Karsten KleinFDP - Wirtschaft und Klimaschutz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anfang der Woche hat die EU ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg gebracht. Ich denke, das begrüßen wir alle ausdrücklich. Aber klar muss auch sein, dass unser Sanktionsregime dazu führen muss, vor allem die russische Seite, die russische Wirtschaft mehr zu schädigen als die europäische oder die deutsche. Dass unsere Sanktionen wirken, sieht man auch daran, dass hochwertige Güter aus Europa und Deutschland der russischen Wirtschaft nicht mehr zur Verfügung stehen, hochwertige Güter, die durch andere Staaten, die sich an den Sanktionen nicht beteiligen, nur schwer zu substituieren sind. Das zeigt auch noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen, welche Stärke wir in diesem Konflikt in die Waagschale mit einbringen können, nämlich unsere wirtschaftliche Stärke, die Möglichkeit, dass die Menschen in diesem Land ihr Know-how in Güter, in hochwertige Dienstleistungen transferieren können, auch für die Freunde in der Ukraine.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb hat die Ampelkoalition – meine zwei Kollegen sind schon darauf eingegangen – massiv die Mittel aufgestockt, um Innovationskraft, um die Zukunftsfähigkeit, um das Know-how dieser Menschen hier in diesem Land zu stärken, zum Beispiel über die berufliche Bildung, über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand und andere Töpfe, um zu erreichen, dass wir international wettbewerbsfähig bleiben und dass wir diese Stärke auch in diesen Konflikt einbringen können.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gegenteil davon, die Wirtschaftskraft zu stärken, wäre es gewesen, der Forderung nach einem sofortigen Gasembargo nachzukommen. Die Preise sind für die Bürgerinnen und Bürger in den letzten Wochen extrem gestiegen: an der Tankstelle bis zu 40 Prozent in der Spitze, beim Gas sogar fast verdoppelt. Aber das ist nur ein müder Vorgeschmack von dem, was passieren würde, wenn wir ein sofortiges Gasembargo verhängen würden.
Ja, es war eine Fehlentscheidung, sich so massiv von russischer Energie abhängig zu machen. Aber deshalb muss für uns gelten, Gegenstrategien zu entwickeln, und das hat diese Bundesregierung getan.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das hat diese Bundesregierung getan, indem wir zum einen kurzfristig den Bürgern bei den stark gestiegenen Energiepreisen eine Erleichterung über dieses Entlastungspaket ermöglichen: 37 Milliarden Euro in der Summe, zum Beispiel über die Abschaffung der EEG-Umlage oder über den Tankrabatt. Herr Minister, ich bin davon überzeugt, dass Sie gemeinsam mit dem Kartellamt dafür Sorge tragen werden, dass diese Preisabsenkung auch bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Victor Perli [DIE LINKE]: Wann geht es los?)
Wir haben es zum anderen auch getan, indem wir einen Zuschuss in Höhe von 4 Milliarden Euro für die energieintensive Wirtschaft bei Ihnen im Einzelplan eingestellt haben. Das zeigt: Kurzfristig haben wir schon reagiert. Aber natürlich bedarf es auch einer mittelfristigen und langfristigen Strategie, um die Abhängigkeit von fossiler russischer Energie zu reduzieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, der Vorschlag, 750 Millionen Euro bei der Dekarbonisierung der Industrie zu streichen, ist natürlich genau das Gegenteil davon, eine Strategie zu entwickeln, um die Abhängigkeit zu reduzieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir als Koalition haben, um die Abhängigkeit zu reduzieren, Investitionen in die Infrastruktur hinsichtlich LNG in den Haushalt aufgenommen. Ich begrüße ausdrücklich, dass es hier eine Kehrtwende gegeben hat. Wir investieren fast 4 Milliarden Euro in die Anmietung schwimmender Plattformen, um das Flüssiggas auch in unsere Systeme zu bringen. Das dient natürlich der Reduzierung der Abhängigkeit, und das dient der Versorgungssicherheit. Wir dürfen aber in diesem Zusammenhang nicht die Versorgungspreise außer Acht lassen. Deshalb müssen wir den Menschen auch klar sagen: In den letzten zehn Jahren war LNG-Gas immer 30 Prozent teurer als das Gas aus den Pipelines.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister, muss es uns gelingen, den Spirit, die Idee unseres Koalitionsvertrags noch stärker zu leben. Wir wollen über Innovationen und über Fortschritt zu weniger Verbrauch kommen und dazu, dass wir uns neue Energiequellen erschließen. Das sind die Aufgaben für die nächsten Monate und Jahre.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich müssen wir auch dafür sorgen, dass die Wirksamkeit der Mittel im Haushalt verbessert wird. Wir haben eine ganze Reihe von Rechnungshofberichten – da haben Ihnen Ihr Vorgänger, Peter Altmaier, und die Union, Herr Minister, leider eine riesige Baustelle überlassen –, in denen dargestellt wird, dass wir eine sehr schlechte Koordination haben, wenn es um die Verwendung der Mittel bei der Energiewende geht, dass wir eine schlechte Wirksamkeit bei der Verausgabung dieser Mittel haben. Wir haben hohe Ausgabereste im Bereich des Wirtschaftsministeriums und des Energie- und Klimafonds.
Deshalb gilt es – das hat die Koalition auch beschlossen –, die Wirksamkeit der Mittel zu erhöhen. Denn wir wollen alle gemeinsam erreichen, dass wir nicht Mittel in den Haushalt einstellen, sondern dass wir CO2 einsparen und dass wir uns alternative Energiequellen eröffnen. Das muss das Ziel der nächsten Monate sein.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ganz herzlichen Dank auch für die Einhaltung der Redezeit. – Es folgt für die CDU/CSU der Kollege Jens Spahn.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537114 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 41 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Klimaschutz |