Ulrich LechteFDP - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Versuch des latenten Vorwurfs, dass wir leichtfertig Soldaten in Missionen entsenden,
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja! Macht ihr ja auch! – Weiterer Zuruf von der AfD: Das war die erste gute Rede heute!)
ist eine bodenlose Frechheit,
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Nee, ist die Wahrheit! Sie können die Wahrheit nicht vertragen, Herr Lechte!)
weil wir über Wochen und Monate darüber diskutiert haben. Der Grund, warum wir das Mandat so spät vorgelegt haben, war, dass wir darum gerungen haben, die beste Variante Ihnen allen hier im Hause vorlegen zu können, weil dieses Mandat so schwierig ist.
(Stephan Brandner [AfD]: Dann möchte ich aber die schlechteste Variante nicht kennen!)
– Die schlechteste Variante ist, dass Sie überhaupt in dieses Haus gewählt wurden.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alice Weidel [AfD]: Ah!)
Aber damit müssen wir leider leben.
Dem Kollegen Wadephul möchte ich entgegnen:
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Fangen Sie mal an, sich den Argumenten zu stellen! Nichts zu den Argumenten! Gar nichts! Dass Sie keine Ahnung haben, das zeigen Sie gerade! Unglaublich!)
Ich weiß, es ist ein sehr, sehr schwerer Prozess, in der Opposition seine Rolle zu finden. Ich bin sehr dankbar, dass die Union auch heute diesem Mandat zustimmt und dass wir in vielen, vielen Aspekten, die wir momentan behandeln müssen, auch im Auswärtigen, kooperieren und zu gemeinsamen Lösungen kommen,
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Fliegen Sie doch alle selbst hin!)
siehe der Ukraineantrag, siehe die Mandate, die unsere Bundeswehr betreffen.
Uns ist gerade die Sicherheit der Soldaten wichtig. Wir wissen, was dort unten passiert. Deswegen haben wir alle Möglichkeiten in diesem Mandat angelegt, dass wir auch einen Rückzug beordern können. Wir haben der Bundesregierung die Möglichkeit dazu gegeben, je nachdem, wie sich die Lage für unsere Soldatinnen und Soldaten in Mali entwickelt. Das ist der Grund, warum das Mandat so angelegt ist.
(Zuruf des Abg. Rüdiger Lucassen [AfD])
Sie wissen auch, dass unserer Bundeswehr gewisse Komponenten fehlen, dass sie die derzeit nicht in ausreichender Menge zur Verfügung hat, etwa Kampfhubschrauber. Wir haben davon mehr – das ist bekannt –, nämlich über 50
(Stephan Brandner [AfD]: 9 fliegen!)
– danke, Herr Brandner, für den Zwischenruf; ich weiß es selber –; aber es sind momentan nur 9 einsatzfähig. Ich meine, ich muss zur Kenntnis nehmen, dass 16 Jahre lang die Verantwortung für die Bundeswehr leider bei der Union lag. Das ist halt nun mal ein historischer und politischer Fakt.
(Zuruf des Abg. Henning Otte [CDU/CSU])
Wir müssen uns jetzt damit beschäftigen, das alles zum Fliegen zu bringen, so wie es der Bundeskanzler auch gesagt hat. Wir müssen die Sachen zum Schwimmen bringen, wir müssen die Sachen zum Fliegen bringen, wir brauchen Munition. Das muss ausgerechnet eine Koalition machen, in der die Grünen mit ihrem großen Friedensanteil dabei sind und die SPD.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Sollen wir jetzt Mitleid haben, oder was?)
– Ihr habt das nicht hinbekommen. – Wir als FDP unterstützen das natürlich. Deswegen brauchen wir auch die Zustimmung von euch für die 100 Milliarden Euro. Welche Überraschung!
(Florian Hahn [CDU/CSU]: Sie sollten zum Mandat reden!)
Deswegen: Die ganzen politischen Diskussionen können wir uns hier im Hause schenken, wenn wir uns nicht den Realitäten stellen. Die Realität ist, dass wir an der Ostflanke einen Aggressor haben, wie es heutzutage so schön neudeutsch wieder heißt. Um diesem etwas entgegenzusetzen, dafür müssen wir gemeinsam streiten und die Kommentare einmal weglassen. Ich freue mich schon auf die Rede, die gleich kommen wird. Ich hoffe, dass der Kollege von der SPD das dann entsprechend verfrühstücken können wird.
(Christoph Schmid [SPD]: Richtig!)
Wir diskutieren hier heute MINUSMA als den bis vor Kurzem wichtigsten Einsatz der deutschen Bundeswehr im Ausland. In Mali sind nicht nur „Wagner“-Söldner aus Russland, sondern da sind auch offizielle russische Truppen. Hätten wir deswegen aber jetzt gesagt: „Wir gehen dort raus“, dann hätte Russland ohne Probleme immer mal wieder 100, 200, 300 Soldaten in irgendwelche Krisengebiete entsenden können. Daraufhin hätte sich der Westen seiner Verantwortung entzogen. Das dürfen wir nicht machen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Damit das auch mal hier im Hause gesagt wird: Neben den Franzosen, die Probleme mit der malischen Regierung haben – die malische Regierung ist wahrlich nicht einfach; ich war dabei, als die Außenministerin mit dem Präsidenten Goϊta diskutiert und gesprochen hat –, sind wir ja nicht das einzige Land auf Gottes Erdball, wie man nach den Ausführungen in diesem Haus manchmal meinen könnte, das dort Truppen stellt. Dort gibt es viele kleinere Truppensteller, die sich an diesem Mandat beteiligen und die sich auf uns verlassen. Dazu gehören unter anderem Belgien, Estland, Litauen, die Niederlande als unsere europäischen Partner vor Ort, aber auch große Truppensteller wie Bangladesch, Burkina Faso, Niger, Senegal, Togo und die Elfenbeinküste – multinational. Und sie alle verlassen sich auf das großartige deutsche Kontingent, auf unsere Fähigkeiten, die wir dort unten bereitstellen, und darauf, dass wir mit ihnen zusammen für Sicherheit sorgen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich habe in der letzten Debatte schon gesagt, dass sich in Gao mittlerweile über 30 000 Menschen mehr befinden als zu Beginn des Konfliktes. Diese Menschen vertrauen darauf, dass wir dort präsent sind.
Wenn es am Ende des Tages aber nicht mehr funktionieren sollte und die Grundlagen für die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten nicht gewährt sind, dann hat die Bundesregierung mit diesem Mandat die Möglichkeit, abzuziehen. Gleichzeitig haben wir in das Mandat geschrieben, dass der Bundestag von der Bundesregierung jederzeit einen Bericht bekommt, wenn wir das wünschen. Neben der Evaluierung haben wir also auch noch eine weitere Komponente: die Berichte für uns Parlamentarier. Deswegen bitte ich um Zustimmung. Ein besseres und diversifizierteres Mandat wurde diesem Haus lange nicht mehr vorgelegt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner: für die Fraktion Die Linke Ali Al-Dailami.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536756 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 38 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) |