Markus HerbrandFDP - Krisengewinne von Energiekonzernen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sogenannte Übergewinne zu besteuern, ist die Idee, mit der Die Linke heute vermeintliche Einnahmeprobleme unseres Staates lösen und zeitgleich ihre Ideen von Moral zum Gegenstand unserer Steuergesetzgebung machen möchte. Im Grunde genommen liegen die Vorschläge damit auch in einer konsistenten Reihung anderer Vorschläge: Vermögensteuer, Solidaritätszuschlag und Steuererhöhungen für Besserverdienende, Vermögensabgabe, Reichensteuer und jetzt natürlich die Übergewinnsteuer.
Die Idee, vermeintliche Profiteure von Krisen mehr zur Kasse zu bitten als andere, ist natürlich weder neu, noch ist es eine Idee, die nur den Linken überlegenswert erscheint. Ähnliche Vorschläge haben wir unlängst von der EU-Kommission vernommen. Italien hat Entsprechendes verabschiedet – darauf ist verwiesen worden –, und auch die geschätzten Kollegen der Grünen haben, zumindest in Person ihrer Parteivorsitzenden, das Thema unlängst auf die politische Agenda gebracht.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Die SPD anscheinend auch!)
Da wir ja gut zusammenarbeiten und noch nicht fusioniert sind, können wir doch darüber debattieren, meine ich.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wägen wir also die Argumente ab: Handelt es sich bei dieser Idee wirklich um ein sinnvolles Instrument oder eher um eine Schnapsidee? Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Wir tendieren zur Schnapsidee.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Sie wollten doch eben noch darüber reden!)
Ich möchte noch drei Punkte nennen, die wirklich dagegensprechen, diese Idee ernsthaft weiterzuverfolgen:
Erster Punkt. Wer ehrlich und unvoreingenommen mit dem Thema umgeht, wird einige Fragen nicht beantworten können: Was ist überhaupt ein Übergewinn? Kollege Meister ist schon darauf eingegangen. Welcher Teil eines Gewinns ist eigentlich der krisenbegründete Gewinn? Und woran ist ein „Krisengewinner“ überhaupt zu erkennen? An wen adressieren wir denn überhaupt diese Überlegungen? Ich befürchte Sie unterscheiden dann auch noch mal zwischen guten und bösen Krisengewinnern. Energiekonzerne und Amazon dürften vermutlich böse sein und würden besteuert werden. Bei Herstellern von Masken und Impfstoffen bin ich mir nicht ganz so sicher. Bei den Anbietern regenerativer Energien würden Sie vermutlich nicht von Krisengewinnern sprechen und auf die Übergewinnbesteuerung verzichten. Im Übrigen ist es auch in Italien gar keine Gewinnsteuer, sondern eigentlich eine erweiterte Umsatzsteuer.
Im Kern ist also die Frage zu beantworten: Ist praktisch überhaupt umsetzbar, was moralisch möglicherweise so gut klingt? Dazu ein klares Nein. Jedenfalls ist es keine Frage für das Steuerrecht. Wenn überhaupt – die Kollegin Beck ist darauf eingegangen – ist es eher eine Frage für das Kartellrecht.
Zweiter Punkt. Es wird manchmal der Eindruck erweckt, als ob Krisengewinne hier in Deutschland nicht ohnehin schon besteuert werden. Unser Steuersystem besteuert diese Gewinne mit knapp 50 Prozent. Deutschland hat bereits jetzt mit seinen hohen Steuern und auch mit seiner immensen Bürokratie einen unbestrittenen Standortnachteil im Vergleich mit anderen Industrienationen. Da müssen wir nicht unbedingt noch draufsatteln.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dritter Punkt. Der eigentliche Antrieb für eine solche Steuer ist zweifelsfrei ein insbesondere in Zeiten von Krisen aufkommendes Gerechtigkeitsempfinden. Mit einem solchen Eingriff würden wir allerdings tatsächlich an die Wurzel der Funktionalität der Marktwirtschaft herangehen. Das stimmt schon sehr nachdenklich, wenn ich bedenke, wer hier alles Sympathien dafür hegt.
Die Marktwirtschaft funktioniert über Anreizsysteme – auch darauf ist der Kollege Meister schon eingegangen –, und zwar Anreize dafür, Waren und Dienstleistungen anbieten zu können, die die Gesellschaft dringend benötigt, und Anreize dafür, dass Unternehmen quasi rund um die Uhr dafür arbeiten und auch unternehmerische Risiken eingehen, und zwar am Ende, damit die ganze Gesellschaft davon profitiert. Dabei müssen wir aushalten, dass Unternehmen, die mit Atemschutzmasken, Impfstoffen und ja, leider auch mit Rüstungsgütern und fossilen Energien Geschäfte machen, mehr verdienen. Genau diese Anreize zu besteuern, kann das Gegenteil dessen zur Folge haben, was man eigentlich erreichen möchte, nämlich am Ende keinen Erfolg in der Sache und weniger Staatseinnahmen. Das ist im Übrigen – die Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen – bei der Wohnungsbaupolitik das Gleiche.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Befürworter solcher Überlegungen wollen nach meinem Dafürhalten eigentlich ein anderes Wirtschaftsmodell. Man will nicht besteuern, man will eher enteignen. Dafür spricht im Übrigen auch der Wortlaut aus dem Antrag: „abschöpfen“.
Wir lehnen diesen Antrag aus voller Überzeugung ab.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Wort hat der Kollege Armand Zorn für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536822 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 38 |
Tagesordnungspunkt | Krisengewinne von Energiekonzernen |