Frank SchäfflerFDP - Ernährung und Landwirtschaft
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über den Einzelplan 10. Hier geht es um einen ganzen Berufsstand, und zwar um die Landwirte. Für uns Freie Demokraten sind Landwirte Unternehmer. Sie erzeugen Lebensmittel, und mit diesen Erträgen, die sie erzielen, wollen sie Gewinne erwirtschaften.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Richtig!)
Dafür braucht es die notwendigen Weichenstellungen. Zu diesen Weichenstellungen gehört ein Moratorium für Auflagen und immer neue Vorschriften, um Planungs- und Investitionssicherheit – so haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart – zu gewährleisten.
(Beifall bei der FDP)
Genau darum geht es. Da, wo die Folgen für die Unternehmer besonders existenziell sind, wollen wir helfen. Deshalb haben wir in den Haushaltsberatungen 10 Millionen Euro für die Fischerei zur Verfügung gestellt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Und wir haben für die Flottenumrüstung der Küsten- und Krabbenfischerei ebenfalls Mittel zur Verfügung gestellt, damit dort moderne Antriebstechniken Einzug erhalten. Auch das war Bestandteil unseres Koalitionsvertrags.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber es braucht künftig mehr; es braucht einen Paradigmenwechsel. Der Kanzler hat nicht ohne Grund von einer Zeitenwende gesprochen. Die Zeitenwende, die wir durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine auch in der Landwirtschaft erleben, muss auch Auswirkungen auf unsere Landwirtschaftspolitik in Deutschland haben.
Es ist natürlich wohlfeil, wenn die Union hier Mängel darstellt, die sie selbst 16 Jahre verursacht hat.
(Widerspruch bei der CDU/CSU)
Er war schließlich die Union, die die Bauernmilliarde beschlossen, Brosamen verteilt hat, letztendlich Bürokratie erzeugt und keine Planungssicherheit geschaffen hat. Gängelungen an jeder Ecke: Das ist das Ergebnis von 16 Jahren Landwirtschaftspolitik unter Führung der Union.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)
Das sieht man auch schwarz auf weiß. Der unabhängige Normenkontrollrat hat im Berichtsjahr 2020/2021 dargestellt, dass durch Gesetze der damaligen Bundesregierung über 300 Millionen Euro an Belastung für die Landwirtschaft hinzugekommen sind. Dazu gehört beispielsweise das Aktionsprogramm Insektenschutz mit 150 Millionen Euro. Seit 2016 ist die Situation noch gravierender: Die Landwirtschaft muss eine jährliche Zusatzbelastung von fast 800 Millionen Euro bewältigen, dabei ist die Verschärfung der Düngeverordnung einer der wesentlichen Punkte.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Das hat auch etwas mit EU-Geldern zu tun! – Stephan Protschka [AfD]: Das haben Sie im Wahlkampf auch gefordert!)
Also, Sie können sich nicht als Retter der ländlichen Strukturen und der Landwirtschaft hinstellen, vielmehr haben Sie das Elend im Wesentlichen mitverursacht.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Wer hat denn den Haushalt zusammengestrichen?)
Aber auch die Ampelkoalition muss sich diesen neuen Realitäten stellen. Ich glaube, wir müssen darüber diskutieren, ob die Subventionen für die Flächenstilllegungen in der Landwirtschaft in Deutschland tatsächlich in diese Zeit passen.
(Beifall bei der FDP – Stephan Protschka [AfD]: Sie sind in der Regierung! – Josef Rief [CDU/CSU]: Da haben Sie ja recht! Nicht reden, handeln!)
Alle EU-Staaten haben die Stilllegung von 3 Prozent der Fläche ausgesetzt. Deutschland dagegen hat aus 3 Prozent 4 Prozent gemacht, die Flächenstilllegungen also ausgeweitet. Deshalb, glaube ich, täten wir gut daran, diese Entscheidung zu überdenken.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Dann machen Sie es doch mal!)
4 Prozent Flächenstilllegung in Deutschland entspricht 4 Millionen Hektar Produktionsfläche in der EU.
(Stephan Protschka [AfD]: Wer ist denn in der Regierung?)
Auf dieser Fläche könnte der gesamte Importbedarf an Weizen von Ägypten, Äthiopien, Marokko, Südafrika und Tunesien angebaut werden. Das betrifft also gerade die Länder, die sehr wahrscheinlich besonders unter der Hungerkatastrophe, die auf uns zukommt, leiden werden.
Wir müssen auch dafür sorgen, dass in der Düngemittelpolitik mehr Realismus einkehrt. Wir müssen die Produktionskapazitäten steigern, um die Welternährung in den Griff zu bekommen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Eine Reduktion der Produktionskapazitäten in Europa und in Deutschland ist falsch.
Und letztendlich müssen wir, glaube ich, für mehr Welthandel und mehr freien Handel sorgen. Nach wie vor erhebt die EU – das muss man sich mal vorstellen – Zölle von über 50 Prozent auf Milcherzeugnisse, Getreide und Zucker, obwohl gleichzeitig eine Welternährungskrise droht. Warum sorgen wir nicht dafür, dass diese Zölle abgebaut werden, damit die Preise auch in Europa sinken können?
(Beifall bei der FDP)
Gleichzeitig ist es notwendig, dass wir den Welthandel auch durch bilaterale Abkommen wieder anschieben. Wir müssen endlich das bilaterale Handelsabkommen CETA im Deutschen Bundestag ratifizieren. Das ist der erste Schritt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das schützt den kanadischen Produzenten! Trotzdem haben Sie recht!)
Der zweite Schritt ist, dass wir die Reform der Welthandelsorganisation endlich voranbringen. Auch da hat die Vorgängerregierung nicht geliefert.
(Widerspruch bei der CDU/CSU)
Auch da können wir als Regierung vorangehen.
Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.
Ich komme zum Schluss. – Letztendlich geht es um bezahlbare Lebensmittel. Das ist nicht nur eine Frage der Geldpolitik, sondern das ist auch eine Frage der Handelspolitik. Da muss diese Regierung ansetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Esther Dilcher [SPD])
Der nächste Redner in der Debatte: Albert Stegemann, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537194 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 41 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |