Josef RiefCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Die erste Frage lautet: Was können wir tun, um die Katastrophe, ausgelöst durch Putins Angriffskrieg, wenigstens zu lindern und die dramatische Ernährungssituation in Afrika zu verbessern? Herr Minister, was machen Sie? Bisher wenig bis nichts!
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist das!)
Nein, Sie stehen vernünftigen Lösungen sogar im Weg. Wenn Sie etwas tun wollen, Herr Minister, gehen Sie noch heute in Ihr Ministerium und lassen den Pflanzenschutz bei Eiweißpflanzen auf Vorrangflächen zu. Die Mehrerträge auf den knapp 100 000 Hektar entsprechen 100 Millionen Kilogramm Getreideäquivalent. Allein damit könnten wir 1 Million Menschen ein Jahr lang mit Brot versorgen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist das!)
Wenn Sie früher dran gewesen wären, wären es sogar mindestens doppelt so viele.
Die EU lässt das zu. Österreich zum Beispiel macht das. Andere Länder machen es. Sie machen nichts. Kommen Sie mir nicht mit dem Argument, Sie ließen die ökologischen Vorrangflächen für Futterzwecke zu. Das war schon in den trockenen Jahren 2018 und 2019 möglich und wirkt geradezu lächerlich angesichts dieser Herausforderungen. Wenn wir ackerfähiges Grünland nur für wenige Jahre umbrechen würden, könnten wir zusätzlich mehrere Millionen Menschen mit Brotgetreide versorgen. Auch hier das Gleiche: Die EU ließe es zu. In Deutschland passiert nichts, und es würde nicht mal etwas kosten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was können wir eigentlich von Ihnen erwarten, Herr Minister, wenn es um die geplanten 4 Prozent Flächenstilllegungen ab kommendem Jahr geht? Das muss man der Bevölkerung einmal erklären. Wir beklagen den Mangel an weltweiter Weizenproduktion. Das Welternährungsprogramm warnt vor einer Hungerkatastrophe. Ich darf auf die Reden Ihrer Ministerkolleginnen hinweisen. Gleichzeitig legen wir ab 2023 4 Prozent Ackerfläche still.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Damit tragen wir dazu bei, dass Millionen Menschen, besonders in Afrika, sich ihr tägliches Brot nicht mehr leisten können und hungern müssen.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist verantwortungslos!)
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ökologische Ziele sind wichtig. Sie verkommen aber zu westlicher Dekadenz, wenn große Teile der Weltbevölkerung infolge des 24. Februars von Hunger bedroht sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Stattdessen schlagen Sie vor, die Fruchtfolge zu ändern und Stoppelweizen anzubauen. Mit ein wenig Sachverstand weiß man: Wo es möglich ist in Deutschland, wird dies längst gemacht. Ansonsten ist es unsinnig und führt zu Mindererträgen.
Es muss auch endlich Schluss sein mit dem Fleisch-Bashing. Die Tiere sind nicht unmittelbar Nahrungskonkurrent, wie Sie es, Herr Minister, bald in jeder Rede behaupten.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich!)
Sie wissen genau, dass nur ein Teil des Brotgetreides Brotqualität hat. Nicht überall ist es möglich, A-Weizen zu ernten. Unsere Nutztiere verwandeln für den Menschen kaum verwertbare Pflanzen in wertvolle Nahrungsmittel.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: So ist das! Sehr gut! Guter Punkt!)
Jeder, der sich ernsthaft damit befasst, weiß – und ich bitte, jetzt mal genau zuzuhören –, dass für jedes Kilo pflanzliche Nahrung, das auf dem Teller landet, circa 4 Kilo Biomasse mit produziert werden, die wir als Menschen nicht verwerten können. Deshalb gehört Tierhaltung seit Jahrtausenden zum Menschen.
(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Massentierhaltung!)
Aus diesem Grund können sich auch die 35 Millionen Haustiere – übrigens: genauso viele Rinder und Schweine gibt es in Deutschland – darauf verlassen, dass wir auch für sie künftig Futter bereitstellen, damit sie ihre wichtigen Funktionen erfüllen können.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Richtig! Wer Tiere füttert, ernährt Menschen!)
Nutztierhaltung nutzt Grünland und für den Menschen nicht geeignete Futtermittel und hilft, mit Wirtschaftsdünger zusätzliche hochwertige Nahrungsmittel zu erzeugen.
All diese Probleme bildet Ihr Haushalt nicht ab. Sie haben den Etat um fast 7,4 Prozent gekürzt. Gleichzeitig steigen die Personalkosten um sage und schreibe 65,5 Millionen Euro.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Wahnsinn!)
Es ist Luft im Haushalt. Trotzdem kürzen Sie den Zuschuss zur Unfallversicherung. Das belastet die Landwirte zusätzlich mit mindestens 18 Prozent höheren Beiträgen zur Berufsgenossenschaft; sie müssen also 18 Prozent mehr bezahlen. Ich glaube, in dieser Zeit ist das das völlig falsche Signal.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, können jetzt noch der Anhebung zustimmen. Unser Antrag liegt vor. Stimmen Sie einfach für ihn!
Ich danke Ihnen, Herr Minister – das möchte ich auch sagen –, dass Sie die 60 Millionen Euro Hilfsgelder der EU mit 120 Millionen Euro aufstocken. Doch Ackerbaubetriebe und die Milchviehhalter sollen leer ausgehen. Wir würden über die Förderung des Agrardiesels alle Bauern bei den gestiegenen Energiekosten entlasten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist ein guter Vorschlag!)
Das Investitionsprogramm Landwirtschaft haben Sie um 63 Millionen Euro und weitere 4 Millionen Euro abgesenkt. Der Ansatz für das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung wurde ebenfalls verringert. Kürzungen mit Ausgaberechten aus dem Coronajahr zu begründen, ist zwar nachvollziehbar. Wir hätten es aber im Gegensatz zu Ihnen den Bauern an anderer Stelle zurückgegeben.
(Beifall der Abg. Christina Stumpp [CDU/CSU])
Ihr Haushalt, Herr Minister, zeigt mit den Reduzierungen aber den Stellenwert der Landwirtschaft für die Ampel. Ihre Ankündigungen zum Tierwohl sucht man vergebens. Sinnvolle Erhöhungen wie bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ stammen noch aus der alten Regierung. Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht, die katastrophalen Auswirkungen des Ukrainekrieges tatsächlich zu bekämpfen und die Bauern und den ländlichen Raum voranzubringen! Darum bitte ich Sie ganz herzlich.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Dr. Sebastian Schäfer das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537189 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 41 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |