Michael SchrodiSPD - Finanzen, Bundesrechnungshof
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat uns ja zuletzt ganz gute Zahlen geliefert: 44 Milliarden Euro prognostizierte Mehreinnahmen, höhere Steuereinnahmen im Vergleich zur letzten Steuerschätzung im November 2021.
Man muss da auch deutlich sagen: Das ist bei aller harten Debatte im Detail das Ergebnis einer richtigen Krisenpolitik der letzten Jahre gewesen: mit Wirtschaftshilfen, Corona-Steuerhilfegesetzen, Kurzarbeitergeld und Direktzahlungen. Die Firmenpleiten sind ausgeblieben. Der Arbeitsmarkt ist robust. Gerade die neuen Zahlen zeigen, dass die Arbeitslosigkeit auch im Mai wieder gesunken ist. Grundlage dafür waren und sind die massiven Hilfsprogramme und Investitionen, die 2021 auch die Union begrüßt hat, die auch an vielen Stellen die Unterstützung im gesamten Parlament gefunden haben. Ich glaube, es ist wichtig, zu erwähnen, dass der Weg, der damals richtig war, heute weiterhin richtig ist. Auf diesen Weg begeben wir uns auch mit diesem Haushalt 2022.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
So schön die Zahlen sind, muss man auch sagen: Sie sind natürlich höchst volatil, unsicher. Wir wissen nicht, wie es mit Krieg und Pandemie, mit der importierten Inflation, mit hohen Energiepreisen und Lieferkettenstörungen weitergeht, wie sich die Wirtschaft entwickelt, wie sich Steuereinnahmen entwickeln.
Eines aber gilt in dieser Krise und bei diesen Herausforderungen weiterhin – das hat auch Olaf Scholz gesagt –: Wir lassen in dieser Krise niemanden alleine, nicht die Bürgerinnen und Bürger und auch nicht die Unternehmen. Der finanzpolitische Dreiklang unserer Ampelkoalition lautet: sozialen Zusammenhalt stärken, Zukunftsinvestitionen weiterhin anpacken und für eine solide Finanzierung sorgen. Dieser Haushalt bündelt all das, und deswegen ist er auch zu unterstützen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich darf aus der Debatte zum Haushalt 2021 zitieren. Damals hat der Fraktionsvorsitzende der Union, Ralph Brinkhaus, die Überschrift „Mit Mut die Krise überwinden“ gewählt und gesagt, neue „Schulden müssen aufgenommen werden, um die Folgen der Krise abzufedern – und um die Weichen für die Zukunft zu stellen“. Damals waren es 240 Milliarden Euro; wir haben jetzt 100 Milliarden Euro weniger. Was damals richtig war, ist es auch jetzt. Mit dem Haushalt 2022 tun wir genau das: richtig investieren.
Übrigens verwundert mich Folgendes – Otto Fricke hat es gesagt; der Finanzminister hat es gesagt –: Wie kommt es, bitte schön, zu dieser massiven Kritik an einem Stellenaufbau beim Zoll, bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, zur Bekämpfung der Geldwäsche, der Kriminalität?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Christian Görke [DIE LINKE] – Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Davon redet doch kein Mensch! Kein Mensch kritisiert das! Mein Gott, ist das ein Blödsinn! – Franziska Hoppermann [CDU/CSU]: Einfach mal zuhören! – Zuruf des Abg. Florian Oßner [CDU/CSU])
Das, meine Damen und Herren von der Union, ist nicht nachvollziehbar.
Das Zweite ist – Herr Oßner, da würde ich aus Sicht eines CSUlers und aus Bayern kommend wirklich ganz ruhig sein –: Bei den Stellen bei der Steuerfahndung und bei der Betriebsprüfung ist gerade Bayern ganz weit hintendran. Das ist ungerecht; Sie verzichten auf Steuereinnahmen zuungunsten der bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, Bürgerinnen und Bürger.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Das ist schon eine hanebüchene Argumentation!)
Da ist Bayern tatsächlich ganz weit hintendran.
Herr Schrodi, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung von Herrn Middelberg aus der CDU/CSU-Fraktion?
Gerne.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Schrodi, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Wenn Sie meinem Beitrag sorgfältig zugehört haben, dann wissen Sie, dass ich den zusätzlichen Aufbau von 6 000 Stellen netto nicht pauschal kritisiert habe. Ich habe ihn angesprochen und habe gesagt: Über die Dinge kann man im Einzelnen reden. – Trotzdem ist es insgesamt ein bemerkenswerter Aufbau, und den muss man infrage stellen.
Meine Frage an Sie: Ist es richtig – und das habe ich auch angesprochen –, dass Sie bei der Einstellung zusätzlicher Spitzenbeamter in den Ministerien – nicht irgendwelche B-besoldeten Richter in irgendwelchen Gerichten,
(Otto Fricke [FDP]: Irgendwelche?)
sondern in den Ministerien – mit 324 Stellen jetzt einen Rekord aufstellen? Und ist es richtig, dass Sie mit 37 Parlamentarischen Staatssekretären – hochbezahlte Regierungsbeamte – jetzt auch einen Rekordwert setzen? Ist das richtig, und können Sie mir das bestätigen?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])
Herr Middelberg, es ja schön, wenn Sie hier – in Ihrer Rede haben Sie das nicht getan – differenzieren.
(Florian Oßner [CDU/CSU]: Doch! – Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Lesen Sie sich das Protokoll durch!)
Sie sehen hoffentlich auch, dass es richtig ist, dass wir in dem Bereich, in dem einiges getan werden muss, nämlich im Bereich Steuerbetrugsbekämpfung, den Zoll stärken und dass wir hier für mehr Steuergerechtigkeit sorgen. Es ist übrigens im Koalitionsvertrag explizit festgehalten, dass wir hier für einen Stellenaufbau sorgen wollen – beispielsweise auch wegen des Themas Umsatzsteuerbetrug –, der richtig und notwendig ist.
Zum Zweiten. Wir als Koalition sind eine Fortschrittskoalition und machen deutlich: Wir wollen große Aufgaben angehen. Die Ministerien müssen mit allem, was dazu notwendig ist, ausgestattet sein. Dazu gehört auch eine entsprechende personelle Ausstattung, die mit diesem Haushalt gewährleistet ist. Insofern ist es richtig, dass wir in diesen Zeiten gut ausgestattete Ministerien haben, die die großen Aufgaben, die Zukunftsaufgaben, angehen können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen sind hier auch die Investitionen in das Personal richtig, Herr Middelberg.
Mit dem Haushalt tun wir übrigens auch beim Thema Investitionen das, was wichtig ist. 51 Milliarden Euro sind im Haushalt für zusätzliche Investitionen enthalten. Nur wer heute in Bildung, in Weiterbildung, in die Bahn, in den Wohnungsbau, in die erneuerbaren Energien investiert, der schafft die Voraussetzungen dafür, dass wir auch in Zukunft zukunftsfähige Unternehmen und Arbeitsplätze und damit auch die Steuereinnahmen von morgen haben. Auch das ist ein wichtiger Beitrag für solide Finanzen der Zukunft. Wenn wir heute investieren, zahlt sich das in der Zukunft aus.
Gleichzeitig stemmen wir mit dem Haushalt auch inflationsbedingte Mehrausgaben. Die Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen sind am härtesten von den Preissteigerungen betroffen. Wir haben mit den Entlastungspaketen I und II und mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz 42 Milliarden Euro an Hilfen für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen gegeben. Diese stehen gezielt gerade den Empfängern von kleinen und mittleren Einkommen zur Verfügung, damit für die, die es am härtesten trifft, die hohen Kosten abgedämpft werden. Das ist gut in den sozialen Zusammenhalt investiertes Geld, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Was tun wir weiterhin? Wir beobachten die Situation und die Entwicklung weiter. Wir werden schauen, ob wir da auch weitere Hilfen auf den Weg bringen müssen. Eines bleibt aber klar: Auch in Zukunft heißt der Dreiklang: sozialer Zusammenhalt, Investitionen möglich machen und solide Finanzen schaffen. Mit diesem Dreiklang werden wir auch in die nächsten Wochen und Monate gehen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Sebastian Schäfer.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536868 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Finanzen, Bundesrechnungshof |