Metin HakverdiSPD - Digitales und Verkehr
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Etat des BMDV, des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, hat traditionell einen sehr großen Investitionshaushalt. Wir bauen große Bahnhöfe, Autobahnen, neuerdings auch Radwege, große Wasserstraßen, Schleusen, digitale Stellwerke und riesige Bahnbrücken. Wir bauen sie nicht nur, wir müssen sie auch auf dem neuesten Stand der Technik halten, und ab und zu muss man sie sanieren.
Unsere Klimaziele setzen uns im Verkehrssektor besonders unter Druck. Liebe Kolleginnen und Kollegen, tun Sie mir bitte den Gefallen – vielleicht nicht jetzt, sondern später – und googeln Sie mal Ihren Wohnort und das Jahr 1990, dann drücken Sie auf „Bilder“, und dann gucken Sie mal, was Sie finden. – Und was fällt Ihnen da auf? 1990 waren sehr wenig Autos auf der Straße, richtig wenig Autos auf der Straße. Jetzt rechnen Sie mal: Bis 2030 wollen wir 65 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 – im Vergleich zu 1990, nicht im Vergleich zu heute – einsparen. Das betrifft in erheblichem Maße auch den Verkehr. Schauen Sie noch einmal auf die Bilder. Ich würde sagen, das bedeutet eine Menge Elektroautos und sehr viele zusätzliche Bahnkunden bis 2030.
Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, wird sich einiges in diesem Jahrzehnt wandeln müssen, auch im Sektor Verkehr. Sicherheit im Wandel bedeutet, dass wir massiv in die Verkehrsinfrastruktur investieren müssen. Es wäre großartig, wenn mehr Menschen vom Auto auf die Bahn umsteigen. Es wäre großartig, wenn mehr Güter von der Straße auf die Schiene oder auf die Wasserstraßen kämen. Es wäre großartig, wenn mehr Menschen das Rad benutzen würden. Klar ist aber auch: Mobilität darf kein Luxusgut werden. Sie muss für alle Einkommensgruppen bezahlbar bleiben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Wandel im Verkehrssektor darf keinen sozialen Abstieg fördern. Mobilität gehört zur Daseinsvorsorge.
Wir haben in den Beratungen seit der ersten Einbringung des Haushalts Ende März dieses Jahres einige Änderungen vorgenommen, um den Wandel im Verkehrssektor schneller voranzubringen. Beispielhaft seien hier genannt:
Zuschüsse an private Unternehmen im kombinierten Verkehr: Wir unterstützen Investitionen in Anlagen, die Güter von der Straße auf die Schiene oder aufs Wasser bringen.
Radverkehr: Wir investieren mehr in das Radnetz Deutschland und in das Sonderprogramm „Stadt und Land“. In Zukunft werden mehr Menschen auf das Rad umsteigen, weil es, elektrisch verstärkt, komfortabler wird und vor allen Dingen größere Reichweiten haben wird. Dazu braucht es auch ein richtiges Radwegenetz.
Wasserstraßen: Wir haben darüber hinaus die Mittel zur Unterhaltung von Wasserstraßen erhöht. Allein für die Seekanalvertiefung Rostock haben wir Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 118 Millionen Euro in den nächsten Jahren ausgebracht.
Und schließlich die wichtigste Veränderung zum Regierungsentwurf: Für die Digitalisierung der Schiene haben wir mehr als 400 Millionen Euro bereitgestellt.
Lassen Sie mich im Zusammenhang mit dem Thema Digitalisierung zu den Herausforderungen der Zukunft im Verkehrsetat kommen. Ich sehe zwei Schwerpunkte: erstens Digitalisierung der Schiene, zweitens Erhalt der Infrastruktur. Wir sehen dieser Tage, dass die Bahn immer wieder an ihre Leistungsgrenze kommt: Verspätungen, Zugausfälle, schlicht zu geringe Kapazitäten auf bestimmten Strecken. Diese Probleme bestehen nicht nur bei der Bahn. Sanierungsbedürftige Autobahnbrücken, Wasserwege und Schleusen bereiten uns heute oftmals große Probleme. Wenn wir hier nicht schnell gegensteuern, kann das richtig teuer werden.
Wir müssen in den kommenden Jahren in den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur investieren. Wir müssen in diesem Bereich unsere Versäumnisse der Vergangenheit aufholen. Gleichzeitig müssen wir im Bereich Digitalisierung der Schiene noch ehrgeiziger werden; denn es schlummert ein riesiger Schatz in unserem Trassennetz. Durch die digitale Vernetzung der bestehenden Infrastruktur – der Gleise, der Weichen, der Stellwerke, der Signale und der Fahrzeuge auf den Gleisen – können die bestehenden Gleise deutlich mehr Kapazität, also mehr Züge, deutlich zuverlässiger bewältigen. Dafür müssen wir aber in die Infrastruktur investieren und sie digital ausrüsten.
Wenn wir wollen, dass Menschen vom Auto auf die Bahn umsteigen – das ist gut so –, dann muss die Bahn aber auch verlässlich, komfortabel und preiswert sein. Wir werden das nur mit massiven Investitionen in die Infrastruktur erreichen. Dabei sind die Digitalisierung der Schiene und der Ausbau des Streckennetzes besonders wichtig; denn so wird das Umsteigen auf die Bahn attraktiver.
Wir haben deshalb im Haushaltsausschuss einen Maßgabebeschluss an die Bundesregierung gerichtet – mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich daraus –:
Die Bundesregierung ist aufgefordert, bei der Aufstellung des Haushaltsentwurfs 2023 und der Finanzplanung im Einklang mit dem Koalitionsvertrag bei der Anhebung und langfristigen Absicherung der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erheblich mehr in die Schiene als in die Straße zu investieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Mit den anzuhebenden Ansätzen im Kapitel Bundesschienenwege sind insbesondere die Digitalisierung der Schiene und die Ausweitung des Streckennetzes im Bahnverkehr prioritär voranzutreiben.
Damit ist alles gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der Haushaltsausschuss hat mit diesem Maßgabebeschluss ein Machtwort Richtung Regierung gesprochen. Wir meinen es ernst. Wir wollen die Schiene ausbauen, wir wollen die Schiene digitalisieren.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Haben Sie auch Verpflichtungsermächtigungen eingestellt?)
Wir sehen uns hier alle nach der Sommerpause wieder, um den Haushalt 2023 zu beraten. Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, müssen wir massiv in die Verkehrsinfrastruktur investieren.
Zum Abschluss noch herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen Berichterstatterinnen und Berichterstatter. Herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium, an die Referentinnen und Referenten in den AGen und in den Abgeordnetenbüros. Die Arbeit hat sich gelohnt. Ich freue mich auf den Haushalt 2023.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Auch der Dank war innerhalb der Redezeit. Ich nehme das als Anregung für alle nachfolgenden Rednerinnen und Redner mit und gebe jetzt das Wort dem Kollegen Victor Perli für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536924 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Digitales und Verkehr |