Jakob BlankenburgSPD - Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Rede mit Zeilen beginnen, die den Fans deutscher Indie-Musik bestens bekannt sein dürften. Ich zitiere:
Nur weil man sich so dran gewöhnt hat Ist es nicht normal Nur weil man es nicht besser kennt Ist es nicht Noch lange nicht Egal
Diese Zeilen stammen von der Hamburger Band Kettcar. Kettcar werden am Freitag bei der letzten Kulturellen Widerstandspartie im Rahmen der 33. „Kulturellen Landpartie“ in Gorleben auftreten, direkt vor dem dortigen atomaren Zwischenlager, mitten im Wendland, dem Inbegriff der Antiatombewegung.
Woran wir uns schon längst gewöhnt haben: Etwa 1 Milliarde Euro jährlich fließen in die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle. Wir haben es heute schon gehört: Das ist knapp die Hälfte des diesjährigen Etats des Bundesumweltministeriums. Diese Summe wird Jahr für Jahr aufgebraucht, um radioaktive Abfälle sicher zu lagern und den bestmöglichen Standort für ein Endlager für radioaktive Abfälle zu finden.
(Zuruf des Abg. Stefan Wenzel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben uns daran gewöhnt, aber es ist nicht normal, und es kann uns auch nicht egal sein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Diese Zahlen belegen – auch das wurde in dieser Debatte schon gesagt –, dass die Nutzung der Atomenergie alles andere als kostengünstig ist. Die Nutzung dieser Energieform hat enorme Folgekosten, und diese sind nicht nur in Euro zu bemessen. Künftige Generationen werden bis zu 1 Million Jahre mit den Hinterlassenschaften unserer Energieerzeugung umgehen müssen. Jeder Tag, an dem kein neuer hochradioaktiver Müll aus deutschen Atomkraftwerken hinzukommt, ist wichtig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Judith Skudelny [FDP])
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, halten wir daran fest, dass die letzten drei noch aktiven Atomkraftwerke in Deutschland Ende dieses Jahres vom Netz gehen. Da reicht ein Blick in den Prüfvermerk, den BMUV und BMWK ausgefertigt haben. Darin ist ganz klar geregelt: Selbst wenn wir es wollten, es wäre unwirtschaftlich, es macht keinen Sinn.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Judith Skudelny [FDP])
Den Kolleginnen und Kollegen aus der FDP würde ich einen Blick in den Koalitionsvertrag empfehlen, Seite 47, falls das hilft.
Generationen von Menschen haben für diesen Ausstieg aus der Atomenergie gekämpft, in Gorleben und in vielen anderen Ecken Deutschlands, und ihr Widerstand hat sich gelohnt. Das Motto am Freitag heißt zu Recht: „Gorleben raus, AKWs aus“.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Wie gefährlich Atomkraftwerke und der Atommüll sind, hat uns die dramatische Situation in den ukrainischen Kraftwerken infolge der russischen Angriffe einmal mehr verdeutlicht. Wir müssen unter Hochdruck daran arbeiten, die hochradioaktiven Abfälle aus der jahrzehntelangen Nutzung der Atomenergie schnellstmöglich tiefengeologisch einzulagern. Der Deutsche Bundestag hat für die Suche nach dem bestmöglichen Standort für ein solches Endlager im Jahr 2017 ein Verfahren beschlossen, übrigens auch mit den Stimmen der Unionsfraktion. Dieses Verfahren soll partizipativ, wissenschaftsbasiert, transparent, selbsthinterfragend und lernend sein. Das mag erst mal sperrig klingen; aber genau das ist der richtige Weg. Eine solche Standortsuche geht nur mit den Menschen und nicht gegen sie. Das haben wir unter anderem aus Gorleben gelernt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Victor Perli [DIE LINKE])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist die Bürger/-innenbeteiligung in allen Phasen der Standortsuche einer der zentralen Aspekte. Die Mittel aus dem in dieser Woche zu beschließenden Bundeshaushalt sind hier gut angelegt. Der Umgang mit den Hinterlassenschaften unserer Energieerzeugung geht uns alle an – und ganz besonders die junge Generation. Sie wird die Inbetriebnahme des Endlagers für hochradioaktive Abfälle miterleben. Für sie wird dieses Endlager irgendwann normal sein. Geben wir uns Mühe, sie auf dem Weg dahin bestmöglich mitzunehmen. Mit dem Einzelplan 16 legen wir die Grundlage dafür.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7536971 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 39 |
Tagesordnungspunkt | Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz |