02.06.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 41 / Tagesordnungspunkt EPL 10

Isabel Mackensen-GeisSPD - Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hören sie eindrucksvoll: Die Stimmen nach einer rückwärtsgewandten Agrarpolitik werden wieder lauter. – Doch wir dürfen die bestehenden Krisen nicht gegeneinander ausspielen. Es geht nicht um schnelle Lösungen; denn die Klima- und Biodiversitätskrise gefährdet unsere Lebensgrundlage. Nur auf gesunden Böden können wir auch langfristig gesunde Lebensmittel anbauen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch müssen wir uns in Bezug auf die wahren volkswirtschaftlichen Kosten unseres Ernährungssystems ehrlich machen; denn die Preise an der Ladenkasse sprechen nicht immer die Wahrheit. So entstehen durch Nitrat im Grundwasser versteckte Kosten, die von der Gesellschaft an anderer Stelle bezahlt werden müssen wie zum Beispiel durch erhöhte Wasserpreise.

Am Dienstag hatten wir in unserer AG Ernährung und Landwirtschaft Herrn Professor Strohschneider, den Vorsitzenden der Zukunftskommission Landwirtschaft, zu Besuch. Ich möchte auch noch einmal deutlich machen: Wir stehen auch in der jetzigen Krise zu dem historischen Kompromiss und den Schlussfolgerungen der Zukunftskommission.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Vermeidung der Übernutzung unserer natürlichen Ressourcen muss sich für die Landwirtinnen und Landwirte betriebswirtschaftlich lohnen; denn die Landwirtschaft ist systemrelevant. Die Transformation ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit diesem Haushalt unterstützen wir die Landwirtschaft konkret. Der Ökolandbau ist ein wichtiger Faktor für regionale sowie widerstandsfähige Wertschöpfungsketten und bleibt auch in Krisenzeiten ein wesentliches Element einer zukunftsfähigen Landwirtschaft in Deutschland. Durch die Streichung des Buchstaben „N“ beim Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft – ja, das ist ein langer Titel; kurz: BÖLN – schafft die Ampel im Haushalt einen eigenen Fördertopf nur für den Ökolandbau.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Somit werden in diesem Jahr 32,5 Millionen Euro zielgerichtet für den Forschungsbedarf des Ökolandbaus bereitstehen, um das Ziel 30 Prozent Ökolandbau bis 2030 zu erreichen.

(Beifall der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein weiteres Thema, das mich bewegt und zu welchem am 16. Mai 2022 eine Sonderagrarministerkonferenz stattfand, ist unser Wald. Die Situation ist ernst. Auch in diesem Frühjahr hat es in vielen Regionen zu wenig geregnet. Laut dem Deutschen Wetterdienst gehörte der März zu den trockensten seit der Wetteraufzeichnung. Die Ansprüche an unsere Wälder haben zugenommen: Bedarf an Rohstoff Holz, Beitrag zum Klimaschutz, Förderung der Biodiversität und natürlich der Erholungsort für uns alle. Wir entwickeln ein System zur Honorierung dieser Ökosystemleistungen, mit dem wir die kommunalen und privaten Waldbesitzenden bei dem Umbau unterstützen werden. Wir wollen Anreize für die Verbesserung der Waldleistungen schaffen. Unsere Wälder brauchen zwar dringend Wasser, doch die Gelder dürfen eben nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden. Eile ist geboten.

Sehr geehrte Damen und Herren, dass wir in dieser Woche diesen Haushalt verabschieden können, wir, die in freier, geheimer, gleicher, unmittelbarer und allgemeiner Wahl Gewählten, ist keine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Stephan Protschka [AfD])

Komm wir ziehen in den Frieden Wir sind mehr als du glaubst Wir sind schlafende Riesen Aber jetzt stehen wir auf …

Die Sänger/-innen von CHORiander sangen am letzten Samstag auf dem Marktplatz in Neustadt an der Weinstraße diesen Appell von Udo Lindenberg. Wir wollten ein Fest für die Demokratie feiern, weil vor 190 Jahren Demokratinnen und Demokraten aus ganz Europa aufs Hambacher Schloss gezogen sind. Das war der Beginn eines langen Prozesses zu Freiheit, Frieden und Demokratie. Das Hambacher Schloss ist als Wiege der deutschen Demokratie in die Geschichte eingegangen.

Doch aus dem fröhlichen Fest am Wochenende wurde ein Aufmarsch von in weiß gekleideten selbsternannten Freiheitsaktivistinnen und ‑aktivisten, deren ignorante, aggressive Pöbeleien dazu führten, dass beispielsweise die Stände vom Bündnis gegen Rechts und der Gedenkstätte für NS-Opfer ihre Teilnahme am Fest abbrechen mussten und Familien eben nicht mit ihren Kindern „Hinauf, hinauf zum Schloss“ ziehen konnten.

Aber jetzt stehen wir auf, und zwar mit der Hambacher Intervention, die Sie alle mitunterzeichnen können, um sich deutlich gegen die Vereinnahmung unserer Demokratiegeschichte von rechts zu stellen oder, um es mit den Worten Joachim Gaucks zu sagen, dem ersten Preisträger des Hambacher Freiheitspreises: „Wir lassen uns unsere Symbole der deutschen Demokratiebewegung nicht von den Feinden der Demokratie kapern.“

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich will schließen mit einem Dank an die Schubert-Schule in Neustadt, wo Schüler/-innen, Lehrer/-innen und Eltern jeden Tag unsere Demokratie leben und dafür mit dem Johann-Philipp-Abresch-Preis ausgezeichnet wurden. „ Wir sind schlafende Riesen. Aber jetzt stehen wir auf.“

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7537206
Wahlperiode 20
Sitzung 41
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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