Dennis RohdeSPD - Finanzen, Bundesrechnungshof
Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten in dieser Woche abschließend den Bundeshaushalt 2022, und ja, wir sehen noch mal eine hohe Kreditaufnahme von 139 Milliarden Euro vor. Das sind – das gehört dann aber auch zur Wahrheit – 100 Milliarden Euro weniger als das, was 2021 in der Großen Koalition geplant war.
Das hat verschiedene Gründe:
Der erste Grund ist, dass wir viele Maßnahmen nicht mehr brauchen, nicht mehr finanzieren müssen, weil sich viele Menschen in diesem Land solidarisch gezeigt haben, sich haben impfen lassen, und all denen gilt unser Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der zweite Grund sind verbesserte Steuereinnahmen, eine Wirtschaft, die sich gerade als stabil herausstellt. Der Grund dafür liegt auch in den Maßnahmen, die wir in der Vergangenheit getroffen haben: Dadurch, dass wir Arbeitsplätze durch das Kurzarbeitergeld gesichert haben, dadurch, dass wir Unternehmen durch Wirtschaftshilfen gesichert haben, stehen wir heute wesentlich besser da, als es im letzten Jahr Status quo war. Das ist, finde ich, auch ein Erfolg der Politik der letzten Jahre, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber dieser Haushalt ist mit Unsicherheiten behaftet. Der Ukrainekonflikt mit seinen verschiedensten Auswirkungen auf der Ausgabenseite, aber auch auf der Einnahmeseite. Wir wissen nicht, wie sich das Wirtschaftswachstum in der zweiten Jahreshälfte entwickelt. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen die Inflation auf der Ausgabenseite für den Bundeshaushalt hat. Wir sind in einer Situation, in der die Zinsen steigen und wir eigentlich eingeplante Negativzinseinnahmen nicht mehr haben werden. Also all das, was wir als Planungsgrundlage haben, ist durchaus volatil.
Trotzdem und gerade deswegen müssen wir uns den Herausforderungen, die da auf uns zukommen, stellen. Und dass wir das tun, will ich am Beispiel der Ukraine deutlich machen: Während die Bereinigungssitzung stattfand, haben die G‑7-Finanzminister getagt. Während die Bereinigungssitzung stattfand, hat man beschlossen, der Ukraine kurzfristig 15 Milliarden Euro Liquiditätshilfen zur Verfügung zu stellen. Uns war wichtig, den deutschen Anteil von 1 Milliarde Euro noch in der Nacht in den Bundeshaushalt zu überführen, um deutlich zu machen: In dieser Frage stehen Legislative und Exekutive geschlossen beieinander. – Ein Zeichen der Solidarität, das auch von der Bereinigungssitzung ausging, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ja, 139 Milliarden Euro neue Schulden sind vorgesehen. Zur Wahrheit gehört: Am Ende kommen noch 100 Milliarden Euro dazu, nämlich das Sondervermögen für die Bundeswehr, um die Truppe endlich wieder vernünftig auszustatten, auf Vordermann zu bringen und die Bundesrepublik wehrhaft zu machen. Ich danke all denen, die sich ihrer staatspolitischen Verantwortung an dieser Stelle stellen, die dafür Sorge tragen, dass dieses Sondervermögen Realität wird. Wir brauchen es, und wir bringen es auf den Weg. Wir sind damit auch Vorbild für viele andere Nationen um uns herum, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Mein Dank gilt besonders denjenigen, die verhandelt haben. Mein besonderer Dank gilt dem Bundeskanzler, der die Initiative angestoßen hat, der dieses Sondervermögen auf den Weg gebracht hat, aber auch dem Finanzminister, der Verteidigungsministerin, der Außenministerin und den Vertreterinnen und Vertretern der Union, die an der Sache orientiert zu einem guten Ergebnis gekommen sind. Ihnen allen im Namen der SPD-Fraktion vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Christian Dürr [FDP])
Die äußere Sicherheit ist prägend für diesen Bundeshaushalt; denn wir stehen vor großen Herausforderungen bei der Bundeswehr und bei der Unterstützung der Ukraine. Aber wir haben in der Debatte auch die anderen Sicherheiten nicht vergessen: die innere Sicherheit und die soziale Sicherheit.
Wir stärken die innere Sicherheit ganz gezielt, zum Beispiel durch 2 000 zusätzliche Bundespolizistinnen und Bundespolizisten, die ab 2025/2026 unsere Bahnhöfe und Flughäfen sicherer machen werden. Man kann den Stellenaufwuchs durch die Ampel kritisieren. Aber ich sage Ihnen: Wir sorgen damit am Ende für zusätzliche Sicherheit. Ich finde, das sollte auch im Interesse der Union sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und wir lernen aus der Katastrophe im Ahrtal. Wir haben gemerkt, welches Material dem Technischen Hilfswerk fehlte, und sorgen mit diesem Bundeshaushalt zum Beispiel dafür, dass dem Technischen Hilfswerk zusätzliche Unimogs zur Verfügung gestellt werden, dass es zusätzliche Logistikzentren bekommt, damit es alles das, was im Krisenfall gebraucht wird, vorhalten kann. Auch das ist ein Beitrag für die innere Sicherheit und für den inneren Zusammenhalt in diesem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Otto Fricke [FDP])
Und wir stärken die soziale Sicherheit durch Entlastungspakete mit Einmalzuschüssen, durch die Möglichkeit, kostengünstig den öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen, was gerade in den nächsten Wochen und Monaten vielen Menschen ermöglicht, in der Ferienzeit zu reisen, die es sich durch die Inflation ansonsten nicht mehr leisten könnten – auch ein Beitrag zum Zusammenhalt –, sowie durch die Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe. All das sind Maßnahmen, die ein Ziel haben: in Zeiten von Krieg um uns herum und von Inflation dieses Land zusammenzuhalten. Und diese Aufgabe gehen wir in der Ampel an, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber auch beim Thema Soziales spielt die Ukraine wieder mit hinein. Wir stärken ganz gezielt den Etat des Bundesarbeitsministers, zum Beispiel durch die Möglichkeit, 200 Millionen Euro zusätzlich für Eingliederungsmaßnahmen zu nutzen, zum Beispiel durch über 100 Millionen Euro für zusätzliche Deutschkurse, damit diejenigen, die bei uns Schutz suchen, eine Perspektive in diesem Land haben. Auch das ist ein Beitrag zur sozialen Sicherheit dieses Landes, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir vergessen dabei nicht, dass wir nicht nur eine Verantwortung für unser Land tragen. Ja, die Krisen um uns herum treffen die Europäische Union und die Bundesrepublik Deutschland hart. Aber es gibt Regionen, die noch härter getroffen werden. Denn dort geht es teilweise um die blanke Existenz, um das blanke Überleben. Uns war es wichtig, deutlich zu machen, dass wir unsere internationalen Verpflichtungen erfüllen und die Krisen, die zum Beispiel auf dem afrikanischen Kontinent wegen großer Ernährungsprobleme entstehen werden, in den Blick nehmen und sie angehen. Deshalb wird mit diesem Bundeshaushalt der Bereich der Entwicklungszusammenarbeit noch einmal um 2,4 Milliarden Euro im Vergleich zum Regierungsentwurf gestärkt. Das ist ein starkes Signal der internationalen Solidarität, das von diesem Bundeshaushalt ausgeht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Otto Fricke [FDP])
Und wir vergessen auch nicht diejenigen, die es in der Krise besonders schwer hatten: die Kulturschaffenden zum Beispiel, denen ihre gesamte Existenz für viele Monate geraubt wurde. Wir stärken erneut die Kultur im großen Umfang, nicht nur mit Investitionen, mit denen wir Kommunen und Länder unterstützen wollen, dass sie das, was sie an Kulturgütern haben, auch erhalten können, sondern zum Beispiel auch, indem wir in diesem Jahr einen zusätzlichen Zuschuss an die Künstlersozialkasse geben, damit im nächsten Jahr der Beitragssatz stabilisiert werden kann und die Künstler, die es in den letzten Jahren eh schon besonders schwer hatten, nicht noch doppelt hart getroffen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Abschließend: Ja, dieser Haushalt ist mit vielen Unsicherheiten behaftet. Aber er ist Ausdruck unserer Gesamtverantwortung für die äußere, für die innere und für die soziale Sicherheit. Es ist ein Haushalt des Zusammenhalts, und unsere Fraktion wird dem gern zustimmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Janine Wissler.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536857 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Finanzen, Bundesrechnungshof |