02.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 41 / Tagesordnungspunkt EPL 15

Karsten KleinFDP - Gesundheit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Coronakrise hat den Einzelplan 15, den Haushalt des Gesundheitsministeriums, immer noch fest im Griff. Nach eingestellten Mitteln in 2020 in Höhe von 20,8 Milliarden Euro und in 2021 in Höhe von 37,6 Milliarden Euro sind wir jetzt, Stand Juni 2022, bei 64,4 Milliarden Euro. Das ist eine enorme Summe.

Hinter diesen Zahlen stecken natürlich viele Maßnahmen, die geeignet sind, um der Coronakrise zu begegnen, um das Virus einzudämmen. Da ist zum Beispiel die Impfstrategie; sie wurde schon mehrmals angesprochen. Natürlich ist Impfen der zentrale Baustein, um gegen diese Krise anzukämpfen, keine Frage. Aber, Herr Minister, wir sind in der Ampel gemeinsam der Auffassung, dass man nach drei Jahren Pandemie beim Prognosetool schon etwas weiter sein sollte als am Anfang, und deshalb haben wir das gemeinsam auf den Weg gebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das zweite Thema, das ich ansprechen will, wurde schon genannt: die Testverordnung. Natürlich ist auch Testen wichtig in dieser Pandemie. Aber bisher ist es so, dass zum allergrößten Teil der Bund die Kosten für das Testen trägt, und deshalb wird es nach dem 30. Juni kein Weiter-So geben, zumindest nicht in der Form, dass der Bund zum größten Teil die Kosten für das Testen übernimmt. Hier sind die Länder gefordert. Der Bundesrechnungshof hat erst vor Kurzem nochmals festgestellt: Der allgemeine Bevölkerungsschutz ist Ländersache. Infektionsschutz vor Ort ist Aufgabe der Länder und der Kommunen. Deshalb erwarten wir auch, dass sich die Länder nicht nur zu Gesprächen in Berlin treffen, sondern auch die finanzielle Verantwortung in dieser Pandemie übernehmen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Minister, natürlich richten wir gemeinsam den Blick nach vorne. Das gilt nicht nur für den Herbst, wofür es natürlich wichtig ist, schon jetzt Vorbereitungen zu treffen, damit es nicht so kommt wie im letzten Herbst: dass wir unvorbereitet sind, dass Impfzentren geschlossen sind, dass wir gar nicht starten können, wenn es nötig ist. – Das soll uns nicht wieder passieren.

Wir beschäftigen uns auch schon mit der Frage, wie wir uns für die nächste Pandemie aufstellen. Deshalb haben wir uns für Bereitschaftsverträge mit den Herstellern für die Impfstoffherstellung entschieden. Deshalb diskutieren wir auch, wie wir mit persönlicher Schutzausrüstung umgehen. Da muss man sich auch mit Lessons learned beschäftigen. Wir haben in diesem Land persönliche Schutzausrüstung in Milliardenhöhe zu viel beschafft. Und warum? Weil sich Länder, Kommunen und Hilfsorganisationen parallel zum Bund selbst eingedeckt haben. Hier sind Milliarden von Euro in persönliche Schutzausrüstung geflossen, die am Ende gar nicht benötigt worden ist. Das darf uns in einer zukünftigen Pandemie nicht wieder passieren; denn das sind Milliarden Euro Schulden, die zukünftige Generationen zurückzahlen müssen, was vermeidbar gewesen wäre.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann komme ich natürlich noch zu einem wichtigen Thema für die nächsten Monate: die gesetzliche Krankenversicherung. Die gesetzliche Krankenversicherung – das wurde schon gesagt – weist nach Berechnungen im nächsten Jahr ein Defizit von 17 Milliarden Euro und in 2024 von 21 Milliarden Euro auf. Deshalb möchte ich zu Beginn – das mag den einen oder anderen verwundern – noch mal das Thema Krankenhausinvestitionen in den Mittelpunkt stellen; denn so einfach, wie es hier in der Debatte dargestellt wurde, ist es eben nicht. Die Länder investieren seit Jahren – das hat der Bundesrechnungshof errechnet – 4 Milliarden Euro bis 5 Milliarden Euro zu wenig in unsere Krankenhausstrukturen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schön und richtig und wichtig, dass wir den Pflegerinnen und Pflegern, auch den Ärztinnen und Ärzten Applaus zollen. Aber die Länder sind dafür verantwortlich, dass diese auch ordentliche Arbeitsbedingungen vorfinden, dass sie moderne Strukturen haben.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da erwarte ich von den Ländern auch als Lehre aus dieser Pandemie, dass das endlich umgesetzt wird und nicht am Ende einfach dem Bund rübergeschoben wird. Uns erreichen diese Kosten dann mit den Betriebskosten und damit die gesetzlichen Krankenversicherungen und auch der Bundeszuschuss im Haushalt. Deshalb muss dieses Thema angegangen werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Punkt ist die Digitalisierung der Krankenhäuser. Der Kollege Dr. Helge Braun hat es ja zu Recht angesprochen: 3 Milliarden Euro hat der Bund dafür zur Verfügung gestellt. Deshalb erwarte ich, dass die Länder das jetzt auch umsetzen. Es wäre hervorragend, wenn die Kolleginnen und Kollegen der Union auch mal ein ernstes Gespräch mit ihren Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Bayern führen würden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Auch in Niedersachsen!)

Vielleicht kommt man dann endlich mal einen Schritt voran und packt dieses Problem endlich an.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Ampel hat Gott sei Dank auch die digitale Gesundheitsagentur in den Haushalt hineingeschrieben. Das war für die FDP ein sehr wichtiges Projekt. McKinsey hat errechnet, dass uns die Digitalisierung im Prozess 42 Milliarden Euro Entlastung bringen könnte. Ob das am Ende generiert werden kann oder nicht, ist eine andere Frage. Aber das zeigt doch, dass hier ein Riesenpotenzial vorhanden ist, das bisher ungehoben in unserem Gesundheitssystem liegt. Deshalb müssen wir das jetzt kraftvoll angehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Reden wir über die Defizite bei der GKV. Herr Minister, Sie haben das zu Recht angesprochen. Ich habe vorhin schon die Defizithöhe von 17 Milliarden Euro im nächsten Jahr angesprochen. Der Aufwuchs zeigt, dass wir über ein strukturelles Defizit reden, das immer größer wird. Und weil die Union sich hier schon ein bisschen eingesungen hat – in der Generaldebatte, aber auch heute wieder –, will ich noch einmal daran erinnern: Die Spahnʼsche Gesetzgebung aus der letzten Legislaturperiode ist nach Berechnungen in diesem Jahr für 12 Milliarden Euro Mehrausgaben bei der gesetzlichen Krankenversicherung verantwortlich. Deshalb ist es nicht angesagt, dass Sie hier die Verantwortung auf das Haus oder die Ampel schieben. Es ist auch Ihre Verantwortung aufgrund der Versäumnisse in der letzten Legislaturperiode.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass bei dieser Reform eines eingehalten wird, was uns der Bundesrechnungshof ins Stammbuch geschrieben hat, nämlich der gerechte Lastenausgleich zwischen den Generationen. Wir müssen an verschiedenen Stellschrauben drehen, auch bei der Struktur der gesetzlichen Krankenversicherung, damit wir nachher zu einem ausgewogenen und tragbaren Kompromiss kommen, wie die gesetzliche Krankenversicherung und auch die Pflegeversicherung in Zukunft finanziert werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Sepp Müller das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Session 41
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