Franziska HoppermannCDU/CSU - Justiz, Bundesverfassungsgericht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Buschmann! Schön, dass auch das Finanzministerium mit dem Bundesfinanzminister – wenn auch nicht auf der Regierungsbank, aber doch zumindest im Haus – vertreten ist.
Justiz und Recht sind die fundamentalen Säulen unserer Gesellschaft. Der Einzelplan 07 – Justiz – im Bundeshaushalt ist die wichtigste Grundlage der Umsetzung dessen. Nun, Herr Minister, anstatt diesen Einzelplan des Bundesministeriums der Justiz im Haushalt 2022 zu stärken, schwächen Sie ihn. Dem ohnehin schon traditionell kleinsten Ressorteinzelplan mit den im Verhältnis höchsten Einnahmen danken Sie mit einem sinnlosen Wirrwarr an Änderungen und Maßnahmen und vergessen das Wesentliche.
Fangen wir mit dem Verbraucherschutz an. Der Verbraucherschutz wurde abgestoßen an das Umweltministerium. Der für mich einzig dafür erkennbare Grund ist, dass Ihre Kollegen von den Grünen unbedingt die Zuständigkeit für Verbraucherschutz haben wollten und deshalb das sowieso schon überforderte Umweltministerium nun auch noch um den Verbraucherschutz erweitert wurde.
Immerhin könnte man ja denken, dass Sie jetzt ohne den Verbraucherschutz im Justizministerium mehr Zeit für Justizthemen hätten. Leider Fehlanzeige! Der Etat des Generalbundesanwalts wird weiterhin bei den Personalausgaben um 3 Millionen Euro gekürzt. Trotz Stellenschaffungen haben Sie diese Kürzung nicht zurückgenommen. Dafür setzen Sie sich den eigenen Personaletat des Ministeriums weiter hoch. Das ist bei den aktuellen Herausforderungen grob fahrlässig, meine Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Zuständigkeit für den Normenkontrollrat wird ins Justizministerium verlagert, weg vom Kanzleramt. Er ist also nicht mehr Chefsache. Für den Normenkontrollrat ist dies eine Degradierung, und es schadet der Wirksamkeit dieses wichtigen Rates.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])
Das Deutsche Patent- und Markenamt wurde von Ihnen noch im Mai bei Ihrem Besuch umschmeichelt, wie wichtig doch der Beitrag sei, den das Patent- und Markenamt zum Beispiel bei der Bekämpfung der Produktpiraterie leisten könnte. Wie aber auch der BDI, der Markenverband und der Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie kritisieren, sind die dafür erforderlichen Stellen in Ihrem Haushaltsplan nicht vorgesehen. Dabei haben wir in der letzten Regierung eine umfangreiche Reform und Stärkung mit dem Gesetz über weitere Aufgaben des Deutschen Patent- und Markenamtes vorgenommen. Nun müssen aber auch die dafür erforderlichen Ressourcen folgen, um das Gesetz umzusetzen. Es fehlen Stellen für die Unterstützung und Information von kleinen und mittleren Unternehmen und Start-ups. Allein im Bereich IT fehlen über 160 Stellen. Hier erwarten wir eine ganz klare Nachbesserung im Haushalt 2023.
(Otto Fricke [FDP]: Die CDU will mehr Stellen?)
Sie haben im Koalitionsvertrag vereinbart, den Pakt für den Rechtsstaat zu verstetigen und zusätzlich einen Digitalpakt Recht zu schließen. Die Verhandlungen zur Weiterführung haben aber immer noch nicht angefangen. Der alte Pakt für den Rechtsstaat ist im Januar ausgelaufen. Ihre Staatssekretärin, Herr Minister, schiebt gegenüber den Ländern verfassungsrechtliche Bedenken vor. Dabei müssen Sie schlicht das weiterführen, was von der Großen Koalition schon umgesetzt war. Die Länder warten dringend auf die Einhaltung Ihrer vollmundigen Versprechen und Ankündigungen. Vielleicht wäre es eine Option, mal mit Umsetzen anzufangen und weniger Zeit auf Twitter zu verbringen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bisher sind Sie mehr Ankündigungs- als Justizminister. Die Länder sind derart verärgert, dass sie in dieser Stunde parallel zu dieser Debatte einen Beschluss veröffentlichen mit dem Abstimmungsergebnis 16 : 0, der Sie auffordert, beim Pakt für den Rechtsstaat und beim Digitalpakt Recht endlich tätig zu werden. Ja, der Digitalpakt Recht muss neu ausgehandelt werden. Zwar haben Sie verstanden, dass man dafür mal mit den Ländern reden müsste. Aber Sie haben hier im Bundestag noch im April gesagt, Sie hätten bereits mit A- und B-Ländern Verhandlungen begonnen. Tatsächlich aber haben Sie erst nach der Sitzung, und zwar im Mai, Einladungen für das erste Gespräch verschickt. Ehrlich gesagt, erwarte ich gerade von einem Justizminister, dass er hier keine Unwahrheiten erzählt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unredlich!)
Und ich frage mich, ob Sie die Gremien überhaupt richtig kennen und ob Sie zum Beispiel wissen, was der E‑Justice-Rat wirklich macht. Die Länder wissen sehr genau, welche Schritte es in der Digitalisierung der Justiz braucht. Ich habe das Gefühl, dass Ihnen da ernsthaft die Orientierung fehlt, den Digitalpakt Recht richtig anzugehen. Dabei hat die FDP, als sie noch in der Opposition war, gebetsmühlenartig die damalige SPD-Justizministerin Lambrecht gedrängt, endlich mehr am Digitalpakt Recht zu tun.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau! Genau!)
Ulla Ihnen, Stephan Thomae und viele andere haben das hier mehrfach angemahnt.
(Stephan Thomae [FDP]: Jetzt kommt es!)
Im Haushaltsausschuss sagten Sie mir, Herr Minister, dass Sie das direkt mit den Justizministerinnen und Justizministern besprechen wollen, und zwar auf der Justizministerkonferenz. Diese findet allerdings gestern und heute in Bayern statt. Sie nehmen daran aber gar nicht teil.
(Stephan Thomae [FDP]: Schlecht terminiert! – Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie ihm zum Vorwurf machen, dass er hier bei den Haushaltsberatungen ist?)
Zum Amtsantritt wäre das aber angemessen und möglich gewesen. Eine spontane digitale Schalte außerhalb der Tagesordnung ersetzt das nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist schon ein ziemliches Armutszeugnis und eine deutliche Missachtung der Länder.
Die heutige Debatte entschuldigt Ihr Fehlen gestern und heute dort nicht. Für dienstliche Zwecke gibt es bekanntermaßen vielfältige Beförderungsmöglichkeiten. Die Verteidigungsministerin hätte Sie da sicherlich gut beraten können.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Flugbereitschaft kann man als Kabinettsmitglied nicht nur für Familienausflüge nutzen, sondern sogar für Dienstliches.
Insgesamt ist der Haushaltsentwurf für das Justizministerium unambitioniert und setzt die falschen Signale. Sie kürzen an den falschen Stellen, und vor allem setzen Sie durch die Verzögerungen beim Pakt für den Rechtsstaat und dem Digitalpakt Recht den Schulterschluss mit den Ländern aufs Spiel. Wir werden daher diesen Haushalt ablehnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächster erhält das Wort für die Bundesregierung der Bundesminister der Justiz, Dr. Marco Buschmann.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537141 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 41 |
Tagesordnungspunkt | Justiz, Bundesverfassungsgericht |