Bettina HagedornSPD - Haushaltsgesetz 2022 (3. Beratung)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Da unser sehr geschätzter Vorsitzender des Haushaltsausschusses, Helge Braun, heute nicht reden wird, nehme ich mir heraus, lieber Helge, hier an deiner Stelle im Namen des ganzen Ausschusses uns beim Sekretariat auf das Herzlichste zu bedanken. Ich bedanke mich auch bei der Präsidentin, dass sie das schon von hier oben aus getan hat. Herzlichen Dank!
(Beifall)
Das war eine Hammerarbeit, eine große Belastung auch für alle Mitarbeiter. Vor allen Dingen: Nach dem Haushalt ist ja vor dem Haushalt. Das Ganze machen wir ja bald noch einmal. Aber wir sind gut im Training. Also: Vielen Dank dafür!
Kollegin Hagedorn, Entschuldigung; ich habe die Uhr angehalten.
Ich mache darauf aufmerksam, dass das Fotografieren im Plenum nicht erlaubt ist, und behalte mir vor, sollte eines dieser Fotos in den Netzwerken oder anderswo auftauchen, entsprechende Ordnungsmaßnahmen zu ergreifen.
Entschuldigen Sie, aber das musste jetzt sein. Ich lasse die Uhr jetzt weiterlaufen. – Bitte schön.
Danke schön, Frau Präsidentin. – Herr Dobrindt, ich will nicht meine ganze Redezeit darauf verwenden, das, was Sie hier dargestellt haben, klarzustellen; mein Kollege Karsten Klein hat das ja auch schon gemacht. Sie haben so viel erzählt, was nicht den Tatsachen entspricht, dass es schwierig ist. Ich will nur zu einem Thema was sagen: Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie jetzt den Schuldenberg skandalisieren oder Ihre eigenen Forderungen nach noch viel höheren Schulden und Steuersenkungen vorbringen wollen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Das, was Sie hier vortragen, ist die Quadratur des Kreises.
(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Schlüssig ist das nicht.
Weil Sie den kruden Vergleich gebracht haben, was seit Konrad Adenauer bis 1990 an Schulden angesammelt worden wäre: Hätten Sie sich das mit Konrad Adenauer mal besser gespart! Denn die ersten Schulden überhaupt wurden erst 1968 gemacht.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Also ehrlich!)
Von 1968 bis 1990, ja, wuchs der Schuldenberg langsam auf; das ist richtig. Aber dann kam die deutsche Einheit. Unter Kanzler Kohl wurde die deutsche Einheit nicht über Schulden und nicht über sozial gefächerte Steuererhöhungen, wie es angemessen gewesen wäre, finanziert,
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Das heißt, wir haben jetzt mehr Schulden als zur deutschen Einheit!)
sondern über die Belastung der sozialen Sicherungssysteme,
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Es ist schon länger her, dass Sie im Finanzministerium waren!)
maßgeblich der Rentenversicherung.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ich glaube, das ist falsch, was Sie da erzählen!)
Das ist übrigens ein Hauptgrund dafür, warum der Bundeszuschuss zur Rente in den letzten 20 Jahren in dem Umfang steigen musste, wie er gestiegen ist. Also: Passen Sie auf an dieser Stelle!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir haben in dieser Woche viel über Sicherheit gesprochen, über militärische Sicherheit – ja, das hat die Debatte sehr dominiert –, auch über innere Sicherheit. Die massive Stärkung durch 3 500 neue Stellen allein bei der Bundespolizei und dem Zoll sind ein Beispiel dafür, dass die Bevölkerung hier in unserem Land mit diesem Haushalt ganz bestimmt nicht vergessen wird.
Und: Wir haben auch über soziale Sicherheit gesprochen. Das will ich noch einmal betonen auch vor dem Hintergrund der Debatte über die Erhöhung des Mindestlohns, die wir gerade geführt haben. Das ist tatsächlich ein wichtiger Beitrag nicht nur für die Menschen, sondern eben auch im Rahmen des Gesamtkonzepts, das wir hier miteinander haben.
In meinem Wahlkreis – ich komme aus einem westlichen Bundesland, aus Schleswig-Holstein; wir haben die niedrigsten Löhne in der westlichen Bundesrepublik –
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist nördlich!)
haben 2015 über 22 000 Menschen, die bis dahin für unter 6,50 Euro gearbeitet hatten, von dem Mindestlohn von 8,50 Euro, den wir damals zusammen mit der Union eingeführt haben, profitiert. Es ist ja eine strukturelle Frage. Bei uns arbeiten viele Menschen im Bereich des Tourismus, des Gastgewerbes usw. – auch auf Sylt –, und die verdienen nicht so wahnsinnig gut. Diese Menschen werden ganz maßgeblich von der Erhöhung auf 12 Euro Mindestlohn profitieren.
Das sind übrigens, liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz überwiegend Frauen. Herr Merz, der ja jetzt fehlt, hat am Dienstag in seiner Rede sehr viele Fragen gestellt – er hat keine Vorschläge gemacht, was wir machen sollen, sondern er hat sehr viele Fragen gestellt –, unter anderem auch zur Rente. Man muss natürlich wissen, dass diese Frauen, die gut verdienen – am besten natürlich durch tarifgebundene Löhne, aber mindestens mit 12 Euro Mindestlohn –, zweimal profitieren,
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Er hat die Frage nach der Kapitaldeckung gestellt! Wo ist denn die Kapitaldeckung?)
nicht nur durch einen angemessenen Lohn, sondern auch durch eine verbesserte Rente.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Herr Dobrindt, zum Thema Rente muss man ja sagen: Wir haben in den letzten 20 Jahren – so lange gehöre ich diesem Haus an – maßgeblich dafür gesorgt, dass immer mehr Frauen arbeiten gehen konnten, indem wir zum Beispiel die Betreuung der Kinder verbessert und die Ganztagsbetreuung eingeführt haben. Das hilft natürlich auch, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Und das bringt mich zu einem anderen Thema: Wir brauchen natürlich mehr geregelte Zuwanderung, damit wir den Fachkräftemangel, die größte Gefahr für eine prosperierende Wirtschaft, in den nächsten zehn Jahren in den Griff bekommen. Je mehr gut bezahlte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wir haben, umso besser ist unsere Rente gesichert.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich grüße Sie am Freitagmittag. – Als Nächste erhält Dr. Gesine Lötzsch das Wort.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Esther Dilcher [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7537310 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Haushaltsgesetz 2022 (3. Beratung) |