20.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 38 / Tagesordnungspunkt 26

Nils SchmidSPD - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst mal bin ich der CDU/CSU-Fraktion dankbar, dass sie diesen Einsatz unterstützt. Es ist gut, dass wir in der Frage, wohin die Bundeswehr ins Ausland entsendet wird, möglichst breite Unterstützung aus der Mitte des Hauses erfahren.

Ich bin aber etwas verwundert, Kollege Wadephul, über Ihre Aussage zu dem Mandat und der Frage eines möglichen Abzugs der Bundeswehr.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich auch!)

Umgekehrt wird doch ein Schuh draus: Sie als CDU/CSU-Fraktion wollen doch nicht ernsthaft den Einsatz fortsetzen, wenn die Sicherheit und die medizinische Versorgung unserer Soldaten nicht mehr gewährleistet sind.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es geht hier nicht um ein abstraktes Bekenntnis zu einer UN-Mission. Natürlich will diese Bundesregierung, wie auch die vorangegangenen Bundesregierungen, die Arbeit der UN stärken und insbesondere bei einer der größten Friedensmissionen der UN Unterstützung leisten. Aber wenn unsere Soldatinnen und Soldaten in Gefahr sind, weil die medizinische Versorgung im Krisenfall mangels Transportkapazitäten nicht mehr ausreichend gewährleistet ist, dann müssen wir Konsequenzen ziehen. Das ist unsere Verantwortung als Parlamentarier für unsere Bundeswehr. Deshalb gibt es diese Ausstiegsklausel in dem Mandat, so wie von der Bundesregierung vorgelegt, und wir bekennen uns ausdrücklich dazu, dass wir die Bundeswehrsoldaten abziehen müssen, wenn ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist.

(Beifall des Abg. Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich will aber auch deutlich sagen, dass der Mali-Einsatz einmal mehr den engen Zusammenhang zwischen Sicherheit und Entwicklung aufzeigt: Ohne Sicherheit keine Entwicklung; ohne Entwicklung aber auch keine nachhaltige Sicherheit. – Deshalb ist dieser Einsatz der Bundeswehr in Mali schon seit Jahren ein Testfall für den vernetzten Ansatz; denn die Konfliktlagen, die Problemlagen in Mali sind vielfache: Es sind vor allem soziale Verteilungskonflikte, verschärft durch die Veränderung des Klimas in der Sahelzone insgesamt, es sind ökonomische Konflikte, und es sind ungelöste politische Konflikte.

Hinzu kommt vor allem die mangelhafte Vertretung der jungen Generation im politischen System, verstärkt durch politische Fehlentwicklungen der letzten Jahre: dass auch in Mali die Regierung in der Vergangenheit auf den Einsatz von Milizen gesetzt hat, die ebenfalls schwerer Menschenrechtsverletzungen bezichtigt worden sind, dass jetzt die „Wagner“-Miliz dazugekommen ist – ebenfalls schwerer Menschenrechtsverletzungen beschuldigt –, dass Wahlen nicht durchgeführt werden und dass sie, wenn sie durchgeführt werden, nicht auf ausreichend Akzeptanz stoßen, weil eben nicht alle Bevölkerungsgruppen abgebildet werden.

Die Demilitarisierung und Wiedereingliederung bewaffneter Kämpfer geht schleppend voran. Der zivile Schub, der auf dem Gipfel von N’Djamena im Sinne einer Schaffung von Inseln der Stabilität versprochen worden ist, geht auch sehr zögerlich und schwerfällig voran. Es gibt also eine durchaus schwierige Gesamtgemengelage, wo aber gerade diese Mission, MINUSMA, zentrale Stabilisierungsfunktionen wahrnimmt.

Deshalb ist es gut, dass wir heute zweierlei tun im Deutschen Bundestag: Dort, wo es nicht gut läuft, nämlich bei EUTM, bei der Ausbildungsmission, haben wir den Mut, einen klaren Schnitt zu machen, und zwar nicht länger zuzuwarten, sondern diesen Schnitt jetzt zu machen, nachdem die Putschisten die Grundlage für die Zusammenarbeit entzogen haben. Gleichzeitig bekennen wir uns zur Arbeit der Vereinten Nationen, zur Stabilisierungsarbeit für MINUSMA, zur Unterstützung des Friedensabkommens von Algier und natürlich auch zur Absicherung der beträchtlichen deutschen Entwicklungshilfe, die in Mali weiterhin gewährleistet werden soll. Insofern ist für uns MINUSMA eine Mission, die im Sinne des vernetzten Ansatzes das Richtige tut. Wir sind auch bereit, Fähigkeitslücken zu schließen, sofern die Bundeswehr selber Fähigkeiten zusätzlich einbringen kann.

Aber es ist eine UNO-Mission. Deshalb ist die gesamte UNO in der Verantwortung, ausreichend technische Fähigkeiten für diese Mission zu entsenden. Es ist eben nicht Aufgabe der Bundeswehr – das kann sie auch gar nicht –, alle Lücken zu schließen, die seit Jahren beklagt werden, sondern das ist eine Aufgabe der Weltgemeinschaft. In diesem Sinne ist die Bundesregierung auch im Gespräch, um Fähigkeitslücken wie bei den Transporthubschraubern zu schließen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir wissen, dass der Prozess in Mali mühselig sein wird. Aber ohne Wahlen – eine ausreichend solide Wählerregistrierung im Vorfeld ist Voraussetzung –, die auch neuen Kräften die Möglichkeit eröffnen, sich an diesem demokratischen Prozess zu beteiligen, und ohne ein Mindestmaß an demokratischen Institutionen in Mali werden wir auch die zugrundeliegenden ökonomischen und gesellschaftlichen Konflikte nicht lösen können.

Es ist mir ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass der Ansatz, den wir in Mali verfolgen, nicht aussichtslos ist; denn Mali hat auch schon lange Phasen demokratischer Regierung erlebt. Es gibt eine lebendige Zivilgesellschaft und Institutionen, die man weiter aufbauen kann, auf die man setzen kann. Deshalb ist es aller Mühen wert – von uns im Deutschen Bundestag, der Bundesregierung, der Bundeswehr, aber auch des zivilen Engagements –, diese Unterstützung über MINUSMA für dieses Land weiter zu leisten.

Ich danke all denjenigen bei der Bundeswehr und den in der Entwicklungshilfe Tätigen, die sich weiterhin in diesem Land engagieren.

Selbstverständlich wird die SPD zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Jan Nolte.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536754
Wahlperiode 20
Sitzung 38
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
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