt, dass ein vollständiger Rückzug unserer Kräfte möglich ist, wenn ein Ersatz der Kräfte, die die Franzosen jetzt stellen, nicht gewährleistet ist. Zugleich wurde uns signalisiert, dass man damit rechnet, dass etwa im August ein Abzug der französischen Kräfte erfolgt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, reden wir heute ernsthaft über ein Mandat, das die Bundesregierung gedenkt schon im August wieder vollständig zu beenden? Wollen Sie ernsthaft im August über 1 000 Soldatinnen und Soldaten aus diesem UN-Einsatz – ich habe etwas zur UN gesagt – zurückziehen, Hals über Kopf die UN – Frau Kollegin, Sie haben darauf hingewiesen – sozusagen ohne diese wichtigen Aufklärungskräfte zurücklassen? Ich kann nur sagen: Das ist eine abenteuerliche Vorstellung.

Frau Lambrecht, das, was Sie dazu im Verteidigungsausschuss gesagt haben, zeigt einmal mehr, dass der Ratschlag unseres Fraktionsvorsitzenden an den Bundeskanzler mehr als angemessen war. So geht es nicht! Entweder wir stimmen hier einem Mandat zu, bei dem die Vereinten Nationen sich darauf verlassen können, dass deutsche Kräfte in dieser Stärke, als stärkste Mandatskraft vor Ort, für ein Jahr verlässlich vor Ort sind, oder wir stimmen dem Mandat nicht zu. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Bundesregierung alles daransetzt, dass das Mandat eingehalten werden kann. Das ist Ihre Hausaufgabe; die geben wir Ihnen mit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Lechte [FDP]: Ein spannendes Konstrukt!)

– Das ist kein spannendes Konstrukt, Herr Kollege Lechte.

(Ulrich Lechte [FDP]: Doch! Doch! Doch!)

Ich will das in aller Ernsthaftigkeit sagen: Man weiß seit Februar, dass die Franzosen sich definitiv zurückziehen. Diejenigen, die, wie Sie, über die gesamte Lage vor Ort und das Verhältnis zwischen der malischen Regierung und der französischen Regierung sehr informiert sind, konnten auch schon vorher davon ausgehen, dass das geschehen werde. Also, das ist keine Sache, die vom Himmel gefallen ist, und es wäre die Aufgabe der Verteidigungsministerin gewesen, sich darum zu kümmern.

(Ulrich Lechte [FDP]: Deswegen ist das Mandat ja auch so gut aufgestellt!)

Wir müssen die Zeit jetzt nutzen. Für meine Fraktion biete ich die Zusammenarbeit und die Diskussion in den Fachausschüssen in den nächsten Monaten an. Wir brauchen jetzt eine Strategie für diese Region.

Das Trilemma ist ja richtig beschrieben worden. Frau Spellerberg, ich teile das: Natürlich müssen wir weiterhin die sicherheitspolitische Voraussetzung dafür schaffen, dass in dieser Region, insbesondere im Staat Mali, eine demokratische Entwicklung, eine soziale Entwicklung stattfinden kann, dass Frauen, aber auch alle anderen Menschen sich sicher bewegen können. Dazu brauchen wir einen erweiterten Sicherheitsbegriff; das ist vollkommen eindeutig. Natürlich dürfen wir nicht zulassen, dass die Russen mit „Wagner“-Kräften an Einfluss gewinnen, und natürlich müssen wir den internationalen Terrorismus bekämpfen. Dafür braucht es eine Gesamtstrategie, die bisher fehlt.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Offene Grenzen, genau!)

Darum sollten wir uns alle bemühen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Nils Schmid.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536752
Wahlperiode 20
Sitzung 38
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
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