31.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 39 / Tagesordnungspunkt EPL 25

Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

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Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ganz froh, dass am Schluss der Debatte noch ein bisschen Schwung in das Ganze kommt. Wir wollen nicht nur über Zahlen reden, sondern wir sitzen hier als Baupolitiker zusammen.

(Marianne Schieder [SPD]: Und als Baupolitikerinnen auch!)

Uns geht es darum, dass in unserem Land tatsächlich auch gebaut wird. Insofern hat die Ministerin völlig richtig gesagt, das Bauministerium sei, oder besser gesagt: sollte ein Investitionsministerium sein. Da stimmen wir voll und ganz zu. Nur muss man dann schauen: Was ist eigentlich der Anspruch, der von der Ministerin und im Koalitionsvertrag formuliert wird, und was ist die Wirklichkeit? Und da muss man sagen: Da klaffen Anspruch und Wirklichkeit ganz erheblich auseinander. Es ist ja hier schon angesprochen worden: Was war eine der ersten Maßnahmen dieser Ampelregierung? Sie hat ein beispielloses Chaos bei der KfW-Förderung angerichtet, das massiv Vertrauen zerstört hat und dazu geführt hat, dass vielen jungen Familien, vielen Bauherren die Finanzierung unter den Füßen weggezogen worden ist

(Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peter Altmaier!)

und Zehntausende von Projekten nicht verwirklicht worden sind. Sie haben das Gegenteil von dem gemacht, was Sie heute hier vorgetragen haben. Das geht so nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist schon im Januar gewesen. Jetzt haben wir den 31. Mai, es ist also schon einige Monate später. Aber was ist seitdem passiert? Bis heute ist nicht klar, wie es mit der Förderung weitergeht. Wir haben momentan einen riesigen Attentismus. Projekte werden zurückgestellt. Der GdW hat gesagt, dass über 60 Prozent seiner Mitgliedsunternehmen ihre Projekte zurückstellen. Das sind Zehntausende von Wohnungen, die aktuell nicht realisiert werden, weil die Bauherren nicht wissen: In welche Richtung muss ich mein Projekt entwickeln? Welche Kriterien muss ich erfüllen, um in den Genuss einer Förderung zu kommen? – Da haben Sie bis heute keinerlei Klarheit geschaffen. Wir brauchen Investitionssicherheit, Planungssicherheit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben das Förderprogramm so aufgesetzt, dass jetzt die Nachhaltigkeit im Mittelpunkt steht. Das ist ja auch in Ordnung. Wir als Union sind gar nicht gegen ein QNG-Siegel. Aber wenn man fragt: „Wie viele Stellen gibt es eigentlich in Deutschland, die das zertifizieren können?“, dann erfährt man: Es gibt gar nicht viele. Sie haben an der Stelle einen riesigen Kapazitätsengpass. Selbst wenn es Leute gäbe, die so bauen wollten, könnten sie Ihre Vorgaben nicht erfüllen, weil nicht zertifiziert werden kann. Ich denke, Sie müssen Ihrem Anspruch Taten folgen lassen. Das ist uns zu wenig.

Wenn wir schon über Ansprüche sprechen, füge ich für die Union hinzu: Wir haben im Rahmen der Haushaltsberatungen gehört, dass ein Konzept für die Eigentumsförderung vorgelegt werden soll. Das soll jetzt geplant werden. Es kommt aber erst irgendwann – im nächsten Jahr oder vielleicht auch nicht im nächsten Jahr. Wenn hier gesagt wird, dass jetzt ein Konzept erarbeitet werden soll, dann muss ich sagen: Es gibt doch diese Konzepte. Wir haben diese Konzepte doch. Wir reden doch heute nicht das erste Mal über Eigentumsförderung. Wir haben schon über das Baukindergeld gesprochen, das viele Zehntausende Familien in die eigenen vier Wände gebracht hat. Gerade die Schwellenhaushalte, die es so schwer haben, weil ihnen das Eigenkapital fehlt, haben wir mit dem Baukindergeld ertüchtigt, ihren Traum von den eigenen vier Wänden zu leben. Das haben wir gemacht. Sie hingegen treffen im Haushalt noch nicht einmal Vorsorge dafür, dass diejenigen, die einen Anspruch auf Baukindergeld haben, dieses Geld auch tatsächlich erhalten können. Es droht momentan ein weiterer Vertrauensbruch, weil das Baukindergeld nicht in Anspruch genommen werden kann.

Es gibt weitere Konzepte – Sie haben das doch alles im Koalitionsvertrag formuliert –: Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer, eigenkapitalersetzende Darlehen, Mietkaufmodelle, steuerliche Abschreibung. Da frage ich doch die FDP: Wo sind Sie denn? Haben Sie Ihre Durchsetzungskraft mit Corona verloren? Machen Sie doch mal diese Konzepte!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Man kann nur feststellen: Der Traum von den eigenen vier Wänden, den vier von fünf Deutschen leben wollen, hat für die Ampel offensichtlich keine Priorität. Das bedauern wir als Union ganz ausdrücklich.

Herr Kollege Daldrup, weil Sie mich direkt adressiert haben, will ich noch einen Punkt ansprechen: die CO2-Kosten.

Kollege Luczak, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Daldrup?

Sehr gerne.

Vielen Dank, Herr Kollege Luczak, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich würde ganz gerne von Ihnen wissen: Wie lange ist eigentlich diese Ampelkoalition jetzt in der Regierung, und was, glauben Sie, kann man in diesem Zeitraum vom Koalitionsvertrag alles realisieren? 80 Prozent, 90 Prozent oder 100 Prozent?

Zweite Frage: Wenn Sie die Zertifizierung begrüßen, wie kann es dann sein, dass der fortschrittliche Horst Seehofer diese Zertifizierung nicht eingeführt hat? Offensichtlich haben CSU und CDU das nie gefordert, sodass das jetzt begonnen werden muss.

Die dritte Frage: Wenn das Volumen des Förderprogramms KfW 55 von ursprünglich 5 Milliarden Euro auf 16 Milliarden Euro steigt und festgestellt werden muss, dass die klimapolitische Intention – Gott sei Dank – nicht mehr in dem Maße auschlaggebend ist wie im Anfang, das Programm also seinen Zweck erfüllt hat, wie hoch hätte dann Ihrer Meinung nach die zusätzliche, weiter gehende Förderung im Rahmen dieses Programms sein müssen, und welchen Deckungsvorschlag hätten Sie dafür gemacht?

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Daldrup, für die Zwischenfrage. – Zur ersten Frage nach der Dauer der Ampel kann ich sagen: Die Ampel ist viel zu lange in der Regierung, und wir arbeiten daran, dass sich das möglichst schnell ändert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was die Frage der Nachhaltigkeit und der Zertifizierung im Baubereich anbelangt, sage ich noch mal: Wir sind sehr dafür; natürlich muss man auch Programme fortentwickeln. Deswegen sagen wir als Union ja auch: Selbstverständlich kann man auch den Aspekt des CO2-Ausstoßes im Lebenszyklus bei Förderungen einbeziehen. Aber unser zentraler Kritikpunkt ist – den können Sie an der Stelle nicht entkräften –: Sie müssen den Menschen Planungssicherheit geben. Sie können doch nicht ein Programm abbrechen, ohne dass klar ist, was an dessen Stelle kommt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sonst passiert nämlich genau das, was jetzt passiert: Die Menschen bauen nicht, weil sie nicht wissen, wie sie bauen sollen.

Am Ende geht es um Verlässlichkeit. Politik muss für verlässliche Rahmenbedingungen sorgen, damit wir unsere Ziele erreichen können. Es geht um bezahlbares Bauen und Wohnen, und es geht um klimafreundliches Bauen und Wohnen. Wenn wir den Bauwilligen – den Investoren und den jungen Familien, die bauwillig sind – nicht klare Rahmenbedingungen vorgeben – und daran fehlt es bei der Ampel –, dann werden Sie Ihr Ziel – 1,6 Millionen Wohnungen in dieser Legislaturperiode – niemals erreichen. Da sind wir anderer Auffassung. Sie müssen die Planungssicherheit herstellen. Sie rühmen sich, jetzt in der Regierungsverantwortung zu sein. Dann regieren Sie aber auch, und gestalten Sie den Rahmen so, dass sich die Menschen darauf einstellen können!

(Beifall bei der CDU/CSU – Daniel Föst [FDP]: Wieder keine Frage beantwortet! – Bernhard Daldrup [SPD]: Wie viel Geld?)

– Ich bleibe gerne bei Ihnen, Herr Kollege Daldrup, weil Sie mich vorhin in Ihrer Rede bezüglich der CO2-Kosten direkt adressiert haben. Das Modell, das Sie hier vorschlagen, von dem Sie sagen: „Das ist so ein tolles Modell, das setzt auf Energieeffizienz“, dieses Modell ist eine Mogelpackung. Das ist eine Mogelpackung!

(Bernhard Daldrup [SPD]: Was ist denn Ihres?)

Es kommt bei Ihrem Modell ja überhaupt nicht darauf an, ob jemand in sein Gebäude investiert hat, um es energetisch zu modernisieren. Darauf kommt es bei Ihrem Modell nicht an, sondern Ihr Ansatz stellt allein auf die verbrauchsabhängigen Heizkosten ab. Danach wird ein Gebäude klassifiziert und aufgeteilt, wer welchen Anteil an den Kosten zu tragen hat. Da muss ich schon sagen: Die Frage, wie viel Brennstoff verbraucht wird, ist von ganz vielen Faktoren abhängig. Das hängt davon ab, wo ein Gebäude steht, in welcher Region es steht. Das hängt vor allen Dingen davon ab, wer in diesem Gebäude wohnt. Ihr Vorschlag, auf die verbrauchsabhängigen Heizkosten abzustellen, bedeutet am Ende, dass diejenigen Menschen, die einen hohen Heizenergieverbrauch haben – das sind ältere Menschen, das sind junge, kinderreiche Familien –, durchs Raster fallen, weil sich jeder Vermieter überlegen wird: Will ich die als Mieter haben oder nicht? Deswegen kann Ihr Modell keine Zukunft haben. Das ist eine falsche Steuerungswirkung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen eine Lenkungswirkung bei den CO2-Kosten für beide Seiten, für Mieterinnen und Mieter, was das Nutzerverhalten anbelangt, aber eben auch Investitionsanreize. Deswegen brauchen wir ein abgestuftes Modell, kombiniert mit steuerlichen Förderungen. Dazu finden wir bei Ihnen überhaupt nichts. Da ist eine Leerstelle

Herr Kollege Luczak, das müssen Sie mit dem Kollegen Daldrup an anderer Stelle klären. Sie müssen den Punkt setzen.

Das mache ich sehr gerne. Wir haben an vielen Stellen noch Gelegenheit dazu.

Wir brauchen eine Zeitenwende, eine gemeinsame Kraftanstrengung. Dieser Haushalt ist keine Kraftanstrengung, sondern insgesamt eine Mogelpackung, viel zu wenig eigene Akzente. Deswegen werden wir ihn so auch nicht mittragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Brian Nickholz.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7536894
Wahlperiode 20
Sitzung 39
Tagesordnungspunkt Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
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