Helge BraunCDU/CSU - Gesundheit
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Deutschland hat eines der besten Gesundheitsversorgungssysteme der Welt; darauf können wir sehr stolz und darüber können wir auch sehr froh sein. Dass wir ein so gutes Gesundheitssystem haben, verdanken wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Gesundheitsberufen – sie sind das Rückgrat –: Ärzte, Pflegende, Mitarbeitende in medizinischen Heilberufen, im Rettungsdienst und viele andere.
Der Bundeshaushalt hat auch die Aufgabe, das Gesundheitssystem zukunftsfest zu machen. Vor uns liegt ein Bundeshaushalt mit historischen Ausgaben für den Bereich Gesundheit. Aber es ist ein Haushalt, der eigentlich alle wesentlichen Zukunftsfragen unseres Gesundheitssystems unbeantwortet lässt. Er enthält nach wie vor hohe Ausgaben für die Bewältigung der Coronapandemie sowie hohe abstrakte Zuschüsse für den Bereich der GKV und der Pflege. Aber die eigentlichen Reformprojekte – gerade das vom Bundesgesundheitsminister angekündigte GKV-Stabilisierungsgesetz – liegen noch nicht vor.
Auch die mittelfristige Finanzplanung des Finanzministers gibt den Mitarbeitenden im Gesundheitssystem nicht einen einzigen Hinweis darauf, wohin die Fahrt eigentlich geht. Wenn man in die mittelfristige Finanzplanung schaut, dann muss man sich eher Sorgen machen, weil der Finanzminister offenkundig davon ausgeht, dass wir im nächsten Jahr wieder eine Situation haben wie 2019: keine Kosten für die Pandemie, keine zusätzlichen Kosten für die Stabilisierung der Pflege oder der Krankenversicherung, sondern einen Status quo ante. Jeder weiß: Das wird nicht passieren. Das heißt, dieser Einzelplan birgt ein großes Risiko für die Finanzierung der kommenden Jahre, und er lässt die Zukunftsperspektive für Patienten, Versicherte und auch für die Mitarbeitenden in dem gesamten Gesundheitssystem völlig offen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Reden wir zum Beispiel über die gesetzliche Krankenversicherung. Der GKV-Spitzenverband geht davon aus, dass wir im kommenden Jahr eine Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro haben werden. Wenn man es über eine Beitragserhöhung abwickeln würde, entspräche das einer Zunahme von einem ganzen Prozentpunkt. Das Reformgesetz haben wir bis heute nicht. Bereits in diesem Jahr gibt es in der gesetzlichen Pflegeversicherung eine Finanzierungslücke von rund 3,6 Milliarden Euro. Das, was hier im Haushalt abgebildet ist, sind rund zwei Drittel davon: der gesetzliche Zuschuss plus 1,2 Milliarden Euro zusätzlich, mehr aber auch nicht. Das heißt, noch in diesem Jahr besteht im Bereich der Pflegeversicherung Handlungsbedarf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ganz besonders große Sorgen mache ich mir, ehrlich gesagt, um die Krankenhausfinanzierung. Ich habe das mehrfach gesagt: Es ist richtig, dass die Ausgleichszahlungen auslaufen. Aber das Grundproblem ist, dass die Länder seit Jahren nicht genug in die Krankenhäuser investieren und der Kostendruck des DRG-Systems zu einer dauerhaften Unterfinanzierung unseres Krankenhaussystems führt. Die Konsequenz ist die hohe Arbeitsbelastung des Personals und auch, dass moderne Ausstattung fehlt.
Die alte Regierungskoalition hatte mit dem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ mit 3 Milliarden Euro einen Startschuss zur Verbesserung der Situation gegeben. Sie könnten jetzt auch was anderes machen; Sie müssen nicht dieses Programm fortführen. Aber wenn ich in diesen Haushalt schaue: null Euro für dieses Programm und auch kein alternatives Konzept für die Zukunft der Krankenhausfinanzierung, was wir dringend gebraucht hätten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Während wir hier sind, diskutieren die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler über die Frage, wie wir uns mit Blick auf die Pandemie auf den Herbst vorbereiten. Wenn man in diesen Haushalt schaut, stellt man fest, dass viele Finanzierungstatbestände – zum Beispiel für Tests – zur Jahresmitte auslaufen. Die Alternative dazu könnte sein, dass wir in diesem Haushalt eine Vorstellung finden, wie wir uns in Zukunft besser auf Pandemien und anderes vorbereiten. Auch die Weiterentwicklung des Robert-Koch-Institutes, das ein 100-Seiten-Konzept aufgestellt hat, wie es sich die Zukunft des Instituts vorstellt, ist weder finanziell noch personell in diesem Haushalt abgebildet. Das heißt, eine grundsätzliche Reform des öffentlichen Gesundheitsdienstes findet sich im Haushalt genauso wenig wieder wie zum Beispiel auch eine Weiter- und Dauerfinanzierung der Notreserve Schutzausrüstung. Dafür sind im Haushalt genau null Euro vorgesehen. Das, was jetzt vorhanden ist, wird dadurch, dass Verwendungszeiträume ablaufen, entwertet. Eine Nachfinanzierung ist nicht vorgesehen. Das heißt auch: Unsere nationale Reserve wird irgendwann verschwinden. Ein Konzept für die Zukunft, wie wir es in Anträgen zum Haushalt gefordert haben, gibt es nicht.
Genauso gibt es keine Antwort auf die Frage, wie wir zukünftig beim Impfen etwas effektiver werden. Es gibt im Deutschen Bundestag eine breite Mehrheit, die bereit wäre, ein Impfregister einzuführen. Wir wissen, dass es nicht nur eine Frage der Pandemievorsorge ist; vielmehr besagt die Stellungnahme des Ethikrats, dass ein Impfregister für die Impfsurveillance in unserem Land, für die effektive Datennutzung, für die Verbesserung des Gesundheitssystems und der gesundheitlichen Versorgungslage der Bevölkerung insgesamt sinnvoll ist. Wir haben angeregt, dass wir hierfür eine Finanzierung bereitstellen. Die Koalition hat das abgelehnt. Der Gesundheitsminister stellt dazu Fragen, statt Konzepte und Antworten zu liefern.
Deshalb muss ich sagen: Für die Beschäftigten, für die Versicherten, aber auch für die Patientinnen und Patienten liefert dieser Haushalt keine Zukunftsperspektive. Deshalb können wir ihm in der vorliegenden Form auch nicht zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Bundesregierung erteile ich das Wort dem Bundesminister für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
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Electoral Period | 20 |
Session | 41 |
Agenda Item | Gesundheit |