Claudia RaffelhüschenFDP - Arbeit und Soziales, Mindestlohn
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal schnell zu Frau Schielke-Ziesing: Dass ich gesagt habe, dass wir noch nie so viele Steuern gezahlt haben, war natürlich ironisch gemeint.
(Stephan Brandner [AfD]: Aber es stimmt!)
Aber ich musste als Neuling auch erst lernen, dass Politik und Ironie nicht gut zusammenpassen.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
So viel dazu.
Kommen wir zum Einzelplan 11. Mit diesem Einzelplan 11, dem Etat des Arbeits- und Sozialministeriums, beraten wir heute abschließend einen der Zukunftsetats im gesamten Bundeshaushalt. „ Zukunftsetat“ deshalb, weil in den kommenden Jahren große Reformen bevorstehen und wir etwa mit der Einführung des Bürgergeldes und auch mit notwendigen Rentenreformen wie der kapitalgedeckten Rente weniger Bürokratie und mehr Generationengerechtigkeit schaffen werden und auch schaffen müssen.
In den letzten Wochen konnten wir am Etat des Arbeits- und Sozialministeriums noch einige wichtige Nachbesserungen vornehmen, die der aktuellen Lage Rechnung tragen.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: 10 Milliarden fehlen aber immer noch!)
Insbesondere die freischaffenden Künstlerinnen und Künstler haben unter der Coronapandemie schwer gelitten. Die negativen Auswirkungen auf die Künstlersozialkasse konnten durch einen Entlastungszuschuss des Bundes in Höhe von gut 84,5 Millionen Euro, der zusätzlich zum regulären Bundeszuschuss gewährt wurde, aufgefangen werden. Ohne einen weiteren Zuschuss würde der Abgabesatz für das Jahr 2023 sprunghaft und deutlich ansteigen und für die Versicherten erneut eine hohe finanzielle Belastung bedeuten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Daher haben wir auf besonderen Wunsch meiner Fraktion einen sogenannten Stabilisierungszuschuss in Höhe von gut 59 Millionen Euro eingeführt, der den Abgabesatz im kommenden Jahr einbremst. Das ist ein wichtiger Schritt für die Versicherten, den nur die Union, die sich bei der Einbringung am Dienstag ja noch über zu wenig gezielte Entlastung beschwert hatte, im Ausschuss abgelehnt hat.
Als liberale Politikerin war es mir dabei ein besonderes Anliegen, dass die Mehrausgaben zumindest teilweise über den Einzelplan des BMAS gegenfinanziert werden konnten. Ich bin froh, dass sich unsere Ampelkoalition hier auf ein einheitliches Vorgehen einigen konnte und wir uns das Ziel gesetzt haben, möglichst alle zusätzlichen Vorhaben kostenneutral umzuschichten.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
So kommt das Geld auch da an, wo es wirklich gebraucht wird. Das verstehe ich unter solidem Wirtschaften.
Auch der Ukrainekrieg hat große Auswirkungen auf den Arbeits- und Sozialetat, weshalb der Ergänzungshaushalt Ausgabemittel zur Verstärkung von Maßnahmen in Höhe von gut 2,4 Milliarden Euro vorsieht. 2 Milliarden Euro hiervon werden benötigt, um den Rechtskreiswechsel der Geflüchteten in die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch durchzuführen. Damit entfallen die Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, und es greifen die Grundsicherungsleistungen des SGB II. Zuständig sind also in Zukunft die Jobcenter, denen wir damit höhere finanzielle Spielräume einräumen.
Es ist besonders wichtig, dass wir den Geflüchteten einen schnellen Zugang in den Arbeitsmarkt ermöglichen; denn Deutschland ist auf Zuwanderung angewiesen. Unsere Kinder werden es uns spätestens beim Renteneintritt danken.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb haben wir über den Ergänzungshaushalt weitere 105 Millionen Euro für die berufsbezogene Deutschsprachförderung durch das BAMF zur Verfügung gestellt. Damit stehen nunmehr 450 Millionen Euro zur Verfügung, die dringend benötigt werden, um die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Weniger glücklich war ich allerdings mit der Tatsache, dass die mit 10 Milliarden Euro vorgeschlagene kapitalgedeckte Altersvorsorge, also die sogenannte Aktienrente, aus formalen Gründen noch nicht im Bundeshaushalt 2022 berücksichtigt werden konnte.
(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Was? „Aus formalen Gründen“? – Gegenruf der Abg. Katja Mast [SPD]: Es gibt noch kein Gesetz! – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Die Aktienrente kommt doch gar nicht! Es gibt doch gar keine Aktienrente!)
– Ja, gut Ding will Weile haben.
In den vergangenen Monaten haben wir viel über zweifelsohne notwendige Rüstungsausgaben debattiert. Auch über höhere Ausgaben in der Entwicklungszusammenarbeit wurde gesprochen. Die Debatte rund um unser Rentensystem kam mir dabei allerdings viel zu kurz. Wenn wir verhindern wollen, dass wir nicht schon in zwei Jahren die Summe der Beitragssätze von 40 Prozent knacken, dann ist es allerhöchste Zeit, dass wir unsere Rente wieder zukunftsfest machen.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ihr beschließt doch genau das Gegenteil!)
Dafür schlägt mein liberales Herz. Es ist nicht weniger als eine Frage der Gerechtigkeit unseren Kindern und Enkelkindern gegenüber.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Die kriegen niedrigere Renten, die Kinder und Enkelkinder!)
Klar ist für uns Liberale aber auch, dass unser Ziel, ab 2023 die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse wieder einzuhalten, höchste Priorität hat.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Wir müssen ehrlich mit uns sein: Die kommenden Haushaltsberatungen werden dadurch nicht leichter. Es ist aber unsere Pflicht als Hüter des Geldes, exorbitante Schuldenexplosionen zu vermeiden.
Gerade in der aktuellen Situation, in der besonders Arbeitnehmer vor großen finanziellen Belastungen stehen, ist keine Zeit für ideologische Debatten über mögliche Steuererhöhungen oder eine höhere Staatsverschuldung – ganz im Gegenteil. Deshalb widerstrebt mir auch ganz besonders das verschwenderische Verhalten der Linken: zusätzliche Wünsche in Höhe von über 50 Milliarden Euro allein im Einzelplan 11, zum größten Teil nicht gegenfinanziert.
(Pascal Kober [FDP]: Hört! Hört!)
Das ist für mich eine absolut unseriöse Oppositionsarbeit und zeigt den maßlosen Umgang mit unseren Steuergeldern.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Stracke [CDU/CSU]: 300 Milliarden neue Schulden sind allerdings auch nicht schlecht!)
So viel zur Unglaubwürdigkeit.
Die FDP hat in den letzten Wochen maßgeblich dazu beigetragen, dass wir gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern einen ausgewogenen Bundeshaushalt aufstellen konnten.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: 300 Milliarden neue Schulden!)
Lassen Sie uns nun auch gemeinsam zur Schuldenbremse zurückfinden, um unseren Staatshaushalt wieder zukunftsfest und generationengerecht zu machen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ein mauer Applaus!)
Denn – und das will ich abschließend erwähnen – wir haben es der Schuldenbremse zu verdanken, dass wir in den Krisen der vergangenen Jahre überhaupt so viele Entlastungsmittel zur Verfügung hatten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537277 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales, Mindestlohn |