Volkmar KleinCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beiträge haben schon ein bisschen deutlich gemacht, dass in diesem Jahr der Einzelplan 23 oder, besser gesagt, die Finanzierung der Arbeit des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung so unübersichtlich ist wie in der Vergangenheit noch nie:
(Bettina Hagedorn [SPD]: Was?)
anfangs vorübergehend 600 Millionen Euro im zweiten Regierungsentwurf im Einzelplan 60 schon mal geparkt, um überplanmäßige Ausgaben zu finanzieren; 784 Millionen Euro für ACT‑A, also die internationale Impfkampagne, aber neben dem Einzelplan 23, und 1 Milliarde Euro aus dem Ergänzungshaushalt für Kriegsfolgenbewältigung weiterhin im Einzelplan 60 und nicht im Einzelplan 23;
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Und wo ist jetzt die Kritik? Freuen Sie sich doch!)
globale Mehrausgaben, wo nicht klar ist, wer und wie entscheidet, wo die am Ende ausgegeben werden.
Das ist schon ein Stück weit ein Problem für die Transparenz der Finanzierung unserer Entwicklungsarbeit. Nun könnte man ja sagen: Na ja, das ist ja nicht so schlimm; das könnte ja sogar besonders kreativ und deswegen gut sein.
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Sind wir ja auch!)
Mag sein, aber es birgt natürlich erhebliche Gefahren; denn der Plafond des Einzelplans 23 ist eben nicht entsprechend aufgewachsen. Nicht die mittelfristige Finanzplanung ist das Problem für die Zukunft, aber immer als Benchmark die bisherigen Ausgaben. Und die sind eben sehr viel niedriger als die Gesamtsumme, über die jetzt mehrfach geredet worden ist.
Vielleicht hat sich die Ministerin ein bisschen über den Tisch ziehen lassen vom Finanzminister.
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Nein! Niemals! – Bettina Hagedorn [SPD]: Nein! Sie phantasieren!)
Denn wenn ich dann sehe, dass die VEs, die Verpflichtungsermächtigungen, im Einzelplan 23 deutlich zurückgefahren worden sind, unter das Niveau von 2021, dann, liebe Frau Kollegin Hagedorn, ist das für mich ein sicheres Indiz dafür, dass meine Befürchtung sehr wohl substantiiert ist.
(Beifall bei der CDU/CSU – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn Ihre Befürchtung?)
Aber fangen wir mal vorne an, positiv.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist gut! – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach zwei Minuten ein guter Ansatz!)
Ich möchte mich ganz, ganz herzlich bei den Ampelkoalitionsfraktionen dafür bedanken, dass Sie sich unserer Kritik am ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung angeschlossen haben, dass Sie auch sehr massiv eingefallen sind in die Kritik der Opposition an dem, was die Regierung vorgelegt hat. Opposition wirkt – das kann man so ein bisschen feststellen.
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Na ja! Wir haben eigene Ideen gehabt!)
Das betrifft die Gesamtsumme. Sie haben ja gerade noch mal so die Kurve gekriegt. Das betrifft aber auch Einzelpunkte. Einige wurden eben schon genannt. Bei der Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ zu kürzen, angesichts der jetzigen Situation – das war doch absurd! Den Krisentitel wollte die Regierung von 936 Millionen Euro auf 550 Millionen Euro kürzen. Das wäre doch ein Unding gewesen. Es ist gut, dass das alles korrigiert worden ist, dass auch die Kürzungen beim Kirchentitel zurückgenommen worden sind. Deswegen kann ich nur sagen: Es ist sehr gut, dass Sie sich in letzter Minute unserer Kritik angeschlossen und notwendige Kurskorrekturen vorgenommen haben. Das loben wir.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auf der anderen Seite gibt es schon an vielen Stellen eine erhebliche Diskrepanz zwischen Reden und Handeln. Es ist eben noch mal gesagt worden, wie wichtig die Förderung von Frauen ist.
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Richtig! Ganz genau! – Bettina Hagedorn [SPD]: Stimmt! Genau so ist es!)
Das hat das BMZ heute in einer Pressemitteilung noch mal herausgehoben. Wenn dann aber genau in den Bereichen, in denen hauptsächlich Frauen gefördert werden, weiterhin eine massive Kürzung zu verzeichnen ist, dann passen Reden und Handeln doch nicht zusammen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo genau?)
Vielleicht weiß die Ministerin nicht,
(Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?)
dass Mikrokredite vor allen Dingen Frauen zugutekommen.
(Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie sich doch mal die Studien zu Mikrokrediten angeguckt!)
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Ja, gerne.
Vielen Dank, Herr Kollege Klein. – Nachdem Sie zwei Minuten für eine sehr spannende Ausführung über Einzelplansystematiken genutzt haben, haben Sie jetzt den Weg zum Inhalt gefunden.
(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Das war noch mal ein bisschen Aufklärung! Service!)
Meine Frage wäre, ob Sie noch mal darstellen können, an welchen Stellen Ihrer Auffassung nach weniger für frauenbezogene Programme ausgegeben wird als beispielsweise im ersten Regierungsentwurf noch Ihrer schwarz-roten Vorgängerregierung. Es gibt nämlich nicht nur gegenüber dem zweiten Regierungsentwurf einen zentralen Aufwuchs – darüber debattieren wir diese Woche –, sondern einen ebenso großen Aufwuchs gegenüber dem noch von Ihrer Vorgängerregierung vorgelegten Entwurf.
Wir haben gemeinsam mit der Regierung in einem guten Miteinander beispielsweise die Finanzierung von frauenspezifischen Projekten – die GFF wollten Sie vielleicht gerade im Bereich Mikrokredite ansprechen – wieder auf das ursprüngliche Niveau gebracht. Wir haben UN Women gestärkt, übrigens mit mehr Mitteln, als jemals unter einer Vorgängerregierung dafür ausgegeben wurden. Und wir haben beispielsweise die Mittel für Programme – Frau Raffelhüschen hat das gerade ausgeführt – im Bereich „reproduktive Rechte und Familienplanung“ gegenüber dem, was Ihre Vorgängerregierung zustande gebracht hat, weiter erhöht.
Vielleicht können Sie einfach noch mal in Zahlen darstellen, wo ich mich getäuscht haben könnte.
Es ist schön, dass Sie die Frau Kollegin Raffelhüschen gerade noch mal erwähnt haben. Sie hat zu Recht darauf hingewiesen, dass an vielen Stellen Frauen die besseren Unternehmerinnen sind und dass es deswegen sehr sinnvoll ist, genau dort wirtschaftlich anzusetzen.
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb machen wir es ja! – Bettina Hagedorn [SPD]: Das machen wir doch!)
Möglicherweise wissen Sie nicht, dass Mikrokredite in dieser Hinsicht besonders wirksam sind.
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen machen wir es ja auch!)
Möglicherweise wissen Sie auch nicht – möglicherweise weiß das auch die Ministerin nicht –, dass der Titel „Zusammenarbeit mit der Wirtschaft“
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach der!)
der Titel im Haushalt ist, aus dem im Wesentlichen die Finanzierung der Deutschen Sparkassenstiftung erfolgt, und die finanziert vor allen Dingen Mikrokredite. Wenn ich jetzt sehe, dass dieser Titel von 267 Millionen auf 194 Millionen Euro gekürzt worden ist, dann ist das für mich das Gegenteil von Förderung von Frauen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will noch eine weitere Zahl hinzufügen. Ich hatte nämlich gestern Gelegenheit, mit dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkassenstiftung darüber zu reden. Ich ging davon aus, dass es zu 90 Prozent Frauen sind, denen die Mikrokredite zugutekommen. Heinrich Haasis hat mich korrigiert und gesagt: Bei vielen Programmen der Sparkassenstiftung sind es 100 Prozent. – Das heißt, Sie kürzen den Titel, der zu 100 Prozent Frauen zugutekommt. Das ist für mich das Gegenteil von Förderung von Frauen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Skandal! – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Unglaublich!)
– Ja, das ist schon ein Skandal; die Kollegen haben hundertprozentig recht. Deswegen ist das etwas, was Sie sich sehr zu Herzen nehmen müssten.
Ganz generell will ich sagen – das ist auch ein erfolgreiches Motto aus Nordrhein-Westfalen –: Reden reicht nicht. Es geht um „Machen, worauf es ankommt“.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir doch!)
Genau, Herr Kollege. Also kommen Sie jetzt zum Schluss, bitte.
Das ist auch das, was wir von der Ampelkoalition erwarten. Wenn Sie das machen, –
Herr Kollege.
– dann haben Sie auch unsere Unterstützung dafür.
(Beifall bei der CDU/CSU – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt ja eher ein Schuss in den Ofen! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Bettina Hagedorn, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537065 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 40 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |