Lina SeitzlSPD - Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Oben auf den Zuschauertribünen sitzen ganz viele Schülerinnen und Schüler, die uns heute zuhören. Wir behaupten hier im Saal ja immer wieder – und das tun alle von uns –: Wir machen generationengerechte Politik. – Wer sich einmal ernsthaft mit dem Prozess der Atommüllendlagersuche auseinandergesetzt hat und die Atomenergie trotzdem weiter nutzen möchte, der kann nicht ernsthaft sagen, dass er generationengerechte Politik macht. Wer sich mal mit den Kosten auseinandergesetzt hat, die Atomenergie verursacht, wer sich mal mit den Risiken auseinandergesetzt hat, die mit der Nutzung von Atomenergie verbunden sind, und die Laufzeit der Atomkraftwerke dennoch verlängern möchte, der kann nicht hier stehen und sagen, er macht Politik für die jungen Menschen, für die nachfolgenden Generationen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie der Abg. Judith Skudelny [FDP] – Gabriele Katzmarek [SPD]: Sehr gut und sehr richtig! – Zurufe von der AfD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 33 Milliarden Dollar an wirtschaftlicher Leistung stellt das Ökosystem uns jährlich zur Verfügung, und zwar ungefragt und kostenlos, für uns alle. Ich bin mir sicher: Jeder Finanzminister dieser Welt wäre froh, so ein Sondervermögen ohne Zinsen und Verpflichtungen sein Eigen nennen zu dürfen.
Die Natur schafft unsere Lebensgrundlagen: saubere Luft, Trinkwasser, ertragreiche Böden, Lebensmittel. Sie gibt uns Lebensraum und Freiraum. Sie trägt buchstäblich unsere Häuser und Straßen. Sie stellt uns Baumaterial zur Verfügung. Die Mehrheit der Menschen hat ja nicht einfach ein großes Haus mit Garten zur Verfügung. Ein Park, ein Wald, ein See, etwa der Bodensee, sind daher systemrelevant; das hat uns spätestens die Coronapandemie gezeigt.
(René Bochmann [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Frau Kollegin, aus der AfD-Fraktion gäbe es den Wunsch nach einer Zwischenfrage.
Ich verzichte sehr gerne.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Auch wegen der Klimakrise sind wir auf Ökosystemleistungen angewiesen; denn wir brauchen gesunde Böden, intakte Moore und großflächige Wälder als natürliche CO2-Speicher. 33 Milliarden Dollar – das ist das von der Natur erschaffene Sondervermögen, auf das wir wahrlich nicht verzichten können.
Jetzt sind wir ja gerade in Haushaltsberatungen und erinnern uns, zumindest in dieser Woche, dass Vermögen, dass Geld nicht einfach irgendwie im Haushalt drin ist, sondern das muss man sich erarbeiten. Dafür muss man investieren, und genau das tun wir in diesem Einzelplan 16.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und das ist auch dringend nötig. Der Artenschwund schreitet in einem dramatischen Tempo voran, und zwar nicht nur in weiter entfernten Regionen, sondern auch hier bei uns vor Ort. Deshalb hat der Schutz der biologischen Vielfalt einen besonderen Platz in diesem Haushalt. Für den Bundesnaturschutzfonds gibt es allein in diesem Jahr knapp 92 Millionen Euro; das ist ein deutlicher Aufwuchs.
(Uwe Feiler [CDU/CSU]: Gab es vorher auch schon! – Andreas Bleck [AfD]: Das sind Taschenspielertricks!)
Diese Mittel sind frei angelegt, sodass sie je nach Bedarf verlagert werden können. Zum Fonds gehört zum Beispiel das Bundesprogramm Biologische Vielfalt. Auch das Artenhilfsprogramm ist im Fonds verankert. Seine Mittel werden ausgegeben, um Populationsschutzmaßnahmen beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu finanzieren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Aber – auch das muss man hier sagen –: Der Schutz der Biodiversität ist auch eine Frage der globalen Gerechtigkeit. Mit unserem Konsum überschreiten wir nämlich längst die Landesgrenzen: Futter für deutsche Tierhaltung wird in Brasilien produziert. Unser Obst und Gemüse kommt von überall auf der Welt.
Er ist auch eine Frage der Gesundheit; denn da, wo Wildnis zum Acker wird, wo Lebensräume der Tiere zerstört werden, können neuartige Krankheiten vom Tier auf den Menschen überspringen. Ich spreche natürlich von Zoonosen. Eine davon konnten wir mit der Covid‑19-Pandemie in den letzten zwei Jahren eindrücklich erleben.
Deshalb beteiligen wir uns auch so aktiv bei den Verhandlungen zum internationalen Rahmenabkommen für die biologische Vielfalt. Wir wollen hier verbindliche Standards und konkrete Ziele definieren. Es muss aber auch klar sein, dass auch in den kommenden Haushalten finanzielle Mittel dafür hinterlegt werden müssen. Sehr geehrte Damen und Herren, wir nutzen das Sondervermögen der Natur, indem wir investieren.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Der Kollege Steffen Bilger hat jetzt für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536963 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz |