Carsten MüllerCDU/CSU - Justiz, Bundesverfassungsgericht
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich befürchte, ich kann an die beschwingte Vortragsart der Kollegin nicht ohne Weiteres anknüpfen. Es ist schon merkwürdig – das spricht im Grunde genommen gegen Ihre Beiträge –, dass ausschließlich Sie sich als Fortschrittskoalition bezeichnen. Tatsächlich erweisen Sie sich bei näherem Hinschauen nämlich als eine Agoniekoalition.
Was erleben wir da? Woran machen wir das fest? Wir schauen unter den Mantel der manchmal vorgeblichen Liberalität und stellen dort doch eine ganz große Portionen Ideologie fest. Ich will einige Beispiele liefern:
Wir hatten es Anfang des Jahres mit einer sich auftürmenden Coronawelle zu tun, und entgegen allen Warnungen der zuständigen Fachminister auf Bundes- und Landesebene entscheidet sich diese Bundesregierung – im Übrigen maßgeblich getrieben durch den FDP-Justizminister –
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es!)
dafür, das Infektionsschutzgesetz außer Kraft zu setzen und die Bundesländer und Kommunen im Stich zu lassen.
Das Ganze setzt sich fort bei der aus meiner Sicht unverantwortlichen Nichtpositionierung der Bundesregierung zur Impfpflicht. Sie haben damit dieses Thema tatsächlich umfangreich diskreditiert und das Vertrauen in die Politik nachhaltig zerstört.
(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir als Union lassen Ihnen das nicht durchgehen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dirk Wiese [SPD]: Sie hätten ja zustimmen können!)
Ethisch wichtige und ernsthaft zu führende Debatten wie beispielsweise die um § 219a StGB werden von Mitgliedern der FDP-Bundestagsfraktion mit skurrilen, ja geradezu albernen Tanzeinlagen in Social-Media-Kanälen umrahmt. Meine Damen und Herren, das ist der Ernsthaftigkeit des Themas nicht angemessen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben uns heute mehrfach über das Thema „sexuelle Gewalt gegen Kinder“ unterhalten. Wir als Union wollen jeden effektiven, machbaren und wirksamen Ansatz der Strafverfolgung realisiert wissen. Für uns ist das Thema Vorratsdatenspeicherung kein leicht zu lösendes, aber eines, das man angehen kann. Und ich halte es für unverantwortlich, wenn der FDP-Justizminister mal eben so im Vorbeigehen von einem „juristischen Zombie“ spricht. Das zeigt: Er hat das Thema nicht verstanden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, es ist auch nicht schlüssig, hier mit dem Verweis auf vermeintliche Grundrechte anderer den Schwächsten der Gesellschaft den Schutz zu verweigern, wenn beispielsweise die FDP nicht erst in dieser Legislaturperiode, sondern schon in der letzten eine Inhaltskontrolle von Kommunikation über Messengerkanäle wollte. Das kriegen Sie nicht unter ein und denselben Hut. Mit der Union ist das nicht zu machen. Es ist ein sehr willkürliches Grundrechtsverständnis.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wo wir gerade bei den Grundrechten sind: Sehr geehrter Herr Kollege Wiese, ich spreche das Thema mal an. Sie haben hier versucht, das Thema „Kinderrechte im Grundgesetz“ zu instrumentalisieren. Wir können ja mal bei anderer Gelegenheit Folgendes besprechen: Wie hätten sich die von Ihnen vorgeschlagenen Kinderrechtsformulierungen im Grundgesetz auf die Verfolgung oder die Ermittlungen in den Fällen Tauss und Edathy ausgewirkt? Eine spannende Frage!
(Beifall bei der CDU/CSU – Gabriele Katzmarek [SPD]: Herr Müller!)
Meine Damen und Herren, vom Gestaltungswillen der Bundesregierung in wichtigen rechtspolitischen Fragen ist nichts zu sehen. Die wichtigen Fragen, die die Menschen interessieren, sind von der Union angestoßen worden. Ich will Ihnen einige wenige Beispiele nennen – Sie können das für sich mal überprüfen –:
Betrug mit gefälschten Impfpässen. Es war eine Initiative der Unionsbundestagsfraktion, die Sie dazu brachte, das Ganze ebenfalls verfolgt zu sehen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Stimmt!)
Wir haben dadurch eine Novelle des Strafgesetzbuches bewirkt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben das Thema „§ 64 des Strafgesetzbuches“ auf die Tagesordnung gerufen und im Gegensatz zu Ihnen mit konkreten Vorschlägen untermauert. Sie haben sich verweigert.
Meine Damen und Herren, Sie zeichnen sich in dieser Koalition durch Verschleppen und Blockade aus, und das betrifft eben auch das Thema der Sanktionsschärfe. Wir haben vor wenigen Tagen hier im Haus eine sehr eindrückliche Anhörung durchgeführt. Diese Anhörung hat für die Maßnahmen, die die Koalition vorgeschlagen hat, die nicht weitgehend genug waren, ein desaströses Ergebnis erzielt; Sie wissen das selber. Ihre eigenen Sachverständigen haben Ihnen, dem ganzen Haus, der Öffentlichkeit attestiert: Das, was Sie vorschlagen, reicht nicht.
Das haben Sie in der anschließenden Debatte noch mal besonders untermalt. Es war ein Kollege der Grünen, der sagte: Wir haben ein genaues Auge auf die Villen der Oligarchen. – Bemerkenswerterweise gibt sich die Kollegin Bayram Mühe, immer zu gendern; Sie haben auch in Ihrer Rede gegendert. Sie gendern „Oligarchen“ nicht – merkwürdig! Aber das ist nur eine Randnotiz. Vielleicht üben Sie es demnächst noch.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gendern Sie doch!)
Ihr Fraktionskollege hat gesagt: Wir haben ein genaues Auge auf die Villen und auf die Gemälde. Prima; aber das reicht nicht. Die Oligarch/-innen haben auch ein genaues Auge auf ihre eigenen Gemälde.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir müssen dazu kommen, dass wir es ihnen entreißen, dass wir das dem geschändeten ukrainischen Volk zuwenden, und dazu sind Sie nicht in der Lage.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)
Die vorgelegten Vorschläge haben sie nicht nur ignoriert, die haben sie
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Abgelehnt!)
abgelehnt, und genau das ist Ihr Problem. Deswegen hinken wir beispielsweise in Deutschland Italien so sehr in der Effektivität hinterher.
(Beifall bei der CDU/CSU]
Meine Damen und Herren, ich will diese Haushaltsdebatte mit folgendem Wort zusammenfassen und deswegen auch wieder an den Anfang meiner Rede kommen. Es gibt einen bemerkenswerten Unterschied zwischen der Koalition und der Union: Für Sie reicht das Erzählte, und für uns zählt das Erreichte.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ja, genau!)
Denn nur das ist ein sorgfältiges und gutes Fundament für die Rechtspolitik.
(Beifall bei der CDU/CSU – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Sehr schön! – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immerhin haben Sie jetzt die Opposition erreicht! Das erreichte Ziel!)
Der letzte Redner in der Debatte: Macit Karaahmetoğlu, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537159 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 41 |
Tagesordnungspunkt | Justiz, Bundesverfassungsgericht |