Bernhard DaldrupSPD - Krisengewinne von Energiekonzernen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Impuls, der mit dem Antrag hier gebracht wird, ist richtig; denn ich glaube, es verstößt gegen unser Gefühl von Gerechtigkeit und Solidarität, wenn Extraprofite durch Kriege oder durch Krisen sozusagen erwirtschaftet werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens. Die staatlichen Aufgaben wachsen fast immer in solchen Situationen. Ich glaube, es ist auch berechtigt, dann die Frage nach der Finanzierbarkeit der Leistungsfähigkeit des Staates zu stellen, erst recht, wenn man sich einer Schuldenbremse verpflichtet fühlt. Daher ist der Impuls gut.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will aber auch sagen: Ich erlebe ein kleines Déjà-vu. Denn ich habe zu ziemlich genau diesem Antrag vor einem Jahr hier auch gesprochen. Vor einem Jahr hieß der gleiche Antrag: „Abschöpfung der Extra-Profite von Krisengewinnern wie Amazon“. Es war im Grunde genommen der gleiche Antrag mit anderer Überschrift. Es ging auch damals um die Übergewinnsteuer, allerdings nur für Digitalkonzerne.
Jetzt ist der alte Antrag gewissermaßen mit Copy-and-Paste aufgewärmt worden. Es ist gewissermaßen das eine Wort durch das andere ersetzt worden. Da muss ich sagen: Das ist ein meiner Meinung nach ziemlich unglückliches Vorgehen. Denn es schadet eigentlich denjenigen, die eine gewisse Sympathie für das Konzept der Übergewinnsteuer haben, wenn man es von Fall zu Fall gleich anwendet. Da muss ja jeder Sorge haben: Falls er einmal wirtschaftlich erfolgreich ist, droht ihm, wumms, so etwas. Es ist also eine schwierige Geschichte.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ja, so ist es! Gute Erkenntnis!)
– Nein, ich habe durchaus Sympathie dafür. – Aber ich will sagen: Es gibt eine Reihe von Abgrenzungsproblemen, die berücksichtigt werden müssen. Das hat auch das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes gezeigt. Die Gründe für die Entstehung eines Übergewinns können ganz unterschiedlich sein. Sie können sozusagen einfach nur ohne eigene Leistung erzielt werden. Sie können aufgrund von Innovationen erzielt werden. Und es gibt Probleme mit Referenzwerten, mit Verrechnungen beispielsweise. Das ist eine Spezialdebatte, die wir wahrscheinlich an dieser Stelle schon aus Zeitgründen nicht führen können. Das sollten wir fortsetzen.
Aber was ist denn alternativ jetzt zu tun? Zum Glück ist es auch heute schon so, dass höhere Gewinne zunächst einmal höhere Steuerzahlungen von Unternehmen nach sich ziehen.
(Markus Herbrand [FDP]: Ach! Tatsächlich?)
Ich habe ein praktisches Beispiel: Die Stadt Mainz hat ihre hohe Verschuldung gewissermaßen durch exorbitant gestiegene Gewerbesteuerzahlungen ausgleichen können. Das ist sicherlich gut.
Aber wir haben trotzdem noch ein zusätzliches Problem, nämlich bei der Gestaltung von Steuerschlupflöchern, wenn ich es einmal so sagen darf, und bei der internationalen Gestaltung. Die Mindestbesteuerung auf internationaler Ebene bei multinational agierenden Digitalkonzernen ist deswegen auch ein richtiger und wichtiger Schritt.
Ich will auch darauf hinweisen, dass wir im Koalitionsvertrag natürlich bestimmte Punkte festgelegt haben, zum Beispiel, die steuerlichen Subventionen im Energiebereich gründlich zu überprüfen und tatsächlich auch infrage zu stellen. Ich glaube nämlich, dass gerade auch in diesem Bereich Energiekonzerne in erheblichem Maße von Steuerbegünstigungen profitieren. Es ist meiner Meinung nach richtig, dass wir als SPD in der letzten Großen Koalition dem Druck – auch der Union – standgehalten haben und den sogenannten Energiespitzenausgleich nicht pauschal und ungeprüft für alle Branchen verlängert haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ach! Sie haben regiert! Das bestreiten Sie die ganze Zeit! Als wären Sie dabei gewesen!)
Es sind immerhin über 9 000 Unternehmen, und da sind auch viele aus dem Energiebereich dabei.
Für Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die im internationalen Wettbewerb stehen und gerade in der jetzigen Situation Entlastungen benötigen, sind solche Entlastungen, Ausnahmen und eine solche Unterstützung auch angebracht. Aber reine Mitnahmeeffekte für Konzerne, die überhaupt keinem Carbon-Leakage-Risiko unterliegen, müssen wir einfach beseitigen. Das System der Steuerbegünstigungen im Energie- und Stromsektor ist nicht mehr zeitgemäß und bedarf einer Überprüfung.
Ich glaube, insgesamt müssen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt drei Dinge machen.
Erstens: Diversifizierung unserer Energieversorgung, unserer Energiequellen. Das wird hier fast in jeder Sitzung und in jeder Rede betont; das muss ich nicht weiter thematisieren.
Zweitens: Entlastungen von Bürgerinnen und Bürgern. Die Begründung ist auch gerade vom Kollegen Görke angesprochen worden. Bis hin zur Abschaffung der EEG-Umlage sind die Pakete 35 Milliarden Euro schwer. Ich sage das immer wieder, weil man das nicht geringschätzen soll.
Drittens: Stärkung des Wettbewerbs. Deswegen ist es richtig, kartell- und wettbewerbsrechtliche Maßnahmen durchzuführen, dass die Märkte funktionieren. Es ist richtig, dass wir die Voraussetzungen im Rahmen des GWB – –
Kollege Daldrup, Sie können weitersprechen, schnell oder langsam, Sie tun es aber inzwischen auf Kosten Ihrer Kollegen.
Das werde ich jetzt lassen. – Ich muss noch kurz auf das GWB hinweisen. Ich bin der Auffassung, die Spezialdebatte ist weiterzuführen, und ich hoffe, dass wir das konstruktiv hinbekommen.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Dr. Michael Meister das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536818 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 38 |
Tagesordnungspunkt | Krisengewinne von Energiekonzernen |